Wasser entscheidet über den Erfolg

Die Braugerstenfahrt 2015

Zur 67. Braugerstenrundfahrt der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V. trafen sich die Erzeuger, der Handel, die Mälzer und die Brauer im Westerwald, in der Region Nomborn, die zum Dienstbezirk des Dienstleistungszentrum-Ländlicher Raum (DLR) Westerwald-Osteifel gehört. Zu der Veranstaltung kamen mehr als 60 Personen, um sich über neue Erkenntnisse  bei der Braugerste zu informieren und fachlich auszutauschen. Die neuen Sorten und die Entwicklung der Bestände standen im Mittelpunkt der Gespräche.

Der Vizepräsident der Landwirtschaftskammer und Vorsitzende der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V. Heribert Metternich eröffnete die Veranstaltung im Historischen Landhotel Studentenmühle und begrüßte die Teilnehmer. Besondere Grüße gingen an den Landtagsabgeordneten Thorsten Wehner. Er habe immer ein offenes Ohr für die Belange der Landwirtschaft, bemerkte Metternich. Als Vertreter des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten, begrüßte er Christof Wiesner und vom DLR Eifel-Westerwald Gregor Brings, der den Leiter der Dienstelle, Dr. Johannes Noll, vertrat.

Bei der Begrüßung der Gäste ging Metternich zunächst auf das Wetter im Herbst ein. Viel Regen brachte oft schwierige Bedingungen bei der Ernte der Kulturen und der Aussaat der Winterungen. Dies war auch ein Grund, weshalb mehr Fläche für die Sommerungen frei blieb; Fläche für den Anbau von Sommergerste, aber auch für Bohnen und Erbsen. Nach erneut mildem und niederschlagsarmem Winter waren in diesem Jahr schon Ende Februar die Felder wieder befahrbar. In Rheinhessen wurde dann auch schon mit der Saat begonnen. Allerdings lag die Bodentemperatur wegen den kühlen Temperaturen zunächst nicht im optimalen Bereich. In den Höhenlagen wurde gut 14 Tage später gesät, so Metternich. Die günstigen Bodenbedingungen bei der Bestellung und der Regen, der sich danach einstellte, sorgten dafür, dass die Bestände sehr gleichmäßig aufliefen. Doch im April und Mai regnete es in vielen Teilen des Landes nur 30 Prozent der üblichen Menge. Die Winterungen konnten noch vom Bodenwasser zehren. Die Sommerungen dagegen bestockten schwach und bildeten weniger Triebe. Hinzu kamen noch stressbedingte Krankheiten, die den Kulturen zu schaffen machten. Zum Glück war es in dieser Zeit recht kühl, sodass eine Notreife nicht eintrat.

Die Sommergerste macht in diesem Jahr  10 Prozent der Ackerfläche und 15 Prozent der  Getreidefläche aus. Mit 40.500 ha ist die Fläche etwas kleiner als zuletzt, da mehr Körnerleguminosen angebaut wurden, berichtete der Vorsitzende. Etwas mehr als die Hälfte der Anbaufläche entfällt auf die Sorte Propino. Die neue Sorte Avalon hat einen Anteil von 30 Prozent und die Catamaran 13 Prozent. Weitere meist ältere Sorten stehen auf der restlichen Fläche. Zu der Situation am Markt erinnerte Metternich daran, dass sich der Preis von Angebot und Nachfrage ableitet. Am 16. Juni sei von der Marktstelle der Landwirtschaftskammer für Braugerste ein Preis von 175,80 € pro Tonne ermittelt worden. Für Futtergerste lag der Preis bei 136,70 €/t. Der Mehrerlös für Braugerste von um die 40,00 €/t sei erforderlich, um den geringeren Gerstenertrag und die Risiken bei Vollgerste und Eiweiß ausgleichen zu können, so Metternichs Berechnung. Schließlich appellierte er an die Teilnehmer: „Landwirte, Mälzer und Brauer sind aufgerufen auf die besten Sorten zu setzen, um Biere der Premium-Klasse für das Inland aber immer mehr auch für das  Ausland brauen zu können. Am heutige Tag besteht die Gelegenheit, sich über die verbesserten Eigenschaften der Braugersten, der Ernteerwartung und der sich abzeichnenden Preise für Gerste und Malz auszutauschen.

Thorsten Wehner,  Agrarexperte der SPD-Landtagsfraktion, zeigte sich in seinem Grußwort sehr interessiert an den Zielen der Braugerstengemeinschaft. Insbesondere begeisterten ihn die ökologischen Vorzüge der Braugerste. Erheblich weniger Aufwand bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln entlaste die Umwelt. Er sei sehr offen für alle Belange der Landwirtschaft, denn an dieser Branche führe nichts vorbei. Die Bauern sorgen für das Essen und Trinken der Bevölkerung gestern, heute und in Zukunft, betonte er abschließend.

Georg Brings übermittelte zunächst die Grüße des Leiters des DLR Westerwald-Osteifel Dr. Johannes Noll. Dieser bedauere es sehr, nicht selbst dabei sein zu können. Er stellte seinen Dienstbezirk vor und betonte dabei, dieser sei der mit der größten Anbaufläche. Er umfasse ca. 30 Prozent der Landesfläche. Neben dem Ackerbau in Gunstgebieten wie dem Neuwieder Becken aber auch im Westerwald mit ärmeren Böden, komme der Viehhaltung eine große Bedeutung zu. Wie überall im Land gehe der Strukturwandel auch im Norden von Rheinland-Pfalz weiter. Im Schnitt der Jahre würden auch in seinem Dienstbezirk etwa 3 Prozent der Betriebe die Tore für immer schließen. Die Kinder dieser Bauernhöfe sehen außerhalb der Landwirtschaft bessere berufliche Perspektiven, erläuterte Brings.

Zu Beginn des fachlichen Programms hielt Katja Lauer, Mitarbeiterin des DLR Westerwald-Osteifel einen Vortrag mit der Überschrift: Braugerstenanbau in der Region Westerwald-Taunus - Bedeutung, Ökologie und Wirtschaftlichkeit. Zunächst zeigte sie die Entwicklung bei den Betrieben auf. Der Strukturwandel bringe weniger und größere Betriebe. Dies treffe sowohl für die Fläche als auch die Viehhaltung zu. Die Fläche und das Vieh der jährlich etwa 3 Prozent aufgebenden Betriebe werde von den restlichen Betrieben aufgenommen und diene der Betriebsvergrößerung. „Die ist auch notwendig, um Existenz dieser Betriebe zu sichern“, betonte Lauer. Nach wie vor habe die Landwirtschaft im Nebenerwerb eine große Bedeutung. Die Zahl dieser Betriebe liege im Westerwaldkreis bei über 70 Prozent und sie bewirtschaften knapp 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche. Im Zusammenhang mit der Bodennutzung stellte sie fest, dass der Anbau von Sommergerste in den letzen 20 Jahren von 14.647 ha um 8.521 ha auf 6.126 ha zurück ging; damit habe sich der Anbau um 56 Prozent vermindert. Ursache hierfür sei die fehlende Wettbewerbskraft im Vergleich mit anderen Nutzungsmöglichkeiten, so die Erklärung von Lauer. Zu den ökologischen Vorzügen erwähnte sie die vergleichsweise geringen Einsatzmengen bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Damit werde die Umwelt von den „Nebenwirkungen“ entlastet. So hätten Versuche eindrucksvoll gezeigt, dass der Reststickstoff im Boden beim Anbau von Sommergerste um über 30 Prozent niedriger lag als bei Sommerweizen. Auf 44 Prozent der Ackerfläche steht Wintergetreide. Bei diesen winterungslastigen Fruchtfolgen nehmen die Resistenzen bei den Herbiziden immer mehr zu. An einer Auflockerung der Fruchtfolge führe kein Weg vorbei. „Sommergerste ist mit die wichtigste Kultur in einer Fruchtfolge, die einer umwelt- und wasserschonenden Landbewirtschaftung gerecht werden kann“, so die deutlichen Worte von Katja Lauer. „Der Rückgang des Sommergerstenbaus hat eine einfache Erklärung: die Preise in den letzten Jahren waren oft zu niedrig, um mit den Ergebnissen anderer Kulturen mithalten zu können“. Mit diesen Worten brachte sie das Problem auf den Punkt. Der Vergleich der Wirtschaftlichkeit zwischen Winterraps, Brotgetreide, Sommerbraugerste, Wintergerste zur Verfütterung und Futtererbsen bringt folgendes Ergebnis: An erster Stelle steht der Winterraps mit 575,00 € Deckungsbeitrag pro ha, der Brotweizen steht an zweiter Stelle und bringt 559,00 €/ha, den dritten Platz nimmt die Braugerste mit 333,00 €/ha ein. Dicht folgt auf dem vierten Platz die Futtergerste mit 331,00 €/ha. Mit der Winterfuttergerste kann der Sommerbraugerstenanbau also mithalten. Nicht aber mit dem Anbau von Brotweizen. Die Sommergerste ist mit dem Brotweizen wirtschaftlich gesehen dann auf Augenhöhe, wenn der Preisunterschied bei 40,00 bis 60,00 €/t liegt, betonte Katja Lauer. 

Die anschließende Rundfahrt führte zunächst zum Versuchsfeld der Landessortenversuche nach Nomborn.  Der Pflanzenbauexperte Peter Zilles, DLR Westerwald-Osteifel, stellte die diesjährigen Landessortenversuche bei der Sommergerste vor. Dabei ging er auf alle für Versuchszwecke angebauten Sorten ein; insbesondere auf die Sorten Catamaran und Avalon. Er erläuterte die natürlichen Standortbedingungen, nannte den Aussaatzeitpunkt, die Aussaatstärke und schilderte die Maßnahmen bei Düngung und Pflanzenschutz. Interessant fanden die Teilnehmer den Vergleich der Parzellen mit unterschiedlicher Intensität. Anhand eines „Feldführers“ konnten sie den Ausführungen von Zilles folgen und diese vertiefen.

Nächste Station waren die Züchterflächen. Auf dem Betrieb Müller in Marzhausen hatten die Züchterhäuser ihre neuen Sorten ausgesät, um die Fortschritte bei den Eigenschaften zeigen zu können. Das Saatgut von 9 Sorten wurde der Braugerstengemeinschaft für diesen Versuchsanbau von den Züchtern zur Verfügung gestellt.

Erwin Müller stellte zunächst die wichtigsten Standortmerkmale vor. Die Aussaat erfolgte am 17.03.15. bei guten Bedingungen. Allerdings sorgte die folgende Trockenheit für eine schwache Bestockung. „Alle Sorten wurden bei Düngung und Pflanzenschutz gleich behandelt“, erläuterte Müller.

Die Sommergersten standen recht ansprechend da, obwohl das Wasser seit der Saat sehr knapp war. Der Regen erreichte in dieser Region in diesem Zeitraum nicht einmal die Hälfte eines durchschnittlichen Jahres. Ein solches Bild gibt bekanntlich keine Information über die "inneren Werte" einer Sorte. Diese brautechnischen Parameter werden über das sogenannte "Berliner Programm" (www.braugerstengemeinschaft.de) ermittelt. Durch halbtechnische Versuche werden diejenigen Sorten selektiert, die in ihrer Gesamterscheinung einen Fortschritt gegenüber dem bisherigen Sortenspektrum darstellen könnten. Durch Großversuchsanbau und Praxisverarbeitung werden die Eigenschaften weiter geprüft und führen bei positivem Ergebnis zu einer Anbauempfehlung durch eine Gruppe von Experten der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V. In diesem Jahr wurden folgende Sorten im Anbau präsentiert: Avalon von der Firma Hauptsaaten, Leenke von der Saatenunion, RGT Planet von der Firma Ragt, Piper und Propino von Syngenta, Ventina aus dem Hause Limagran, Catamaran und Irina von der Firma KWS-Lochow und die Sorte Crossway ebenfalls von der Saaten Union. Nun hatten die Vertreter der Züchterhäuser die Gelegenheit ihre neuen Sorten vorzustellen.

Letzte Station der Braugerstenrundfahrt war die Besichtigung der Westerwald-Brauerei in Hachenburg. Diese mittelständische Brauerei hat sich mit ihrem Konzept eine Marktnische erschlossen. Unter dem Motto „Gläserne Brauerei“ hat sie sich für den Gast im weitesten Sinne geöffnet und bietet eine Vielzahl von Events zum Bier und zu den Rohstoffen wie Malz und Hopfen.

Nach dem gemeinsamen Abschlussessen in der Studentenmühle bedankte sich der Vorsitzende Metternich bei den Teilnehmern für den Besuch der diesjährigen Braugerstenrundfahrt. „Wir haben wieder sehr ansprechende Bestände aussichtsreicher  neuer Sorten sehen können“, bemerkte er. Weiter zeigte er sich in seinem Schlusswort erstaunt über die noch gut entwickelten Bestände, die eine mittlere Ernte erwarten lassen. „Allerdings sollten wir nicht die Qualitäten der letzten beiden Jahre erwarten.“.Ein besonderer Dank ging an Katja Lauer für das sehr informative und gekonnt vorgetragene Referat. Dank auch an die Herren der Westerwald-Brauerei, die durch die Brauerei führten.

Karl Riedesser, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Geschäftsstelle der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V.