Schindler fordert konsequentes Eintreten für Belange der Landwirtschaft

Am zweiten Tag der 53. Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz standen aktuelle Themen aus Agrarpolitik, Landwirtschaft und Weinbau auf dem Programm. Als Vortragsgäste hatte die Kammer Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft, und Dr. Carl-Stephan Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter, gewinnen können.

Der am Vortag in seinem Amt bestätigte Kammerpräsident Ökonomierat Norbert Schindler ging in seiner Rede kritisch auf aktuelle agrarpolitische Themen ein. Eines davon: die neue Düngeverordnung. „Diese beschäftigt alle in der Landwirtschaft Tätigen enorm. Hier besteht massiver Beratungsbedarf in den Betrieben“, sagte Schindler. Um effektivere Beratung zu gewährleisten, bietet die Kammer dem Land eine gemeinsame Konzeption in Verbindung mit den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) an. Auch auf Landwirtschaft und Naturschutz ging der Präsident ein: Schindler kritisierte, dass der Naturschutz zu viel Mitspracherecht in den Belangen der Landwirtschaft habe. Dies führte er an konkreten Beispielen aus. „Es wird höchste Zeit, dass hier wieder auf Augenhöhe miteinander kommuniziert wird“, so der Präsident.
Im Bereich Pflanzenschutz schlug Schindler eine vom DLR erarbeitete sachlich fundierte Informationskampagne vor, die von Ministerium, Kammer und Bauern- und Winzerverbänden gemeinsam kommuniziert werde. Hier sei es wichtig, durch Aufklärung der Öffentlichkeit aktiv gegenzusteuern.

Minister sagt Unterstützung zu
Landwirtschafts- und Weinbauminister Dr. Volker Wissing betonte, es sei wichtiger denn je sei, dass Landwirtschaftskammer und Landesregierung weiterhin im engen Dialog blieben: „Wir müssen die agrarwirtschaftlichen Herausforderungen wie beispielsweise Betriebsmodernisierungen, Risikoabsicherung, Digitalisierung oder die Ausbildung von Fachkräften gemeinsam angehen. Nur so finden wir praxistaugliche Lösungen. Deshalb ist ein enger und vertrauensvoller Dialog der Branche mit der Politik ebenso unverzichtbar wie eine leistungsfähige Agrarverwaltung. Wir haben ein gemeinsames Ziel: Eine gute Zukunft für Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz!“
Wissing erinnerte daran, dass die Landesregierung im Jahr 2017 eng an der Seite der Landwirte und Winzer stand, beispielsweise mit den Hilfen für Frostschäden im Obstbau, der verlässlichen Auszahlung der Direktzahlungen sowie der Prämien für die Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen. Er sagte den Landwirten Unterstützung bei der Umsetzung des neuen Düngerechts zu. „Die Landesregierung steht bei allen wichtigen Herausforderungen fest an der Seite der Landwirte und Winzer – das gilt künftig umso mehr bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020. Neues bringt immer auch Chancen mit sich – diese sollten wir gemeinsam nutzen, um die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz modern, digital und nachhaltig aufzustellen“, so Wissing abschließend.

Landwirtschaft der Zukunft
Dr. Felix Prinz zu Löwenstein nahm in seinem Vortrag zur „Landwirtschaft der Zukunft“ zunächst eine Problemanalyse vor. Dabei ging er auf die Faktoren Klimawandel, menschliches Einwirken auf die Lebensbedingungen, Umgang mit Rohstoffen, die Tierhaltung, die Biodiversität und die Ökonomie in den Betrieben ein. „Ziel für die Landwirtschaft der Zukunft muss ein stabiles System sein“, erklärte Löwenstein. Eines das nicht auf intensiven Input von außen angewiesen ist, schon gar nicht auf den Einsatz von Stoffen, die im Ökosystem Schaden anrichten. Ein System, das widerstandsfähig ist, resilient gegenüber den Veränderungen, die insbesondere der Klimawandel mit sich bringt. Ein System, in dem Tiere so gehalten werden, wie es ihren artgemäßen Ansprüchen entspricht. Und ein System, in dem bäuerliche Familien ein sicheres Auskommen haben, das nicht von den Schwankungen der Weltmärkte regelmäßig infrage gestellt wird.“ Um dies zu erreichen, müsse man als Betrieb die Rahmenbedingungen wechseln, also in einen anderen Markt kommen. Ein Versuch, der seit Jahren erfolgreich laufe sei der Ökologische Landbau. „Weil der Ökolandbau noch Entwicklung braucht und weil ohnehin nicht zu erwarten ist, dass wir schnell genug 100 Prozent Bio hinbekommen – sicher auch nicht durch Verordnung – brauchen wir eine Konkurrenz der Systeme. Diese muss aber fair sein, und das geht nur, wenn die Märkte stimmen“, betonte der Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft.

Rechtliche Einordnung neuer Züchtungsmethoden seit Jahren ungeklärt
„Neue Züchtungsmethoden – Gentechnik oder nicht?“, so hatte Dr. Carl-Stephan Schäfer, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter (BDP), seinen Vortrag überschrieben. „Im Laufe der Zeit haben Forscher einen ganzen Handwerkskasten mit Züchtungswerkzeugen entwickelt, die je nach Anforderung zum Einsatz kommen. Heute stehen dem Züchter über die Kenntnis der pflanzlichen Genetik neue Methoden zur Verfügung, die es ihm ermöglichen, gewünschte Eigenschaften in Pflanzen gezielt zu entwickeln“, erläuterte Schäfer. Diese neuen Züchtungsmethoden ergänzten die bisherigen und eröffneten zusätzliche Möglichkeiten, um Pflanzen züchterisch zu bearbeiten. Die rechtliche Einordnung der neuen Züchtungsmethoden sei seit Jahren ungeklärt. „Um Rechtsklarheit für die Anwendung dieser und zukünftiger Verfahren herbeizuführen, ist die Orientierung an wissenschaftlichen Grundsätzen unerlässlich“, so der BDP-Geschäftsführer weiter. „Nach Ansicht der Pflanzenzüchter lassen sich aus dem derzeitigen EU-Gentechnikrecht Leitprinzipien ableiten, die eine rechtliche Einordnung der neuen Züchtungsmethoden und zukünftiger Verfahren ermöglichen. Ohne Klarheit für den Umgang mit neuen Züchtungsmethoden werden insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen diese Methoden wegen des dann notwendigen enormen Regulierungsaufwandes nicht nutzen können.“ Zu befürchten sei zudem, dass Unternehmen, Wissen und Innovation aufgrund unkalkulierbarer rechtlicher Rahmenbedingungen weiter verstärkt ins außereuropäische Ausland abwanderten. Damit werde die Zahl der innovativen Züchter in Europa, der Wettbewerb und somit die Sortenvielfalt empfindlich abnehmen und eine weitere Marktkonzentration befördert.

Die Themen und unterschiedlichen Sichtweisen waren von der Landwirtschaftskammer bewusst so gewählt worden, um den Teilnehmenden der Vollversammlung eine breite Diskussionsgrundlage zu geben. Dies wurde rege angenommen.