Von Wildschäden bis Nähstoffversorgung

Von den beiden Vorsitzenden Adolf Dahlem aus Gundersheim und Alfons Göbel aus Ehlenz wurde die erste gemeinsame Sitzung der Ausschüsse Ackerbau/Nachwachsende Rohstoffe und Grünland der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz geleitet.

Vom Wildschaden, über die Rohproteinversorgung von Grünland, über den Bereich Biogaskleinanlagen bis zu dem effizienten Einsatz von P-Düngern war die Tagesordnung auf die Interessen beider Ausschüsse ausgerichtet.

Ein geschichtlicher Rückblick zur Hinführung auf die heutigen gesetzlichen Regelungen, Ausführungen zu den Voraussetzungen des Wildschadenersatzes und Informationen zum Ablauf des Verfahrens sowie den Kosten standen im Mittelpunkt der Ausführungen von Dr. Holger Konrad von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz zu den rechtlichen Grundlagen und dem Verfahren beim Wildschadensersatz. Aktuell, so Dr. Konrad, ist das Verfahren zum Ersatz von Wildschäden im Landesjagdgesetz vom 9. Juli 2010 und in der Durchführungsverordnung zum Landesjagdgesetz - vom 25. Februar 1981 in der Fassung vom 7. Juli 2009 festgeschrieben. Nach diesen gesetzlichen Regelungen muss das entschädigungspflichtige Grundstück im Jagdbezirk liegen. Ausgenommen von der Entschädigung sind befriedete Bezirke, Autobahn- und Bahntrassen sowie Flächen in einem Radius von 250 m um Wildbrücken. Geltend gemacht werden können nur Schäden, die durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen an einem Grundstück und dessen wesentlichen Bestandteilen entstanden sind. Ausgeschlossen bzw. eingeschränkt ist der Ersatzanspruch bei Sonderkulturen ohne geeignete Umzäunung, bei Versäumen der Anmeldefrist oder einem Mitverschulden des Geschädigten. Inhaber des Jagdrechtes, so Dr. Konrad weiter, sind die Grundstückseigentümer, die es aber nicht ausüben dürfen. Das Recht zur Ausübung des Jagdrechts hat die  Jagdgenossenschaft als Gemeinschaft der Grundstückseigentümer einer Gemarkung. Sie trägt demnach grundsätzlich auch gemeinsam den Wildschaden. Im Falle einer Verpachtung überlässt die Jagdgenossenschaft ihr Recht zur Jagdausübung einem Jagdpächter gegen Zahlung einer Pacht. In diesem Pachtvertrag kann dann auch die Übernahme der Wildschäden durch den Jagdpächter geregelt werden. Im Interesse einer Motivation zur ordnungsgemäßen Ausübung des Jagdrechtes  sollte der Jagdpächter immer zumindest anteilig am Ersatz des Wildschadens beteiligt werden. Mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wurden auch die Ausführungen des Referenten zum Feststellungsverfahren mit den damit verbundenen Fristen. Dr. Konrad erläuterte die Möglichkeit der einvernehmlichen Regelung und die Folgen des  Versäumens dieser Fristen,  von der Versperrung des Weges zum behördlichen Verfahren bis zum völligen Verlust des Anspruchs. Informationen zu den Kosten des Verfahrens und deren Verteilung auf die Parteien nach dem Verhältnis des Obsiegens oder Unterliegens rundeten die Ausführungen  ab.

Zum Einstieg in die Diskussion stellte der Referent fest, dass eine Reduzierung von Wildschäden im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten liege. Zur Vermeidung des Rechtsverlustes sollten zumindest größere Schäden in jedem Fall fristgerecht angemeldet werden. In der Diskussion wurden zu den Fragen der Beweissicherung, der Anlage von Bejagungsschneisen, der Schadensfeststellung, etwa bei Raps und Mais, den Kontrollobliegenheiten des Geschädigten, der Arbeitsqualität von Reparaturen oder der Deckelung von Schadensersatzansprüchen Erfahrungen ausgetauscht und fundierte Informationen vermittelt.

Auf die Bewirtschaftung von Grünland ausgerichtet waren die Ausführungen von Stefan Thiex vom DLR Eifel in Bitburg zur Rohproteinversorgung über das Grundfutter.

An Hand der Ergebnisse von Düngungsversuchen, einem Versuch zum Vergleich von Mischungen und einem Bewirtschaftungsversuch informierte er über die Möglichkeiten, den Rohproteingehalt im Aufwuchs von Grünland zu steigern. Besondere Bedeutung kommt hier dem Standort, dem Pflanzenbestand, der Höhe und Form der Stickstoffdüngung sowie der ausreichenden Schwefelversorgung zu. Eine Rolle spielen aber auch der Zeitpunkt und die Frequenz der Nutzungen. Der Schnittzeitpunkt muss sich an der optimalen physiologischen Entwicklung der Hauptbestandsbildner orientieren und die Leistungsfähigkeit und Zusammensetzung des Pflanzenbestandes bestimmen wesentlich die Zahl der Nutzungen.

In dem Versuch in Arzfeld hat bei 4 Nutzungen die Düngung mit knapp 250 kg N/ha über Kalkammonsalpeter und 190 kg N/ha über Ammonsulfatsalpeter die höchsten Trockemasse und Rohproteinerträge gebracht. Zudem lagen die Stickstoffentzüge durch die Erträge deutlich über der N-Zufuhr durch Düngung. Bei dem auf drei Nutzungen ausgelegten Versuch an der Neumühle hat die Düngevariante Gülle plus Entec die höchsten Trockenmasse- und hohe Rohproteinerträge geliefert. Auch die Versuche zum Mischungsvergleich und der Bewirtschaftungsintensität haben gezeigt, dass hohe Rohproteinerträge vom Grünland möglich sind. In seiner Zusammenfassung stellte Stefan Thiex fest, dass bei Schwankungen über die Jahre und Schnitte Rohproteindichten im Frischgras von 18 – 20 % und Rohproteinerträge von 18 – 20 dt/ha möglich sind. Dazu müsse allerdings der erste Schnitt termingerecht erfolgen und die N-Mengen der Ertragsfähigkeit des Standorts angepasst sein. Auch der Weißklee leiste hier einen entscheidenden Beitrag.

Die Diskussion umspannte die Themenbereiche optimaler PH-Wert, anzustrebende Weißkleeanteile, Nährstoffbilanzen und Konservierungsverluste sowie der wirtschaftliche Nutzen eines hohen Rohproteinertrages. Auf der Basis des derzeitigen Sojaschrotpreises kann dieser bis zu 250 €/ha betragen.

Letztendlich in einer engen Beziehung zur Viehhaltung stehen Biogaskleinanlagen nach dem EEG 2012 über deren Definition, die Rahmenbedingungen und die Wirtschaftlichkeit Dr. Herbert von Francken-Welz vom Beratungszentrum Nachwachsende Rohstoffe vom DLR Eifel die Ausschussmitglieder umfassend informierte. Nach seinen Ausführungen unterscheidet das EEG 2012 mit dem Modell 80/20 mit mindestens 80 % Gülle bei maximal 75 KW und der reinen Gülleanlage mit maximal 75 KW zwei Anlagetypen. Weil Kleinanlagen ohnehin 80 % Gülle einsetzen müssen, sind sie von der Wärmenutzung entbunden. Sehr wohl Geltung haben aber die neuen technischen Vorgaben, wie etwa die Überdachung neuer Endlager, 150 Tage Verweilzeit im System und zusätzliche Gasverbrauchseinrichtungen. Eine Ausnahme bilden die 100 %-Gülleanlagen. Im Gegensatz zu den gestaffelten Vergütungen und dem Boni bei größeren Anlagen erhalten die Kleinanlagen eine feste pauschale Vergütung von 24,50 Cent/KWh, wenn mindestens 80 % Masseanteil Gülle eingesetzt werden. Außer der Vergütung wird die Wirtschaftlichkeit dieser Anlagen wesentlich von der Qualität der im EEG festgeschriebenen Einsatzstoffe und den Investitionskosten beeinflusst. Hier hat Dr. von Francken-Welz eindringlich darauf hingewiesen, dass die Trockenmassegehalte, die Biogaserträge und die Methangehalte der Wirtschaftsdünger in der betrieblichen Praxis oft deutlich von den in der Planung unterstellten Normwerten abweichen. In einem gewissen Zusammenhang zu diesen Informationen standen auch die Aussagen des Referenten zu den benötigten Substratmengen und den dazu in Beziehung stehenden Größenordnungen der Viehhaltung. Demnach sind zur Auslastung einer reinen Gülleanlage von 75 KW 464 Rinder Großvieheinheiten oder 6.500 Schweinemastplätze notwendig. Neben den Investitionskosten, die nach den Erkenntnissen des DLR Bitburg je nach Art und Modell der Anlage zwischen 6.500 und 10.000 €/KW liegen, entscheiden auch die Kosten für die Betriebsmittel, der Zins- und Lohnansatz, die Versicherung und die sonstigen Kosten über die Wirtschaftlichkeit der Kleinanlagen. Demgemäß bestehe für eine Gewinnprognose ein hohes kalkulatorisches Risiko und eine extreme monetäre Abhängigkeit vom Rohstoff Gülle. Dr. von Francken-Welz machte weiter deutlich, dass Kleinanlagen nach dem EEG 2012 ohne Viehhaltung nicht denkbar sind und maximal ein Zuerwerb sein können.

Mit der Feststellung, dass nur umfassende Informationen vor Fehlentscheidungen schützen, leitet der Referent zur Diskussion über. Die Diskussion hat gezeigt, dass neben den ökonomischen Rahmenbedingungen auch die derzeitige politische Diskussion etwa um die zukünftige Behandlung von Gülle und Gärresten nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz derzeit noch ein zusätzliches Investitionsrisiko darstellt.

Eine wertvolle Information sowohl für die Ackerbau- wie auch die Grünlandbetriebe waren die Ausführungen von Prof. Dr. Franz Wiesler von der Lufa Speyer zu Strategien zum effizienten Einsatz von Phosphat in der Pflanzenproduktion. Differenziert betrachtete er dabei die Verbesserung der Phosphatreserven. im Boden, die treffsichere Ermittlung des Düngerbedarfs, die Wahl der geeigneten P-Düngeform und der geeigneten Düngungstechnik, die Nutzung alternativer Phosphatquellen und die Erzielung nachhaltiger P-Haushalte in Regionen mit intensiver Tierhaltung. Die weltweit begrenzten Phosphatvorräte, die Beeinträchtigung von Boden und Umwelt durch eine Phosphatüberversorgung sowie die Phosphatdüngung als wichtiger Kostenfaktor in der Pflanzenproduktion zwingen, so Prof. Wiesler,  Wissenschaft, Industrie und Praxis sich mit einem effizienten Einsatz von Phosphat zu beschäftigen. Nach den Ausführungen von Prof. Wiesler beeinflussen bodenchemische, bodenphysikalische, bodenbiologische und pflanzliche Eigenschaften die P-Verfügbarkeit  im Boden. Die Pflanze erhöht die Verfügbarkeit von Phosphor im Boden durch die Verbesserung der räumlichen Erschließung von P und die Mobilisierung von P in der Rhizosphäre. Die Weiße-Lupine verfüge beispielsweise über einen ausgeprägten Anpassungsmechanismus an eine niedrige P-Verfügbarkeit im Boden. Neben diesem Hinweis stellte Prof. Wiesler Versuche zu Mehrerträgen durch P-Düngung in Abhängigkeit von P-Gehalt im Boden, der P-Aufnahme von Spinat in Abhängigkeit von der Vorfrucht und der Düngung zur Vorfrucht sowie dem Einfluss der P-Düngung auf den Ertrag von Zuckerrüben, Winterweizen und Wintergerste vor. Das Kriterium für die Bewertung der mineralischen P-Düngung ist nach Aussage des Referenten die Löslichkeit und die Schadstoffbelastung. Diskutiert würden vor diesem Hintergrund vor allem die Cadmiumsgehalte sowie die Forderung nur noch P-Dünger, die zu 100 % in Wasser oder in neutralem Ammoncitrat löslich sind, einzusetzen. Die platzierte Düngung, eine teilflächenspezifische Düngung und zunehmend auch die Blattdüngung hält er für geeignete Düngetechniken. In Abfall- und Reststoffen, wie Klärschlamm, Bioabfallkompost, Hühnertrockenkot oder Fleischknochenmehl sowie mittels technischer Verfahren hergestellten P-Recyclingsprodukten sieht Prof. Wiesler alternative Phosphatquellen mit unterschiedlichen Verfügbarkeiten und Düngewirkungen, die genutzt werden müssten. Vor dem Hintergrund, der mit der intensiven Tierhaltung verbundenden regional hohen Importen von P in Futtermitteln sei die Erzielung nachhaltiger P-Haushalte in diesen Regionen auch durch den Export von Wirtschaftsdüngern in Ackerbauregionen eine Herausforderung für die Zukunft. Diese Thematik, aber auch konkrete Düngeempfehlungen der Einsatz von Düngern mit Mobilisierungseffekten, die Verwendung ausländischer Dünger oder die Zukunft der Klärschlammphyrolyse bestimmten die ausgeprägte Diskussion.

Nach dem fachlichen Teil stand zum Abschluss der Sitzung noch die künftige Ausrichtung der Ausschussarbeit auf der Tagesordnung. Hier stellte sich zunächst Karl Riedesser als zukünftiger Geschäftsführer vor. In einer konstruktiven Diskussion wurden dann Schwerpunkte herausgearbeitet und mit der Gründung einer Arbeitsgruppe zum EEG und Vorschläge zur Thematik der nächsten Sitzung, erste Akzente gesetzt. Insgesamt lieferte die Sitzung, an der auch Gisela Horix vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten, Mainz, Prof. Dr. Thomas Appel von der FH Bingen, Ferdinand Hoffmann vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Kammerdirektor Alfons Schnabel, Abteilungsleiter Wilhelm Zimmerlin und Kammer-Vizepräsident Heribert Metternich als Gäste teilnahmen, wertvolle Informationen für die praktische Arbeit der Ausschussmitglieder in ihren Betrieben und im Interesse des Berufsstandes.        

Manfred Schnorbach, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz