Kritischer Umgang mit den Anforderungen des Naturschutzes

Zu seiner letzten Sitzung der laufenden Wahlperiode der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz kam der Ausschuss „Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz“ in Alzey zusammen. Der Vorsitzende Rudolf Schneichel konnte auch Präsident Ökonomierat Norbert Schindler sowie Vorstandsmitglied Walter Clüsserath und den Landtagsabgeordneten Johannes Zehfuß bei der Sitzung begrüßen.

Die Berichte über die Beratungen des Ausschusses in der vorherigen Sitzung führten noch zu der Überschrift „Landwirtschaft und Naturschutz? Das geht!“ In der Frühjahrssitzung konnte übereinstimmend berichtet werden, wie viele Angebote die Landwirtschaft dem Naturschutz macht, um überall im Land freiwillige Maßnahmen zur Biotopvernetzung und zum Artenschutz umzusetzen. Die Bilanz der Herbstsitzung des Ausschusses fiel jedoch wesentlich nüchterner aus. Viel zu oft, so der Ausschussvorsitzende Rudolf Schneichel, reiche man dem Naturschutz die Hand, werde aber immer wieder mit überzogenen Anforderungen konfrontiert. Auch die bürokratischen Hemmnisse des Naturschutzes bei der Umsetzung von freiwilligen Naturschutzmaßnahmen durch die Landwirtschaft sind immens. Hinzu komme, so berichtete der Geschäftsführer der „Stiftung zur Förderung der Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz“, Dieter Feldner, dass Maßnahmen von Naturschutzverbänden ungefragt und ungeprüft ein positives Echo fänden, während Maßnahmen der Stiftung Kulturlandschaft und freiwillige Maßnahmen der Landwirtschaft häufig hinterfragt würden und keinerlei Akzeptanz fänden. Bei einem solchen Ungleichgewicht verlieren Landwirte Zug um Zug die Lust, sich mit ihren eigentlich für die Produktion vorgesehenen Flächen noch freiwillig für den Naturschutz zu engagieren.

Bevor der Ausschuss diese recht nüchterne Bilanz seiner Arbeit zog, versuchte der Geschäftsführer der landeseigenen Stiftung „Natur und Umwelt“, Jochen Krebühl, für eine Kooperation zu werben. Mit Verabschiedung des neuen Landesnaturschutzgesetzes haben sich die Aufgaben der Stiftung „Natur und Umwelt“ wesentlich erweitert. Neben dem schon seit Jahren praktizierten Fördergeschäft zur Unterstützung der Naturschutzverbände BUND, NABU sowie GNOR, gibt es ein operatives Geschäft, das zum Beispiel das Luchs- und Wolfsmanagement beinhaltet. Zunehmend gelingt es auch als weitere Säule Drittmittel zu akquirieren, um beispielsweise Naturschutzgroßprojekte des BFN umzusetzen. Die neuen Zuständigkeiten nach dem Landesnaturschutzgesetz konzentrieren sich auf die Verausgabung der Ersatzzahlungen. Seit 2015 müssen Ersatzzahlungen von den Unteren Naturschutzbehörden direkt an die Stiftung „Natur und Umwelt“ überwiesen werden. Innerhalb von drei Jahren haben die Landkreise die Möglichkeit, die Ersatzgelder aus den entsprechenden Naturräumen für Projekte in ihrem Landkreis wieder abzurufen. Danach kann die Stiftung in Absprache mit dem Ministerium über die Mittel verfügen.

Die Vertreter des Ausschusses zeigten großes Interesse – so wie es in der letzten Sitzung des Ausschusses diskutiert wurde – die Mittel für partnerschaftliche Projekte zwischen Landwirtschaft und Naturschutz einzusetzen. Krehbühl zeigte hier auch eine Offenheit, wenn die Maßnahmen tatsächlich zu einer Aufwertung von Natur und Landschaft führen, wies aber darauf hin, dass Projekte über die Unteren Naturschutzbehörden beantragt und abgewickelt werden müssten. Dies zeigte einmal mehr, wie wichtig der Kontakt der Landwirtschaft zu den Unteren Naturschutzbehörden ist. Trotz der eingangs geäußerten Kritik, sollten alle Vertreter der Landwirtschaft in ihren Regionen überlegen, für welche naturschutzfachlichen Aufwertungsmaßnahmen auch Landwirte die Ersatzgelder in Anspruch nehmen könnten. Derzeit stehen rund 15 Millionen Euro an Ersatzgeldern zur Verfügung. Diese konzentrieren sich derzeit auf die westlichen Landkreise in Rheinland-Pfalz sowie die Rheinschiene.

Eine stärkere Kooperation mit der Landwirtschaft erwarten die Ausschussmitglieder durch die landwirtschaftlichen Vertreter im Vorstand der Stiftung. So wird Johannes Zehfuß als Vertreter der CDU weiterhin mitarbeiten, Marco Weber als Vertreter der FDP und für die Landwirtschaftskammer wird Eberhard Hartelt in den Vorstand entsendet. Den Dialog mit Geschäftsführer Jochen Krehbühl empfanden die Ausschussmitglieder als angenehm. Man geht davon aus, dass naturschutzfachliche Projekte, die auch eine landwirtschaftliche Basis haben, von Krehbühl positiv aufgenommen werden.

In einem weiteren Tagesordnungspunkt berichtete Geschäftsführer Ralph Gockel über die Agrarstrukturgespräche, die die Landwirtschaftskammer mit den DLR geführt hat. Im Fokus stand bei den Gesprächen in Koblenz und Bad Kreuznach das bürokratische Verfahren bei der Einleitung von Flurbereinigungsverfahren, die Überarbeitung der Wirtschaftswegekonzepte, aber auch hier die Betroffenheit der Planungen durch Anforderungen des Naturschutzes. Herr Gockel berichtete über ein Mehrseitiges Papier, in dem verschiedene Vorschläge erarbeitet wurden, wie der Ablauf von Flurbereinigungsverfahren unbürokratischer ablaufen könnte. Diese Vorschläge hat Präsident Ökonomierat Schindler Mitte Oktober mit Staatssekretär Andy Becht diskutiert. Auch die stärkere Berücksichtigung der Stiftung Kulturlandschaft hat bei diesem Gespräch eine Rolle gespielt. Gerade von den Dienstleistungszentren ländlicher Raum erwartet die Landwirtschaft, dass produktionsintegrierte Maßnahmen als Kompensationsmaßnahmen eine viel stärkere Berücksichtigung finden.

Wie effizient solche produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen ausgestaltet werden können und wie sie sich in der freien Feldflur darstellen, demonstrierte Dieter Feldner, Geschäftsführer der Stiftung Kulturlandschaft, den Ausschussmitgliedern bei einer Exkursion in das Vogelschutzgebiet Flomborn/Ilbesheim. Die zu schützenden Weihearten und Maßnahmen zum Artenschutz für den Hamster sind Anforderungen, die die Stiftung in enger Absprache mit der örtlichen Landwirtschaft entwickelt hat und die die Betriebe in ihren Produktionsprozess integrieren können. Blühstreifen, nicht gemähte Getreidestreifen oder unbearbeitete Stoppelstreifen sind Maßnahmen, die die Landwirte mit Überzeugung und großer Bereitschaft anlegen. Die Ausschussmitglieder konnten sich von den Maßnahmen ein sehr gutes Bild machen, aber es wurde auch deutlich, dass über diese Maßnahmen viel zu wenig positiv gesprochen wird, so dass der Bevölkerung vor Ort kaum bewusst wird, welche Leistungen die Landwirtschaft für den Arten- und Vogelschutz leisten kann. Geschäftsführer Dieter Feldner führte aus, dass es sogar noch weitere Landwirte gibt, die bereit sind entsprechende Maßnahmen in diesem Schutzgebiet umzusetzen. Mit großer Enttäuschung musste allerdings festgestellt werden, dass gerade die kooperativen Maßnahmen der Stiftung Kulturlandschaft, die eine enge Kooperation mit den Landwirten vor Ort pflegt, bei der Vergabe weiterer Mittel für Arten- und Hamsterschutz gerade nicht berücksichtigt wird. Mehrfache Anfragen bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt führten regelmäßig zu einer ablehnenden Antwort. Umso mehr wundert es die Vertreter der Landwirtschaft, dass andere Institutionen mit den gleichen Maßnahmen in diesem Gebiet betraut werden sollen.

Zusammenfassend stellten die Ausschussmitglieder fest, dass die Bereitschaft, sich zu engagieren auch durch die Ignoranz der Naturschutzverwaltung Zug um Zug abgebaut wird. Hier erwarten alle Vertreter der Landwirtschaft viel mehr Vertrauen und Verständnis von Seiten des Naturschutzes für die Landwirtschaft; schließlich ist es das, was der Naturschutz auch immer von der Landwirtschaft einfordert. 

Über ein weiteres positives Beispiel konnten Gockel und Feldner berichten. So wird für den Raum der Stadt Wittlich daran gearbeitet, ein Kompensationskonzept zu entwickeln, das für Maßnahmen der Gewässerentwicklung und zum Erosionsschutz einen höheren Kompensationswert vorsieht als bei sonst üblichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Die Vorschläge wurden bereits mit Vertretern der Stadt Wittlich, der Wasserwirtschaftsverwaltung des Ministeriums und der SGD Nord diskutiert und stießen auf allseits großes Interesse. Die bisher noch zurückhaltende Einschätzung des Naturschutzes soll in weiteren Gesprächen zwischen allen Beteiligten abgebaut werden.

In einer kurzen Schlussbesprechung resümierten die Ausschussmitglieder, dass es eine der Stützen der Arbeit der Landwirtschaftskammer sei, sich im Ausschuss Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz so intensiv und auch manchmal kontrovers mit den Fragen im Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft und Naturschutz und Wasserwirtschaft zu beschäftigen.
Der Ausschuss dankte insbesondere dem Ausschussvorsitzenden Rudolf Schneichel, der die Sitzungen in den letzten fünf Jahren mit großer Weitsicht, aber auch deutlichem Engagement für die Landwirtschaft geführt hat.

Ralph Gockel, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach