Kooperation bei der Umsetzung naturschutzrechtlicher Kompensationsmaßnahmen

Die Stadt Wittlich und die Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz (KULA) kooperieren bei der Umsetzung naturschutzrechtlicher Kompensationsmaßnahmen

Als attraktiver Wohn- und Wirtschaftsstandort und dynamisch wachsende Stadt verzeichnet Wittlich seit vielen Jahren eine rege Nachfrage nach Wohn- und Gewerbebauflächen.

So wurde jüngst die Erweiterung des Industriegebiets Wengerohr-Süd um ein ca. 49,7 ha großes Areal beschlossen, in welchem u. a. die Firma Benninghoven ihr neues Stammwerk errichtet.

 

Die Schaffung neuer Baugebiete führt jedoch unweigerlich auch immer zu einer Beeinträchtigung von Natur und Landschaft, weshalb das Baugesetzbuch die Verursacher solcher Eingriffe in die Umwelt verpflichtet, diese Eingriffe durch die Natur aufwertende Maßnahmen auszugleichen (Kompensationsmaßnahmen).

 

Dabei werden landwirtschaftliche Flächen - oft zum Leidwesen der diese bewirtschaftenden Landwirte - sowohl für die Ausweisung neuer Bauflächen als auch zur Schaffung nötiger Ausgleichsmaßnahmen beansprucht. Daher sucht die Stadt Wittlich Lösungswege, das Interesse an einer nachhaltigen Stadtentwicklung und die Interessen der heimischen Landwirtschaft zu vereinen. 

Zu diesem Zweck haben die Stadt Wittlich und die Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz (KULA) nun eine langfristige Zusammenarbeit vereinbart.

Im Rahmen einer Zusammenkunft am 4. Mai im Stadthaus in Wittlich unterzeichneten der Vorstandsvorsitzende der KULA, Rudolf Schneichel, und Bürgermeister Joachim Rodenkirch einen Vertrag, mit dem die Stiftung die erstmalige Herstellung, laufende Pflege, dauerhafte Sicherung sowie die Finanzierung von Kompensationsmaßnahmen mit einer Gesamtfläche von 7,15 ha im Auftrag der Stadt übernimmt. Dabei verpflichtet sich die Stiftung, die Maßnahmen anstelle der Stadt über den gesamte Vertragslaufzeit eigenverantwortlich umzusetzen und dauerhaft sicherzustellen. Hierzu schließt die Stiftung mit den Landwirten, die diese Flächen bewirtschaften, entsprechende, langfristige Bewirtschaftungsverträge ab und sichert die Kompensationsmaßnahmen dinglich, d.h. durch Eintrag einer Grunddienstbarkeit zugunsten der Stadt Wittlich.

Erstmalig konnte die Stiftung Kulturlandschaft der Stadt Wittlich die Kompensationsflächen in Form von sogenannter „Produktionsintegrierter Kompensation“ (kurz: PIK) anbieten. Dabei wurden die Belange des landwirtschaftlichen Betriebs an seine Flächen mit den Ansprüchen des Naturschutzes verbunden. Im speziellen Fall wird eine extensive ackerbauliche Nutzung ohne Düngung und Pflanzenschutz die Aufwertung im Sinne des Naturschutzes sicherstellen. Laut Vorstandsvorsitzendem Rudolf Schneichel ist die Flächenbereitstellung von über 7 ha als produktionsintegrierte Maßnahme in der kommunalen Bauleitplanung erstmalig in diesem Umfang gelungen.

Für Bürgermeister Joachim Rodenkirch ist hierbei die vertrauensvolle Kooperation mit der Landwirtschaft das herausragende Merkmal der getroffenen Vereinbarung:

„Mit der heute unterzeichneten Vereinbarung machen wir deutlich, dass die Herausforderungen einer sich immer schneller wandelnden Welt und die sich daraus für eine Kommune wie unsere Stadt Wittlich ergebenden Spannungsfelder wirkungsvoll nur gemeinsam angegangen werden können und sich dabei intelligente Lösungen finden lassen, mit denen zunächst vorhandene gegensätzliche Positionen zum Vorteile beider Seiten überwunden werden können.“

Dr. Thomas Rätz, Geschäftsführer der KULA, sieht das Projekt als wegweisend für die Zusammenarbeit von Kommunen und Landwirtschaft an. „Die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen über Produktionsintegrierte Kompensation (PIK) mindern den Flächendruck, was letztlich allen Beteiligten zu Gute kommt. Wir sind der Stadt Wittlich dankbar, dass sie diesen auch nach Naturschutzrecht inzwischen ausdrücklich erwünschten Ansatz mit der Stiftung Kulturlandschaft in der Praxis umsetzt.“

Die Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz wurde von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, dem Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau e. V., dem Bauern und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e. V. und dem Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz e.V. gegründet. Sie dient dem Ziel, die wertvolle, landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft zu erhalten und zu fördern. Sie setzt sich dafür ein, die Interessen von Landwirtschaft und Naturschutz in Einklang zu bringen und Ziele des Naturschutzes unter Rücksichtnahme auf die vor Ort tätigen Landwirte erfolgreich umzusetzen. Sie folgt der Überzeugung, dass finanzierbarer und nachhaltiger Naturschutz nur mit den vor Ort tätigen Flächenbewirtschaftern funktionieren kann. Daher steht der Leitgedanke Naturschutz durch Nutzung bei ihr an erster Stelle.

Die Schaffung von Kompensationsflächen in Form der heute getroffenen Vereinbarung ist nur ein Baustein im Bemühen der Stadt, ein nachhaltiges und flächenschonendes Kompensationskonzept aufzubauen. So wird bereits verstärkt ein Augenmerk auf die Wiederaufnahme einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Brachflächen, insbesondere im Bereich Streuobst, gerichtet. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf die Einbeziehung von Gewässerrandstreifen gelegt. Hierzu wurde ein Bachauenkonzept erarbeitet, welches die Potentiale der städtischen Gewässer aufzeigt, um eine möglichst optimale Flächenausnutzung sowohl für den Gewässerschutz und die Gewässerentwicklung als auch für die Landwirtschaft zu erreichen.

In enger Abstimmung mit der Landwirtschaftskammer und dem Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten wird derzeit nach einem gangbaren Weg für ein diesbezügliches gemeinsames Engagement gesucht.

Auch hierbei steht die KULA für weitere Kooperationen mit der Stadt Wittlich zur Verfügung, so dass sich Bürgermeister Rodenkirch und der Vorstandsvorsitzende der KULA, Rudolf Schneichel, in nicht allzu ferner Zukunft womöglich erneut in angenehmer Atmosphäre im Stadthaus in Wittlich treffen werden.