Sachliche Diskussionen sind möglich

Koordinierungsausschuss Wasserrahmenrichtlinie tagte in Bad Kreuznach.

Eine Vielzahl von Fragen hatte sich bei den Vertretern der Landwirtschaftskammer und den Bauern- und Winzerverbänden angesammelt, die sich alle rund um das Thema „Landwirtschaft und Wasserwirtschaft“ drehen. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme zum Entwurf des Zweiten Bewirtschaftungsplans für die Flussgebietseinheit Rhein war dann schließlich Veranlassung für eine Sitzung des Koordinierungsausschusses Wasserrahmenrichtlinie, der bei der Landwirtschaftskammer angesiedelt ist, und vom Präsidenten des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd und Verbandsvorsitzenden des Landesverbandes der Wasser- und Bodenverbände,  Eberhard Hartelt, geleitet wird. Neben den fast vollzählig anwesenden Ausschussmitgliedern konnte Hartelt auch die Vertreter der DLR in Bad Kreuznach und in Neustadt sowie Vertreter des Ministeriums begrüßen. Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der abzugebenden Stellungnahme zum Bewirtschaftungsplan und den Maßnahmenprogrammen standen drei Fachvorträge zur Diskussion, die sich mit den konkreten Fragen rund um Grundwasser und Oberflächengewässer in Rheinland-Pfalz auseinandersetzten.

Wie steht es um das Grundwasser?

Wolfgang Plaul aus dem Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht betreut seit über 30 Jahren das Messstellennetz für das Grundwasser in Rheinland-Pfalz. Neben den wenigen Belastungsmessstellen für die Nitratüberwachung in Deutschland verfügt das Land über rund 300 Grundwassermessstellen für die Wasserrahmenrichtlinie. Sie sind Grundlage für die Beurteilung der knapp 120 Grundwasserkörper. Allerdings wird ein Grundwasserkörper bereits dann als schlecht eingestuft, wenn nur an einer Messstelle ein Parameter die Grenzwerte überschreitet. Ergänzend zu der regelmäßigen Datenerfassung bei den 300 Messstellen gibt es noch einmal über 2.000 weitere Messstellen, die unregelmäßig bedient werden. Dabei handelt es sich um Beobachtungsrohre, Quellschüttungen oder Brunnen sowie die freiwilligen Daten, die die Wasserversorger melden. Die Verteilung der Grundwassermessstellen mit einem Nitratwert von mehr als 50 mg/l zeigt eine eindeutige Fokussierung auf den Raum Maifeld, die Mosel sowie Rheinhessen und die nördliche und südliche Vorderpfalz. In der sehr sachlichen Diskussion mit dem Referenten wurden im Wesentlichen drei Ursachen für die heute festzustellenden Nitratwerte im Grundwasser festgestellt.

Zum Einen ist es die lange Verweildauer von Nährstoffen und der langsame „Transport“ bis in tiefere Schichten. Bei Fließzeiten von 15 bis 25 Jahren und darüber hinaus sind viele Analyseergebnisse von heute auf das Düngeverhalten von vor einer Generation zurückzuführen. Gerade der Weinbau und der Zuckerrübenanbau sind Beispiele dafür, dass sowohl die Industrie als auch die pflanzenbauliche Beratung N-Düngeempfehlungen ausgesprochen haben, die weit über dem Entzug und weit über den heutigen Düngeempfehlungen liegen.

Zum Zweiten haben wir mit dem Raum Rheinhessen und der nördlichen Vorderpfalz ausgesprochene Sommertrockengebiete, in denen die Grundwasserneubildungsrate nur um 50 mm liegt oder sogar darunter. Dies bedeutet, dass sich selbst geringe Stickstoffüberschüsse aus der pflanzlichen Produktion als recht hohe N-Min-Werte im Sickerwasser abbilden. Die gleichen N-Überschüsse sind bei Grundwasserneubildungsraten in den Mittelgebirgslagen, die dort bei 300 mm und mehr liegen, fast zu vernachlässigen.

Als Drittes spielen natürlich die tatsächlichen N-Überschüsse aus der heutigen landwirtschaftlichen Produktion eine Rolle. Zwar liegt Deutschland mit einem durchschnittlichen Stickstoffsaldo von ca. 100 kg N weit über dem rheinlandpfälzischen Durchschnitt von rund 50 kg N, allerdings ergeben sich erhebliche regionale Unterschiede. Insbesondere der Gemüsebau ist bei Kulturen, die in der vollen Wachstumsphase geerntet werden, auf eine zu jedem Zeitpunkt ausreichende Stickstoffversorgung angewiesen. Untersuchungen der LUFA Speyer haben ergeben, dass bei Berücksichtigung aller produktionstechnischen Maßnahmen N-Überschüsse bei bestimmen Kulturen von 150 kg nahezu unvermeidbar sind.

