Rinderzuchtverein Westerwald

Nach drei Jahren fand die Mitgliederversammlung des Rinderzuchtverein Westerwald am 26. Januar in Wahlrod statt.

Der Vorsitzende Martin Schmidt, Hütte, konnte viele neue Gäste begrüßen, die in den vergangenen Drei Jahren neue Funktionen bekommen haben, gerade die Veterinäre nutzten hier die Möglichkeit sich hier den Rinderzüchtern vorzustellen.

Schmidt ging bei seiner Begrüßung auf die aktuelle Situation im Westerwald ein. Die Klimaveränderung mit den langen Trockenzeiten, Flutkatastrophe an der Ahr, eine neue Düngeverordnung mit dem Ausweis der roten Gebiete, Transportverbote, das deutsche Transportverbot in Drittländer, ab 1. Juli 2023. Der Ukraine-Krieg, der die Märkte aus den Fugen laufen ließ. Positiv ist, dass sich zurzeit noch die Milchpreise in den vergangenen Monaten auch im Auszahlungspreis nach oben entwickelt haben. Doch die allgemeinen Kosten sind so hoch, dass es einen Stillstand bei den Neubauten und Erweiterung der Ställe gegeben hat.

Aber wie sieht es nun genau bei dem Rinderzuchtverein, die aktuelle Situation im Westerwald hier an dieser Stelle darstellen!

Die Mitgliederzahl bei den MLP- und den Herdbuchbetrieben hat sich in den Landkreisen Altenkirchen, Neuwied und Westerwald um einen Betrieb auf 210 reduziert. Von diesen Betrieben sind 107 Mitglieder im Rinderzuchtverein Westerwald. Die durchschnittliche Anzahl der unter Milchleistungsprüfung stehenden Kühe hat sich in den drei Kreisen des Westerwalds um 6,89 % auf 10.947 reduziert. Zum 30. September 2022 hat sich die Zahl der MLP-Kühe durch die hohen Milchauszahlungspreise etwas abgeschwächt, und das Minus ist bei einem - 3,97 % MLP-Kühen. Im Schnitt werden im Westerwaldkreis knapp 116 Kühe je Kontrollbetrieb kontrolliert. In den Kreisen Altenkirchen sind es knapp 78 und im Kreis Neuwied im Schnitt 61 Kühe je Betrieb. Der Landesdurchschnitt in Rheinland-Pfalz liegt hier bei 89 Kontrollkühen je Betrieb. Die Leistung der Kontrollkühe in der Region Westerwald liegt bei 8.172 kg Milch, 4,17 % Fett, 3,36 % Eiweiß und 615 kg Fett + Eiweiß. Die Milchleistung in den drei Kreisen ist um 311 kg Milch und 35 kg Fett und Eiweiß gesunken. Damit sind die Leistungen in den drei Kreisen um mehr als 139 kg stärker als im Landesdurchschnitt gesunken. Somit hat sich weiter der Leistungsunterschied auf, 659 kg Milch zum Landesdurchschnitt vergrößert. Ein Grund wird es sein, dass mehrere Betriebe in den vergangenen Jahren ihre Betriebe auf Bio umgestellt haben und dadurch erheblich geringere Leistung und hohe Futterkosten haben.

Die einzelnen Rassen haben bei den Mitgliedern im Rinderzuchtverein Westerwald folgende Jahresleistung 2022 erzielt:

Tabelle Rasseleistungen

Rasse

A+B Kühe

Mkg

F-%

F-kg

E-%

E-kg

FE-kg

Schwarzbunte

4974,1

9.067

4,13

375

3,36

305

679

Rotbunt

1102,7

8.530

4,21

359

3,37

288

647

Jersey

17,5

5.193

5,65

293

3,96

206

499

Braunvieh

23,0

7.840

4,62

362

3,59

282

644

Fleckvieh

22,9

7.596

4,09

310

3,40

258

569

Kreuzungen

467,3

7.386

4,25

314

3,40

251

565

RZV WW

6607,4

8.839

4,16

367

3,37

298

665

 

Die höchste Herdendurchschnittsleistung erzielte mit der Einwilligung der Veröffentlichung Stephan Weyel, Stockhausen-Illfurth, mit 11.492 kg Milch, 4,28 % Fett, 3,46 % Eiweiß und 889 kg Fett + Eiweiß. Innerhalb von Rheinland-Pfalz liegt mit dieser Leistung der Betrieb auf der 17. Stelle.

Insgesamt 108 Kühe, 105 weniger als im Jahr zuvor, haben im Jahr 2022 mehr als 1.000 kg Fett + Eiweiß geleistet. Dabei erzielte in der Vereinigung die beste Einzelkuhleistung die rotbunte Elspe-Tochter „Birte“ aus dem Bestand von Matthias Quiring, Rüscheid, die 20.219 kg Milch mit 3,35 % Fett, 3,13 % Eiweiß und 1.310 kg Fett + Eiweiß geleistet hat.

In der Vereinigung stehen achtunddreißig 100.000 kg Kühe, von denen 16 Kühe im Kontrolljahr 2022 neu dazugekommen sind. Die Liste führt die Mascol-Tochter „Orient“ aus der Zucht der Büllesbach-Holstein GbR, Buchholz-Irmeroth, mit 142.225 kg Milch und 10.463 kg Fett und Eiweiß an. Damit ist es die dritte Kuh im Rinderzuchtverein, die Schwelle der 10.000 kg Milchinhaltsstoffe Fett und Eiweiß überschritten hat.

Neue 100.000 kg Kühe im Rinderzuchtverein Westerwald

Tier

Betrieb

Silvi v. Trigema

Augst, Matthias Helmenzen

Pazia v. Jetlag

Buttgereit, Andreas Harbach

Bogel v. Malvoy

Fey KG, - Kescheid

Geralda v. Goldenboy

Hoefer, Bernhard Hövels

Nigeria v. Taco

Müller, Torsten Hattert

Molta v. Ashlar

Quast, Josef Friesenhagen

Wachhol v. Savard-ET

Quiring, Matthias Rüscheid

Anja v. Dominator

Quiring, Matthias Rüscheid

Hella v. unbekannt

Sanner, Michael Goddert

Rania v. Crew

Sommerfeld, Stefan Friesenhagen

Dana v. Cricket

Weyel, Stephan Stockhausen-Illfurth

Diva v. Livorno

Weyel, Stephan Stockhausen-Illfurth

 

Bei den Kuheinstufungen wurden im Westerwald 1.113 Kühe, 197 Kühe weniger als im Jahr zuvor, bewertet. Drei Kühe erzielten das Prädikat Exzellent. Die Einstufung der Herdbuchkühe ist eine wichtige Sache, den mit einer guten Einstufung liegt der Wert einer Kuh erheblich höher. Hier der Appell mehr Kühe, gerade Mehrkalbskühe einstufen zu lassen.

Excellentkühe im Rinderzuchtverein Westerwald

Betrieb

Tier

Milchtyp

Körper

Fundament

Euter

Ges.-Pkt

Hoefer, Bernhard Hövels

Epochal v. Epochal

88

91

89

90

90

Büllesbach Holsteins GbR, - Buchholz

Orange v. Effort

91

90

90

89

90

Hoefer, Bernhard Hövels

Damares v. Shagawa

89

89

91

89

90

 

Die Aktivitäten des Rinderzuchtvereines in den Wintermonaten im Jahr 2022 war durch Corona stark eingeschränkt. Bis auf einer Onlineinformationsveranstaltung war leider nicht viel mehr möglich. Im Frühsommer wurde dann die gemeinsame Lehrfahrt mit der Züchtervereinigung Koblenz nach Ostfriesland unternommen. Der Höhepunkt war dann der Sommertreff Anfang September auf dem Betrieb der Büllesbach-Holstein GbR in Buchholz-Irmeroth. Hier trafen sich Jung und Alt, um sich den jungen Kuhstall, den Fullwood-Melkstand und die Kühe anzuschauen. Es wurden die Erfahrungen in der Vermarktung von Milch und anderen Produkten im Irmerother-MilchBüdchen ausgetauscht. In geselliger Runde genossen die Mitglieder die Gemeinschaft. Seit Herbst 2022 sind die Jungzüchterabende wieder angelaufen.

Nach dem Geschäftsbericht standen die Vorstandswahlen an. Hier wurden der Vorsitzende Martin Schmidt, Hattert-Hütte und der Stellvertreter Markus Hüsch, Busenhausen im Amt bestätigt. Aus dem Vorstand schieden aus Altergründen Heinz Rütjes, Wissen; Josef Quast, Friesenhagen, und Martin Klein, Oberdreis, aus dem Vorstand aus. Neu in den Vorstand wurden gewählt: Marco Drescher, Hausen; Florian Fey, Kescheid; Alicia Weber, Bad Marienberg und als Fleischrinderzüchter Thomas Bräuer, Wied.

Mit Kammerpreismünzen wurden von Frau Gertrud Werner, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz folgende erfolgreiche Betriebe ausgezeichnet.

Medaille

Vorname

Nachname

Ort

Gold

Stephan

Weyel

Stockhausen-Illfurth

Silber

 

Büllesbach Holsteins GbR

Buchholz-Irmeroth

Silber

Matthias

Quiring

Rüscheid

Bronze

Jörg

Dünschmann

Maxsain

Bronze

Simone

Quast

Friesenhagen

Bronze

Helmut

Schmitz

Buchholz-Irmeroth

Bronze

Stefan

Sommerfeld

Friesenhagen

Bronze

 

Weigel Rompel Vieh GbR

Nentershausen

 

Nach den Regularien referierte der Geschäftsführer des Landeskontrollverbandes Rheinland-Pfalz Hergen Rowehl zum Thema: Milchproduktion im Wandel – Was leisten Milcherzeuger zu Tiergesundheit und Tierwohl? Hier geht Rowehl auf die aktuelle Situation der Milchviehhaltung ein.

Bei der Düngeverordnung stehen 28 % der Landfläche in Rheinland-Pfalz in den roten Gebieten.

Klimawandel: In den vergangenen Jahren wurde es immer schwieriger, die Futterversorgung in Trockenphasen zu sichern.

Die geforderte Reduzierung von Emissionen stehen teilweise im Widerspruch zum Tierwohl.

In den vergangenen 70 Jahren sind die Rinderhaltungen um 97 %, die Rinderbestände um 54 % und die Kuhbestände um 72 % zurückgegangen. Im Jahr 2019 stammen 63 % der Methanemissionen aus der Landwirtschaft, davon 96 % aus der Verdauung der Rinder und des Wirtschaftsdüngermanagements. Methan aus der Rinderhaltung ist Bestandteil des verhältnismäßig kurzen biogenen Kohlenstoffkreislaufs (ca. 12 Jahre). Methan aus diesem Kreislauf wird nicht angereichert, sondern sinkt aufgrund von geringeren Tierzahlen!

Die Nutzungsdauer – Hinweis auf Tierwohl. Die Nutzungsdauer einer Kuh wird nicht durch die Milchleistung einer Kuh beeinflusst. Tierseuchen oder staatliche Seuchenbekämpfungsstrategien haben die Nutzungsdauer in den vergangenen Jahren verkürzt. Der Milchpreis, Schlachtpreis, weitere staatliche Regulierungen wie, Stallbau, Güllelagerung, Düngevorgaben und Dürren wirken sich ebenfalls negativ auf die Nutzungsdauer aus. Der Zuchtfortschritt und der Umfang der vorhanden weiblichen Nachzucht spielen hier auch eine Rolle. Kann die Nachzucht nicht vermarktet werden, werden ältere Kühe frühzeitig aus der Produktion genommen. Die jährliche Zunahme der Anzahl der Dauerleistungskühe und steigenden Lebensabgangsleistungen sind deutliche Zeichen, dass es unseren Kühen besser geht wie vermutet.

Der LKV unterstützt die Milchviehalter, durch die elf Milchkontrollen mit der Erfassung der Milch kg, Parameter wie Inhaltsstoffen, weitere Gesundheitsparameter, um die Schwachstellen zu erkennen und die Nutzung der Kühe zu verlängern. Der LKV ist auch die Organisation, die Ihnen Daten zu Abgangsgründen oder auch Kälbersterblichkeit liefern kann. Durch die Genotypisierung der Kühe ist es in der Zukunft sogar möglich, mit GenoCell individuelle Zellzahlen der Kühe aus einer Sammelmilchprobe zu ermitteln. Neue Untersuchungstechniken werden zurzeit erprobt, um Hinweise auf Ketoserisiko und Energiebilanz zu geben. Dabei wird auch zurzeit an Techniken zu Aussagen zu dem Methan-Ausstoß gearbeitet.

In dem Hauptvortrag war Josef Assheuer, Referent für Unternehmensführung von der Landwirtschaftskammer NRW angefragt werden. Assheuer sprach zu dem Thema: Perspektive Milcherzeugung – Optimierungspotentiale. Dabei erläuterte er, wie sich die Preisindizes in den vergangenen 22 Jahren in der Milchviehhaltung entwickelt haben. Hier kann man gut erkennen, dass gut seit 15 Jahren alle Betriebsmittel teurer geworden sind und der Milchpreis, bis auf das letzte Jahr konstant gleichbleibend geblieben ist. Es wird jedes Jahr schwieriger, seine Privatentnahmen und Eigenkapitalbildung mit der Gewinnerwartung zu erzielen. Gerade die jetzt wieder eintretende Inflation erschwert dies weiter.

Die positive Preisentwickelung in den vergangenen 12 Monaten muss in vielen Betrieben genutzt werden, die Verluste aus den Jahren zuvor auszugleichen.

Was für Möglichkeiten hat, auf Kostensteigerungen zu reagieren:

  • Fokus auf Milcherzeugung legen.
  • Stallplätze auslasten, aber nicht überbelegen.
  • Futtereffizienz verbessern
  • Grundfutterleistung steigern
  • Färsenaufzucht intensivieren, Erstkalbealter reduzieren
  • Überzählige Tiere vermeiden (Kälberverkauf, gesextes Sperma usw.)
  • Liquidität planen, KKT und teures FK abbauen
  • Eigenkapital (und Reserven) aufstocken
  • Preise (Ein- und Verkauf) teilweise absichern
  • Einkommensteuer bezahlen!!!
  • Auf möglichen Abschwung vorbereitet sein

Wichtige Erfolgsfaktoren sind die Lebenseffektivität. Das Maß ist die Lebenstagesleistung (LTL) Lebensleistung (kg Milch) durch Lebensdauer (Tage). Bei den Auswertungen der Betriebe in Nordrhein-Westfalen 2020/21 sollte dieser Wert über 18 kg / Tag liegen.

Je besser der Kuhkomfort und Nutzungsdauer auf den Betrieben ist, desto geringer sind die Bestandsergänzungsrate und der notwendige Jungviehbestand. Um hohe Aufzuchtkosten zu sparen, sollte die Nachzucht auf das Notwendige reduziert werden. Je früher die nicht notwendigen Tiere den Betrieb verlassen, desto geringer sind die Kosten. Gerade bei knappen Kapazitäten, Aufzuchtplätze und Grundfutter ist die Aufzucht anzupassen, um nicht in eine Kostenfalle zu tappen.

Größere Bestände haben Vorteile, die Kostendegression zu nutzen.

Es gibt zurzeit unterschiedliche Ausblicke: Eine amerikanische Studie sieht die Milchproduktion 2035 so:

„Goldene Zeiten für Milcherzeuger“

Steigerung der Milchleistung bis auf 20.000 kg/Kuh und Jahr möglich

Verbesserung der Widerstandsfähigkeit und Futtereffizienz

Eine Erhöhung der Lebensleistung

Klima-angepasste, N-effiziente und mehrjährige Futterpflanzen sind notwendig

Mehr Bewässerung, weniger Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel

Die Wasserverfügbarkeit ist entscheidend, Grünland- und Küstenregionen profitieren

Genetische Kuhlinien für unterschiedliche Klimazonen

KI Künstliche Intelligenz, Internet der Dinge, Landwirtschaft 4,0, Superorganismus werden mehr an Bedeutung finden

Wachstum zur Kostendegression bleibt erforderlich

Fazit von Assheuer ist:

Die Milchpreise sind aktuell mehr als kostendeckend.

Es besteht zurzeit ein riesiger Nachholbedarf (betrieblich, privat u. psychologisch)

Nur mit langfristig überdurchschnittlichen Leistungen kann man bestehen.

Das Optimierungspotential muss weiterhin konsequent genutzt werden.

• hohe Lebenseffektivität (knappe Ressourcen bestmöglich nutzen)

• hohe Produktivität (Leistung gleich Arbeit durch Zeit)

• Kostendegression (Skaleneffekte nutzen)

Märkte verstehen und bedienen, wird immer wichtiger.

Es bleibt weiterhin interessant, es gibt gute Perspektiven für erfolgreiche Unternehmer!

 

Heinrich Schulte, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz