Prüfungsaufgaben aus der betrieblichen Praxis

Die Abschlussprüfung der Winzerausbildung des Jahrgangs 2015 in Oppenheim.

In Rheinland-Pfalz positioniert sich die junge Winzergeneration. Dass vor dem Berufsstart im eigenen Betrieb oder im Arbeitsverhältnis eine fundierte und fachlich anspruchsvolle Ausbildung steht, ist inzwischen Standard. Denn nur so konnte in der jüngeren Vergangenheit der qualitative Aufschwung in den sechs Anbaugebieten des Landes geschafft werden, und nur so sind die erreichten Spitzenpositionen auf den nationalen und internationalen Märkten zu halten und auszubauen. In diesen Tagen absolvieren rd. 190 Auszubildende die praktischen Prüfungen und schließen damit ihre dreijährige Winzerlehre ab.

Flächen und Wirtschaftsräume des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum in Oppenheim wurden für die Durchführung der praktischen Prüfung der Jungwinzer aus Rheinhessen zur Verfügung gestellt. Wie umfassend und entsprechend aufwändig eine solche Prüfung abläuft, zeigt die Durchführung an einem Prüfungstag. Acht Auszubildende stellen sich in drei Arbeitsbereichen den Aufgaben. Die paritätisch besetzte Prüfkommission besteht aus jeweils vier Arbeitgeber- und vier Arbeitnehmervertretern sowie vier Berufsschullehrern. Je zwei Prüfer stellen einem Auszubildenden in jedem der drei Arbeitsbereiche Aufgaben, begleiten deren Erfüllung, stellen Zwischenfragen, konstruieren Probleme, wie sie in der Praxis auftreten können und bewerten die Antworten und Lösungen des Prüflings. Nach Aufgabenstellung hat der zehn Minuten Zeit der Vorbereitung, um dann nach selbst erstelltem Handlungsplan den Auftrag auszuführen und innerhalb von 90 Minuten ein Arbeitsergebnis zu präsentieren. Dabei sind die Aufträge immer der Praxis der alltäglichen Abläufe im Weinbautrieb entlehnt.

Im ersten Aufgabenbereich „Traubenproduktion“ heißt die Aufgabe „Neuanlage eines  Weinbergs“. Hier gilt es, auf einer gerodeten und Neuanpflanzung vorbereiteten Fläche Grenzabstände, die das Nachbarschaftsgesetz und die Richtlinien für eine effiziente Bearbeitung und für beste Wachstumsbedingungen vorgeben, umzusetzen. Winkel sind zu berechnen, Zeilenbreiten festzulegen und eine Fläche entsprechend abzustecken. Die Abstände von Setzreben und Pfählen werden festgelegt, Pfähle für die Endverankerung und für die Drahterziehung ausgewählt und für jeden Arbeitsgang das richtige Werkzeugs ausgesucht. Den gesetzlichen Anforderungen wird in diesem Prüfungsgang durch die Erbringung des Sachkundenachweises für die Arbeit mit Pflanzenschutzmitteln Genüge getan.

Im zweiten Aufgabenbereich „Kellerwirtschaft“ heißt die Herausforderung, einen auf der Hefe lagernden Wein reduktiv abzustechen, eine Entsäuerungsmaßnahme vorzunehmen, einen Wein sensorisch und analytisch zu bewerten und eine Aufschwefelung durchzuführen. Dabei geht es insbesondere um sauberes Arbeiten, um sorgfältigen Einsatz der verschiedenen technischen Geräte, die Beachtung der Kellerhygiene und die vollständige Durchführung der Arbeitsschritte in der richtigen Reihenfolge. Säurewerte sind exakt zu ermitteln und die chemische Analyse mit der sensorischen Wahrnehmung abzugleichen. Für eine abzufüllende Weinmenge ist die Arbeitszeit, der Materialaufwand und die erforderliche Arbeitszeit für eine bestimmte Zahl von Mitarbeitern zu berechnen und zu kalkulieren.

Im dritten Aufgabenbereich „Vermarktung“ dreht sich alles um eine zwar fiktive aber in der Praxis eines Betriebs vollkommen realistische Weinprobe mit Gastronomen in Hamburg. Hier soll am Anfang die umfassende Planung des Projektes stehen, beginnend mit dem Erstellen einer Checkliste. Für die Probe sind die geeigneten Weine in der erforderlichen Menge auszuwählen und die Probenfolge zu erstellen. Das benötigte Equipment muss ermittelt und bereit gestellt werden. Für den Vortrag vor den Gastronomen wird eine auf das Publikum zugeschnittene Weinbeschreibung vorbereitet. Der Transport nach Hamburg soll mit der Auslieferung von jeweils 60 Flaschen Wein an drei verschiedene Kunden verbunden werden. Hierfür ist die Abwicklung mit Rechnungstellung inkl. Mehrwertsteuerausweisung und Skontoberechnung sowie Barzahlung vorzubereiten und die Verpackung und Verladung des Weins unter Beachtung der Vorschriften zur Ladesicherheit durchzuführen. Schließlich ist die Weinprobe in Hamburg anzumoderieren und sind drei Weine (zwei eigene und ein Wein der Domäne Oppenheim) zu präsentieren.

Prüfungsleiter Steffen Bootz, Landwirtschaftskammer, hob den ehrenamtlichen Einsatz der Mitglieder des Prüfungsausschusses hervor, ohne den diese aufwändigen Prüfungen nicht durchführbar wären. Er dankte dem DLR, der Raiffeisen Waren-Zentrale, den Landmaschinenherstellern und nicht zuletzt den zahlreichen Weinbaubetrieben für die vielfältig geleistete Unterstützung. Das von den Absolventen gebotene Niveau sei überwiegend hoch und sehr nahe an den Anforderungen der betrieblichen Wirklichkeit und den Ansprüchen des Marktes. Bei den anstehenden Abschlussfeiern werde erneut ein kompetenter und hoch leistungsfähiger Winzerjahrgang ins Berufsleben entlassen.

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Frieder Zimmermann, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz