Planungen zur Freiflächen-PV laufen aus dem Ruder

Ist ein Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik mit Augenmaß möglich? Mit dieser Frage setzen sich die Gremien der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz intensiv auseinander. Zunehmend entsteht der Eindruck, dass in einigen Regionen des Landes die Planungen und Genehmigungen von Freiflächenanlagen aus dem Ruder laufen.

Zweifellos können Kommunen und Grundstückseigentümer von den hohen Pachteinnahmen profitieren, die Agrarstruktur und damit die Lebensgrundlage der aktiven landwirtschaftlichen Betriebe leidet jedoch erheblich.

Derzeit werden Grundstückseigentümer mit zahlreichen Anfragen von Investoren konfrontiert, und in kommunalen Potenzialstudien werden zum Teil deutlich über den Bedarf hinausgehende Eignungsflächen dargestellt. Auf den Pacht- und Bodenmarkt hat dies erhebliche negative Auswirkungen. Wenn überhaupt, können in den betroffenen Regionen nur noch kurzfristige Pachtverträge abgeschlossen werden und Flächenzukäufe sind vielerorts nicht mehr möglich. Die Pachtpreise steigen drastisch an, die Planungssicherheit der Betriebe sinkt. Der Verlust an landwirtschaftlichen Produktionsflächen ist immens und in diesem Umfang wohl noch nie dagewesen. Die Grundlage für eine regionale Landbewirtschaftung und der damit verbundenen Lebensmittelproduktion schwindet zusehend.

Ist der Flächenverlust in diesem atemberaubenden Tempo zum Erreichen der energiepolitischen Ziele wirklich erforderlich? An den Ausbauzielen der Bundesrepublik kann dies jedenfalls nicht festgemacht werden. In Deutschland wird der Ausbau in der Freifläche im Solarpaket 1 der Bundesregierung bis 2030 auf 80 Gigawatt (GW) und bis 2040 auf 177,5 GW gedeckelt. Bei einem Bedarf von ca. 1 Hektar (ha) pro Megawatt beträgt der daraus abgeleitete Flächenbedarf in Rheinland-Pfalz, bezogen auf die hiesige landwirtschaftliche Fläche, bis 2040 ca. 8.000 ha. Eine gleichmäßige Verteilung auf alle 170 Verbandsgemeinden und verbandsfreie Städte in Rheinland-Pfalz ergäbe einen Bedarf von etwa 50 ha FFPV-Anlagen pro Verbandsgemeinde oder Stadt in den nächsten 15 Jahren. Dieser Bedarf könnte nach Einschätzung der Landwirtschaftskammer weitestgehend über ertragsschwächere Acker- und Grünlandstandorte unter Berücksichtigung der örtlichen Situation gedeckt werden.

Hierbei gilt es jedoch Augenmaß zu bewahren und ausgewogene Planungskonzepte zumindest auf Ebene der Verbandsgemeinden zu erstellen. Bereits im Jahr 2022 hat die Landwirtschaftskammer zu diesem Zweck einen Leitfaden veröffentlicht, der vielerorts einen konstruktiven Beitrag zu Planungen geleistet hat. Aufgrund der gesetzlichen Anpassungen auf Landes- und Bundesebene wurde dieser Leitfaden nun aktualisiert und steht auf dieser Seite unten zum Download bereit. Landwirtschaftliche Belange sollen so von Anfang an in den Planungsprozessen vor Ort berücksichtigt werden können.  

Der Erhalt einer gesunden Agrarstruktur für zukünftige Generationen kann nur mit einem stärker am Bedarf orientierten Ausbau der Freiflächenfotovoltaik gelingen. Hierfür sind vor Ort intelligente Konzepte zu erstellen und die örtliche Landwirtschaft einzubinden. Die Inanspruchnahme regionalplanerisch gesicherter Vorrangflächen ist ebenso zu vermeiden wie die Inanspruchnahme von Flächen, die einen weiteren Flächenverlust in Form von naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahen mit sich bringt. Potenziale auf bereits versiegelten Flächen (Parkplätze, Dachflächen) müssen unbedingt vorrangig genutzt werden. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, entsprechende Anreize zu schaffen. Der Erhalt von Flächen für die Nahrungsmittelerzeugung ist Teil der Daseinsvorsorge und muss bei der Planung von PV-Standorten angemessen Berücksichtigung finden. In der Praxis wird dies leider derzeit zu wenig beherzigt.

Jan-Hendrik Müller

Referatsleiter Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz