Meisterqualifikation in den Wirtschaftswunderjahren

Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ehrt im Bad Kreuznacher Kurhaus den Meisterjahrgang 1965 mit der Verleihung des Goldenen Meisterbriefs.

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Dass während der turbulenten Wirtschaftswunderjahre aktive Winzer, Landwirte und Gärtner zusätzlich zur täglichen Arbeit die Ausbildung zum Meister ihres Berufes auf sich nahmen, war nicht selbstverständlich. "Das war die Zeit der aufgekrempelten Ärmel, des Anpackens und des Produzierens auf Hochtouren", sagte der Präsident der Landwirt­schafts­kammer Rheinland-Pfalz Ökonomierat Norbert Schindler MdB an­lässlich der Goldenen Meister­feier des Jahrgangs 1965. "Wer in dieser Zeit eine Fortbildungsmaßnahme absol­vierte, hatte er­kannt, dass Quali­fikation, Pro­fessionalität und Nachwuchsausbildung die Funda­mente zukunfts­fähiger Be­triebe sein wür­den." Im Kurhaus von Bad Kreuznach verlieh jetzt Präsident Schindler gemein­sam mit Landwirt­schafts- und Weinbauministerin Ulrike Höfken an Winzer, Landwirte und Gärtner, die im Jahre 1965 erfolgreich ihre Meisterausbildung ab­schlossen, den Goldenen Meisterbrief als Auszeichnung für eine Lebens­leistung mit hohem Wert für Wirtschaft und Gesellschaft.

Präsident Schindler betrachtete in einem kurzen Rückblick die Zeit um 1965 als die Zeit des rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs. Winzer, Landwirte und Gärtner mussten in dieser Phase neben der eigentlichen Produktion die Ent­wicklung ihrer Be­triebe vorantreiben und die Voraussetzungen für die Sicherung ihrer Wett­bewerbsfä­higkeit schaffen. Die  Meisterqualifikation sei dabei für viele eine selbstverständliche Grundlage für ihre berufli­che und unternehmerische Existenz geworden. Als Ausbilder hät­ten sie ihr Wissen vielfach an den berufli­chen Nachwuchs weiterge­geben und damit ent­schei­dend zur Zu­kunftssicherung des Berufsstandes beigetragen. Mit einem Zahlenvergleich von 100.000 landwirtschaftlichen Betrieben damals in Rheinland-Pfalz und 19.000 heute machte der Kammerpräsident den seit­dem vollzogenen Strukturwandel in der Landwirtschaft deutlich.

Auch Landwirtschafts- und Weinbauministerin Ulrike Höfken betonte die besondere Lebensleistung: „Ohne das Engagement seiner Meisterinnen und Meister hätten Landwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Forstwirtschaft, Hauswirtschaft und die Pferdewirtschaft in Rheinland-Pfalz nicht das erreichen können, was sie in den letzten Jahrzehnten gemeistert haben. Die Herausforderungen an den Berufsstand ändern sich. Nachhaltiges Wirtschaften, Klimaveränderungen, sich weiterentwickelnde Technik,  neue Nachfragen der Verbraucher oder Umwelt- und Tierschutzfragen stellen wachsende Anforderungen an Landwirte, Winzer und Gärtner.  Die Zukunft der Landwirtschaft, Garten- und Weinbau steht und fällt daher mit einer guten Ausbildung. Und eine gute Ausbildung ist ohne die Meisterinnen und Meister nicht möglich“, erklärte Ministerin Ulrike Höfken und gratulierte den Meisterinnen und Meistern zum ‚Goldenen Meisterbrief‘.

Die Präsidenten der beiden rheinland-pfälzischen Bauernverbände Eberhard Hartelt und Michael Horper verwiesen in ihren Grußbotschaften auf die entscheidende Rolle der Betriebsleiter in Landwirtschaft und Weinbau bei den insbesondere durch die Politik und den technischen Fortschritt ausgelösten großen Veränderungen in den 1960er Jahren. Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz-Süd bezeichnete den Anfang der Dekade alsm das Ende der Nachkriegszeit, in der es vornehmlich um die Sicherung der Nahrungsversorgung gegangen sei. Am Ende dagegen habe man sich in der Folge europäischer Weichenstellungen bereits mit Überproduktion auseinandersetzen müssen. Heute stünden die Betriebe vor einer Fülle bürokratischer Hindernisse und Kontrollen, die dringend abgebaut werden müssten, um die Attraktivität eines bedeutenden Zweigs der Volkswirtschaft zu erhalten. In der Politik, so Präsident Hartelt, werde immer noch zu oft ein Konflikt zwischen Naturschutz und Landwirtschaft gesehen, was politische Entscheidungen auslöse, die zur Entmündigung des Berufsstand führten. Michael Horper, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, zeigte den rasanten Fortschritt anhand der Entwicklung der Melksysteme vom Handmelken über die Melkmaschine zum Roboter auf. Voraussetzung für den enormen Fortschritt und die damit verbundene stetige Leistungssteigerung sei die Stabilität des inneren und äußeren Friedens gewesen. Was heute als Selbstverständlich gelte, sei 1965 als zentrale Aufgabe noch sehr präsent gewesen. Fünfzig Jahre später, so Präsident Horper, habe der Lebensstandard in Deutschland einen historischen Höchststand erreicht. Aus der Vielzahl aktueller agrarpolitischer Themen griff er die Transparenzrichtlinie auf, die auf den heftigen Widerspruch der Betriebe treffe, sowie die geplante Ausweitung der Schutzzone um den Nationalpark von 1000 auf 3000 Meter, die nicht akzeptabel sei.

Für die Goldenen Meister 2015 dankte Landwirtschaftsmeister Norbert Breil der Landwirtschaftskammer für die Ausrichtung der Feier. Damals wie heute sei eine gute Ausbildung der Grundstein für den beruflichen und betrieblichen Erfolg. Die Ausbildung junger Menschen in den Grünen Berufen sei deshalb eine der wichtigsten Aufgaben der Kammer, die allerdings infolge der gesellschaftlichen Veränderungen nicht einfacher geworden sei.

Von den 76 Meistern des Jahrgangs 1965 in Rheinland-Pfalz nahmen in Bad Kreuznach noch 28 den Goldenen Meisterbrief in Empfang. 12 weitere konnten nicht an der Feier teilnehmen und erhalten ihren Goldenen Meisterbrief per Postzustellung.

Die Bedeutung engagierter Mitarbeiter in der Landwirtschaft unterstrich der Präsident bei der Auszeichnung von sieben langjährig Beschäftigten in landwirtschaftlichen und weinbaulichen Betrieben. Schließlich erhielten fünf ausscheidende Prüfer der Amtlichen Qualitätsweinprüfung sowie der Landesprämierung für Wein und Sekt zum Abschied eine Ehrenurkunde für ihren über Jahre erbrachten ehren

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