Grünland quantitativ sichern und qualitativ aufwerten

Informationen zur politischen Ausrichtung der Grünlandwirtschaft und Referate zu aktuellen Themen standen auf der Tagesordnung der ersten Arbeitssitzung des Grünlandausschusses der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz.

Zur ersten Zusammenkunft der laufenden Wahlperiode hatte der Ausschussvorsitzende Alfons Göbel aus Ehlenz die Mitglieder in die Zentrale der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz nach Bad Kreuznach geladen. Abgerundet wurde der theoretische Teil der Sitzung mit einem Besuch eines Milchviehbetriebes im Soonwald.

Nach der Begrüßung der Mitglieder und Gäste aus dem Ausschuss Tierische Produktion und Tiergesundheit, und des Meisterkurses sowie den Referenten skizzierte Alfons Göbel zur Einführung in die Tagesordnung kurz die aktuelle Situation der Grünlandbetriebe in Rheinland-Pfalz und stellte dabei unter anderem fest, dass den Betrieben in diesem Jahr weniger die Grundfutterversorgung, sondern vielmehr die Rahmenbedingungen der Milchproduktion und die Entwicklung des Milchpreises Sorgen bereite. Anhand eines Positionspapiers des BUND Rheinland-Pfalz stellte Christof Wiesner vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten die Grundzüge der politischen Ausrichtung der Grünlandbewirtschaftung in Rheinland-Pfalz vor. Demnach ist Grünland aufgrund der biologischen Vielfalt ein unverzichtbares Element in der Agrarlandschaft. Es ist wichtiger Bestandteil der Grundfutterproduktion und erfüllt zahlreiche Funktionen im Bereich der Biodiversität, des Erosions- und Hochwasserschutzes sowie als Filter für Oberflächen- und Grundwasser. Darüber hinaus dient es als wichtiger Kohlenstoffspeicher dem Klimaschutz und kann zur Energieproduktion herangezogen werden. Dennoch nimmt bei allerdings differenzierter Datenbasis sein Anteil stetig ab und es müssen Nutzungsformen entwickelt werden, die das Grünland quantitativ sichern, qualitativ aufwerten und die Futterqualität optimieren. Als flankierende Maßnahmen sehe dabei die Politik in Anlehnung an das Papier des BUND ein Grünlandumbruchverbot unter bestimmten Voraussetzungen, ein Verbot der umbruchlosen Umwandlung der artenreichen Grünlandbiotope in Intensivgrünland mit einem entsprechenden wirtschaftlichen Ausgleich, eine Festlegung eines Referenzjahres für die Grünlandflächen im Rahmen der GAP-Reform, der Einbeziehung von Landschaftselementen in die förderfähige Fläche  und eine bessere Ausstattung der zielgerichteten Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen. Als zielführend angesehen werde darüber hinaus beispielsweise eine Förderung der Weidehaltung und extensiven Grünlandwirtschaft sowie der Anbau hofeigener Eiweißfuttermittel. Die Förderung der Etablierung von Naturschutzberatung, die Neuabgrenzung der Förderkulisse für benachteiligte Gebiete, die Einführung einer Datenbank für geschützte Grünlandflächen und die Novelle des EEG mit dem Ziel im Energiepflanzenanbau den Maisanteil zu reduzieren und den Anteil etwa von Kleegras zu fördern soll das Maßnahmenpaket neben der Förderung der vom Grünland produzierten Milch komplettieren.

In der Diskussion dieser politischen Absichten wurde von den Ausschussmitgliedern ein deutlicher Zielkonflikt zwischen einer an der guten fachlichen Praxis orientierten und über Jahrzehnten bewährten hochwertigen Grundfutterproduktion für eine wirtschaftliche Milch- und Fleischproduktion und der eher auf Extensivierung ausgerichteten Grünlandwirtschaft mit weniger Milch und Fleisch und mehr Landschaftspflege gesehen. Die Landwirte müssten über die Nutzung des Grünlands die Existenz und die Entwicklung ihrer Betriebe sichern können. Dies bedinge die Nutzung  der Leistungsreserven der Grünlandflächen über eine entsprechende Bestandesführung und Intensität. Nur so könnten dauerhaft die Grünlandflächen in ihrer vielfältigen  Funktion erhalten und ein Umbruch zu Gunsten von effizienterem Feldfutterbau auch im Sinne des Landschaftsbildes und des Tourismus vermieden werden.

Da dies nicht im Widerspruch zur Sichtweise und Zielsetzung der derzeitigen rheinland-pfälzischen Agrarpolitik stehen muss, wurde im Referat von Dr. Edgar Techow von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein zu Leistungen und ökologischen Effekten der Grünlandwirtschaft deutlich. Neben seinen Erfahrungen aus der Arbeit bei der Landwirtschaftskammer kann Dr. Techow auch auf Erkenntnisse aus dem DLG-Grünlandausschuss, dem er wie Alfons Göbel angehört, zurückgreifen. Im Einzelnen informierte Dr. Techow die Ausschussmitglieder über Maßnahmen, wie standortbezogene Düngung, Schnitthäufigkeit oder Sorten und Mischungen mit denen die Leistungsfähigkeit des Grünlands gesteigert werden kann. Er ergänzte seine Ausführungen zur Produktionstechnik durch eine Beschreibung und Bewertung der ökologischen Funktionen des Grünlands bis hin zur Ökoeffizienz im Zusammenhang mit Klimaschutz, Wasserschutz und Biodiversität.

Grundsätzlich, so Dr. Techow, bestehe ein Zusammenhang zwischen Nutzungsintensität, floristischer Vielfalt, Ertrag und Futterqualität. Dabei sieht er bei drei Nutzungen noch eine gewisse Artenvielfalt bei einem mittleren Futterwert. Erst ab vier Nutzungen stuft er den Futterwert und den Ertrag mit positiven Auswirkungen auf das Betriebszweigergebnis als sehr gut ein. Einfluss auf den Ertrag und den Futterwert haben die Stickstoffdüngung, die Zusammensetzung und Leistungsfähigkeit des Bestandes mit dem Deutschen Weidelgras als Leistungsträger. Vor diesem Hintergrund sieht er zukünftig neben der auf dem Standort und die Intensität abgestimmten Mischung gerade in der Sortenprüfung und sortenreinem Anbau einen wichtigen Bestandteil für die Etablierung leistungsfähiger Grünlandbestände und die Mobilisierung der Leistungsreserven. Untersucht werden müsse zukünftig, ob wieder mehr Milch von der Weide erzeugt werden soll. Dafür spräche, dass 75 Prozent der energetischen Kosten auf die Futterbereitstellung entfallen und das Weidefutter das günstigste Futter bezogen auf 10 Mj NEL darstelle. Dabei stelle sich auch die Frage, welches Weidesystem passe an welchen Standort und zu welcher Herdengröße. Breiten Raum nahmen in seinem Referat auch Ausführungen zu den ökologischen Effekten der Grünlandnutzung und der Vergleich zum Maisanbau ein. Dabei stellte er fest, dass nach einer vierzigjährigen Untersuchung bei zwanzig Jahren Mais-Monokultur auf nicht grundwasserbeeinflussten Mineralböden in 0 – 60 cm nur geringe Unterschiede in der Boden C-Speicherung unter Dauergrünland und Acker sowie Mais und anderen Ackerkulturen bestehen. Der Humusgehalt lag in keinem Fall unter dem CC-Grenzwert. Positive Effekte für den Klimaschutz durch Luftreinhaltung werden durch die Optimierung des N-Düngermanagements mit der Präferenz für die Injektion des Düngers erzielt. Die sicherste Option zur Vermeidung von N-Austrägen ist dabei die Schnittnutzung des Grünlands. Interessant war die Feststellung, dass je nach Primärziel aus Sicht der Ökoeffizienz der Mais oder das Grünland überlegen sind. Der Mais genießt Präferenz bei Klimaschutz und Flächenverbrauch und das Grünland beim Wasserschutz. Dies bedinge die Notwendigkeit der Hierarchisierung von Schutzzielen seitens der Politik und der Gesellschaft. Prämisse müsse dabei die Multifunktionalität der Landnutzung nach Effizienzkriterien bei der Produktion, der Biodiversität sowie dem Wasser- und Klimaschutz mit dem übergeordneten Ziel der Steigerung der weltweiten Nahrungsmittelproduktion sein. Dieses Leitbild der nachhaltigen Intensivierung der Landwirtschaft müsse nach den Vorgaben der Royal Soc. London von 2009 die bisherigen Leitbilder Produktionsfunktion und Ökologisierung ablösen.

In der Diskussion wurde deutlich, dass auch die Landwirtschaft elementares Interesse an der Erhaltung des Grünlands mit seinen vielfältigen Funktionen hat und bereit ist, unterstützt durch Forschung und Versuchswesen einen zukunftsorientierten und pragmatisch ausgerichteten und nicht ökologisch geprägten Weg mitzugehen.

Das dazu auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Giftpflanzen gehören, wurde in dem Referat von Werner Roth vom DLR Eifel zur Ausbreitung und Bekämpfungsmöglichkeit von Jakobskreuzkraut deutlich. Differenziert ging Werner Roth auf die Standorte, die Ursachen für die zunehmende Ausbreitung, die Gestalt, die Giftigkeit, die Vergiftungssymptome, die Verhinderung der Ausbreitung und die Bekämpfungsmöglichkeiten ein. So finden wir Jakobskreuzkraut vor allem an Böschungen und Straßenrändern, auf Stilllegungsflächen und extensivem Grünland. Die Ursachen für die Ausbreitung sieht er in der Extensivierung von Grünlandflächen, dem veränderten Mähverhalten der Straßenverwaltung, dem Klimawandel und der Ansaat mit Böschungsmischungen. Nach einer kurzen Beschreibung des Habitus  der Pflanze zur exakten Bestimmung vermerkte Werner Roth, dass die gesamte Pflanze giftig ist und die höchste Konzentration des Gifts sich in der Blüte befindet. Leider gehe die Giftigkeit mit der Futterbereitung nicht verloren, wohl aber der Geruch. Die größte Gefahr besteht für Pferde und Rinder; Schafe und Ziegen reagieren weniger. Schon geringe Mengen können zum Tod der Tiere führen, eine Heilung ist nicht möglich. Auf die Ausbreitung durch Samenflug ist auch die Bekämpfung abzustimmen. So solle die Pflanze vor der Samenreife durch Abmähen oder besser durch Ausreißen entfernt werden. Auf Nutzflächen ist eine chemische Bekämpfung möglich. In zahlreichen Versuchen und Beobachtungen wurden im DLR Bitburg umfangreiche Erkenntnisse zum optimalen Bekämpfungstermin und Mittel, aber auch der Stickstoffunverträglichkeit der Pflanze gewonnen. Zusammenfassend stellte Werner Roth fest, dass Jakobskreuzkraut ein besonderes Problem auf extensiven Grünlandflächen und in Ökobetrieben ist und seine weitere Ausbreitung durch eine Verordnung verhindert werden müsse. Eine mechanische Bekämpfungsmaßnahme sei zeitaufwendig und nicht nachhaltig, eine chemische dagegen im Frühjahr durchgeführt zwar teuer, aber effektiv.

Die angeregte Diskussion zeigte, dass Jakobskreuzkraut in den Grünlandbetrieben durchaus ein Problem ist und größte Anstrengungen in seiner Bekämpfung unternommen werden müssen.

Eine wertvolle Ergänzung der Informationen und Erkenntnisse aus den Vorträgen war der Besuch des Milchviehbetriebes der Familie Thilmann auf dem Aschbornerhof bei Spabrücken. Nach der Vorstellung des Betriebes durch Johannes Thilmann wurde intensiv über Ausführung des Stallneubaus, die Haltungsform, die Milchleistung, die Futterkosten, den Milchpreis und das Herdenmanagement diskutiert. Vor dem Hintergrund dieser für die Wirtschaftlichkeit der Milchviehhaltung wichtigen Daten bestimmten auch die unterschiedlichen Auffassungen der Ausschussmitglieder über die zukünftige Ausrichtung der Milchviehhaltung und Herdengröße in Abhängigkeit der Arbeitskraftsituation der Flächenausstattung und der Definition von Lebensqualität der Unternehmerfamilien die Gespräche untereinander. Wertvolle Erfahrungen ausgetauscht wurden im Rahmen der Flächenbegehung auch zu den Fragen der Intensität der Grünlandnutzung und Ausrichtung des Feldfutterbaus sowie des Marktfruchtanbaus.

Insgesamt, so die einhellige Meinung der Ausschussmitglieder ist die Ausrichtung der Ausschusssitzungen auf Theorie und Praxis und den regionalen Bezug nach wie vor zukunftsweisend und sollte fortgeführt werden.

Manfred Schnorbach, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz