Der Weg zur eigenen Vinothek - wo geht's lang?

Viele Wege führen nach Rom, und jede Vinothek kann erfolgreich sein: So könnte man die Erkenntnisse des ausgebuchten Seminars „Wegweiser für erfolgreiche Vinotheken“ zusammenfassen.

Viele Wege führen nach Rom, und jede Vinothek kann erfolgreich sein: So könnte man die Erkenntnisse des ausgebuchten Seminars „Wegweiser für erfolgreiche Vinotheken“ zusammenfassen.
Die Organisatoren hatten mit Hilfe der Referenten der Landwirtschaftskammer ein dickes Themen-Paket geschnürt. Den interessierten Winzerinnen und Winzern sowie Hofladenbesitzern bot sich somit eine große Bandbreite an Perspektiven rund um die Vinothek. „In unserem Vinothekenseminar vermittelten erfahrene Berater von der Landwirtschaftskammer fundierte Kenntnisse über die Planung von Weinvermarktungsgebäuden“, erklärt Katrin Mohr, selbst Bauberaterin bei der Kammer. „Wir haben die Grundlagen für ein eigenes Vinothekenkonzept aufgezeigt.“ Neben rechtlichen Bestimmungen, etwa die Konzession, ging es vor allem auch darum, den eigenen Weg zu finden. 
Deshalb wählte man auch den „Wallhäuser Weintreff“ als Seminarort, um die gelungene Umsetzung einer Vinotheken-Idee am praktischen Beispiel zu erleben: Tanja Wallhäuser-Schmitt skizzierte den Weg vom baufälligen historischen Hof im Ortskern einer 1600-Einwohner-Gemeinde an der Nahe hin zu einer Vinothek, die zum beliebten Treffpunkt geworden ist. „Heute haben wir 16 Betriebe, die ihre Weine bei uns anbieten. Wir wollten das ungezwungene Weinerlebnis schaffen: Probieren, ohne sich gezwungen fühlen, einen größeren Einkauf zu machen.“ Vorne Vinothek – hinten Wohnhaus, so strukturiert sich der ehemalige Hof heute. Der Anspruch, etwa 50 Gäste gleichzeitig unterbringen zu können („eine Busgröße“) stand von Anfang an im Lastenheft. „Die Idee war das Zusammenführen aller Wallhäuser Winzer unter einem Dach. Dabei waren auch die Kontakte zum örtlichen Bauern- und Winzerverband behilflich“, erinnert sich die Unternehmerin. Bewährt hat sich dabei das gemeinsame Abstimmen der Weinkarte, zu dem sich alle Beteiligten jährlich treffen. Die Weine werden mit einem ganz geringen Aufschlag zu „Hofpreisen“ verkauft, erklärt Tanja Wallhäuser-Schmitt.

Dass es immer weniger Gaststätten in der Fläche gibt, hat man auch in Wallhausen bemerkt: Touristen oder Tagesausflügler suchen während ihrer Tour nach Einkehrmöglichkeiten. Der Weintreff wird daher auch gastronomisch zunehmend nachgefragt, doch die kleine Speisekarte wird nicht erweitert. „Dazu sind wir auch nicht ausgerüstet, weder was die Küchenausstattung angeht, noch was die Konzession betrifft. Wir haben eine Vollkonzession mit Einschränkung“, so die Unternehmerin. Die Gästestruktur ist ausgewogen, je zur Hälfte Einheimische und Auswärtige. Damit erfüllt der Weintreff zwei Funktionen: als Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft und Anlaufstelle für Touristen.

Bauberaterin Vivi Hasse stellte Aufenthaltsqualität und kommunikationsfördernde Architektur in den Mittelpunkt ihres Vortrags. „Architektur der Kundenbindung“ lautete ihr Thema, hinter dem sich allerdings nichts weniger als das Wecken menschlicher Emotionen verbarg. „Wir waren einst Höhlenmenschen. Deshalb ziehen wir es bis heute vor, mit geschütztem Rücken einen Überblick zu haben.“ Was das mit einer durchdachten Vinothek zu tun hat? Beraterin Hasse zeigte Fotos von Sitzmöglichkeiten, die an der Wand angebracht sind und von wo aus man einen bequemen Blick in den gesamten Raum hat. Ebenso spielt die richtige Beleuchtung eine große Rolle, da sie kommunikationsfördernd wirken kann. „Eine Kombination aus direkter und indirekter Beleuchtung hat sich dabei als beste Variante erwiesen.“ Die Tiefe einer Theke sollte sich ebenfalls nach den Erkenntnissen der Sozialwissenschaft richten – da gilt es, den richtigen Abstand zu wahren, der weder zu weit noch zu nah sein sollte. Die Vinothek als Kommunikationsraum soll also positive Begegnungen ermöglichen. „Dann sollte natürlich neben Licht und Raumgestaltung auch die Akustik stimmen“, weiß Vivi Hasse und verwies auf den Wallhäuser Weintreff. Dort wurde eine Akustikdecke eingezogen, was auch bei voller Belegung einen angenehmen Austausch mit den Mitmenschen ermöglicht.
Zusammengefasst: „Wo etwas passiert, wo das Sehen und gesehen werden möglich ist, dort halten sich die Menschen gerne auf. Ist erst eine Wohlfühl-Atmosphäre in der Vinothek vorhanden, ist das Fundament für gute Kundengespräche gesetzt. Und nicht zuletzt: Mit der passenden Beleuchtung, Akustik und Kontaktdistanz kann die Kundenbindung untermauert werden“, brachte es die Bauberaterin auf den Punkt.

Weitere Themen des Vinothekenseminars: „Konzession, Straußwirtschaft, Gestattung: den rechtlichen Rahmen kennen ist die Grundlage jedes Konzepts“, hieß es zum Auftakt. Danach wurden passgenaue Raumkonzepte und individuelles Design besprochen, und natürlich hörten die Teilnehmenden auch Wissenswertes rund um Baurecht, Fördermöglichkeiten und Förderbedingungen sowie die Möglichkeiten betriebswirtschaftlicher Beratung im Weinbau und in der Diversifizierung. Zum Abschluss wurde erörtert, wie man das passende Warenwirtschaftssystem für den eigenen Betrieb findet.
Die Vinothek, so hat das Seminar gezeigt, kann also auf vielfache Weise funktionieren: als zusätzliches Standbein in der Direktvermarktung, als touristischer Anlaufpunkt und identitätsstiftende Einrichtung regionaler Weinkultur. Das Resümee der Zuhörer fiel anschließend durchgehend sehr positiv aus, die sich auch überrascht über das breite Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer zeigten.
Wer das Seminar verpasst hat, kann sich jederzeit an das neutrale Beraterteam der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz wenden. „Wir bieten viele Ideen und Kontakte zur Verwirklichung eigener Pläne und stehen gerne zur Verfügung“, sagt Katrin Mohr.

Das Beraterteam ist erreichbar unter katrin.mohr@lwk-rlp.de, Telefon 0671/793-813.

Weitere Infos rund um die Beratung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz gibt’s im Internet: www.lwk-rlp.de.