Sieht man alle diese Rahmenbedingungen, so erscheint es folgerichtig, dass es kaum gelingen wird, die Trendmessstellen für Nitrat im Grundwasser alle unter 50 mg zu führen. Im Vergleich zum vorangegangenen Bewirtschaftungsplan konnten 61 Prozent gleichbleibende Messstellen ermittelt werden, 21 Prozent der Messstellen weisen fallende Nitratwerte, 18 Prozent jedoch auch steigende Nitratwerte auf. Diskutiert wurde im Koordinierungsausschuss auch die Feinabstimmung und Steuerung der Nährstoffzufuhren im Acker- und Pflanzenbau und der damit verbundenen möglichen Auswaschungsgefahren. Es ist fachlich einleuchtend, dass die Nährstoffversorgung aus Mineraldünger mit der Kenntnis der Umsetzungsprozesse eine viel genauere Steuerung der Düngung ermöglicht als über wirtschaftseigene Düngemittel oder Leguminosen. Von daher geht auch der von der Politik gerne formulierte Grundsatz „Bioanbau ist grundsätzlich gewässerschonend“ ins Leere. Bei allen Produktionsbereichen und allen Produktionsverfahren ist eine Steigerung der Stickstoffeffizienz im Acker- und Pflanzenbau vorzunehmen, um die Auswaschung von Nährstoffen in das Grundwasser zu vermeiden. Nach Vorliegen aller Daten muss man aber feststellen, dass Rheinland-Pfalz bei Weitem nicht so schlecht dasteht, wie es immer behauptet wird. Plaul verwies zum Abschluss seines Referates auf die im Internet verfügbaren Grundwassermessdaten des LUWG. Diese sind verfügbar unter www.geoportal-wasser.rlp.de.

Ziemlich saubere Flüsse in Rheinland-Pfalz

Dr. Klaus Wendling aus dem Ministerium für Umwelt, Ernährung, Landwirtschaft, Weinbau und Forsten schildert den Ausschussmitgliedern den ökologischen Zustand der Grundwasserkörper in Rheinland-Pfalz. Für die EU wird an 110 operativen Messstellen in Rheinland-Pfalz die regelmäßige Messung einer möglichen Belastung der Flüsse erfasst. Dabei zeigt sich im Vergleich zu 2009, dass sich die Gewässer mit einem guten und sehr guten Zustand von 26,8 Prozent auf fast 30 Prozent erhöht haben. Während 2009 noch fast 40 Prozent der Gewässer in einem unbefriedigenden oder schlechten Zustand waren, wiesen 2014 nur noch 33 Prozent der Gewässer in Rheinland-Pfalz diese Eigenschaft auf. Bei der Wasserqualität unserer Bäche und Flüsse liegt Rheinland-Pfalz damit an der Spitze in ganz Deutschland.

Wesentliche Kriterien zur Einstufung, sind eine Überschreitung der Grenzwerte für Nitrat, der Orientierungswerte für Phosphor oder die Überschreitung der Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel und Schwermetalle. Insgesamt werden in 84 Prozent aller Fließgewässerwasserkörper die Umweltqualitätsnormen eingehalten.

Eine besondere Verantwortung der Landwirtschaft gibt es bei den Pflanzenschutzmitteln. Hier steht nach wie vor die unsachgemäße Reinigung der Pflanzenschutzsspritzen an erster Stelle. Allerdings sind auch Anwendungen im häuslichen und im kommunalen Bereich dafür verantwortlich, dass stellenweise Pflanzenschutzmittel in den Oberflächengewässern nachgewiesen werden. Eine Verantwortung der Belastung von Oberflächengewässern durch Phosphat liegt insoweit bei der Landwirtschaft, als es Eintragspfade durch Erosion gibt. Nach wie vor ist die Landwirtschaft durch freiwillige Maßnahmen (Gewässerrandstreifen) bereit, die Eintragspfade durch Erosion zu reduzieren. Eine Klärung über die EU-rechtliche Beurteilung der Gewässerrandstreifen (Dauergrünland!) ist jedoch erforderlich. Die von der Wasserwirtschaft erarbeiteten plausibilisierten Karten für angeblich notwendige Standorte von Gewässerrandstreifen haben sich nach Aussage der Praktiker, die diese Karten vor Ort überprüft haben, als nicht schlüssig erwiesen.

Beim Phosphat, so der Ausschussvorsitzende Eberhard Hartelt, besteht noch der größte Klärungsbedarf zwischen der landwirtschaftlichen Tätigkeit und den unmittelbaren Wirkungspfaden in die Gewässer. Die Bindung des Phosphats an die Bodenteile, eine mögliche Auswaschung ins Grundwasser, die Zusammenhänge zwischen Phosphatbindung und C/N-Verhältnis und letztendlich die oberflächige Abschwemmung sind noch in vielen Punkten ungeklärt. Hier bedarf es dringend weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen, bevor die Landwirtschaft voreilig an den Pranger gestellt wird. Alle Sitzungsteilnehmer betonen die Bereitschaft zur Freiwilligkeit.

Sind weniger strenge Umweltziele möglich?

Die Diskussion im Koordinierungsausschuss zeigte, dass es möglicherweise Ziele der Wasserrahmenrichtlinie gibt, die aufgrund besonderer Umstände gar nicht realisiert werden können. Das Beispiel der unvermeidbaren Stickstoffüberschüsse aus der Gemüseproduktion in Verbindung mit geringen Grundwasserneubildungsraten zeigt, dass man bei aller Weiterentwicklung der guten fachlichen Praxis mehr als 100 Jahre brauchen wird, um das Sickerwasser in Rheinhessen und der nördlichen und südliche Vorderpfalz auf ein EU-konformes Niveau zu bringen. Daher stellt sich die Frage, ob der EU gegenüber nicht mit weniger strengen Umweltzielen gearbeitet werden muss. Die Wasserrahmenrichtlinie sieht diese Möglichkeit vor. Godehard Hennies vom Wasserverbandstag in Hannover schilderte die rechtlichen Voraussetzungen, um solche Schritte in die Wege zu leiten.

Die in der Koordinierungsausschusssitzung diskutierten Argumente werden sowohl seitens der Landwirtschaftskammer als auch der Bauernverbänden in die Stellungahmen zum Bewirtschaftungsplan der Wasserrahmenrichtlinien einfließen.

 

Ralph Gockel, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz