„Mit dem Kopf im Himmel und den Füßen auf Erden“

„Mit dem Kopf im Himmel und den Füßen auf Erden“ – dieser Leitspruch des Weingutes Abthof in Hahnheim (Rheinhessen) ist nicht einfach so dahin gesagt, sondern wird von der Winzerfamilie Koch gelebt. Darin drückt sich neben der christlichen Haltung auch die Lebenseinstellung aus, gleichzeitig Bewährtes zu erhalten und Visionen umzusetzen. Der Anspruch des Familienweinguts ist es, das Potential des Bodens und der Schöpfung zu bewahren und mit all seinen Facetten ins Glas zu bringen. Sehr gut ins Konzept passt dabei der Anbau pilzresistenter Sorten (Piwis), dem die Familie ein besonderes Augenmerk schenkt.

Vor rund vier Jahren ist Martin Koch komplett in das elterliche Weingut eingestiegen. Nachdem der 33-Jährige ein Doppeldiplom für Weinbau und Kellerwirtschaft an der Hochschule in Geisenheim sowie für Önologie an der Universität in Udine (Italien) absolviert und Erfahrungen in Frankreich, Spanien, Kanada und Bolivien gesammelt hat, zog es ihn zurück in seine rheinhessische Heimat. Nach Hahnheim auf den Abthof, dort, wo die Familie seit fünf Generationen Wein anbaut. „Ich sehe die Natur und damit auch unsere Weinberge als ein Geschenk an. Wir dürfen sie bearbeiten und die Früchte ernten. Vieles haben wir jedoch nicht selbst in der Hand. Umso wichtiger ist es, pfleglich damit umzugehen“, sagt Martin Koch. Gerade in Zeiten, in denen Themen wie Klimawandel und Pflanzenschutz in aller Munde sind, liegt Familie Koch mit dem Sortiment von pilzresistenten Sorten, bei denen fast gänzlich auf Pflanzenschutzmittel verzichtet werden kann, absolut im Trend. Bereits seit einigen Jahren bauen die Kochs Sorten wie Solaris, Muscaris und Souvignier gris an. Mit Erfolg, wie unter anderem die Auszeichnungen bei der Landesprämierung für Wein und Sekt der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz zeigen.
„Wir haben damit ganz klein angefangen“, erinnert sich Martin Koch. „Man muss für jede Rebsorte ein Gespür entwickeln. Denn jede hat andere Bedürfnisse bei der Pflege, beim Erntezeitpunkt und Ausbau.“ Ihm gehe es darum, die jeweilige Individualität heraus-zukitzeln. Das brauche Zeit und Fingerspitzengefühl. Erst nachdem sein Vater Herbert und er einige Zeit ausprobiert hatten, welche Ansprüche die jeweiligen Piwi-Reben stellen, um gute Weine hervorzubringen, gingen sie in die Vermarktung. Mittlerweile beträgt der Anteil der Piwis an der gesamten Rebfläche von 16 Hektar über 20 Prozent.

Zisterzienser als Vorbild
In diesem Bereich beweist die Familie Pioniergeist und beschreitet neue Wege. Bei einer anderen Rebsorte, dem Gelben Orleans, möchte Martin Koch in erster Linie Tradition und Schöpfung erhalten und die Geschichte fortschreiben. Der Gelbe Orleans ist heute sehr selten. Ab dem 12. Jahrhundert hingegen baute der Zisterzienser-Orden, zur damaligen Zeit einer der bedeutendsten Weinhändler Europas, die Rebsorte unter anderem in Hahnheim an. Als vor einigen Jahren im Kloster Eberbach im Rheingau einige Rebstöcke wiederentdeckt wurden, holte Herbert Koch den Gelben Orleans nach Hahnheim zurück. „Wir haben unseren Weinberg genau dort angelegt, wo auch die Zisterzienser diesen Wein angebaut haben“, informiert Martin Koch. Der Orden ist übrigens auch der Grund, warum Großvater Koch das Weingut „Abthof“ nannte. „Die Zisterzienser haben schon im Mittelalter in unserem Dorf eine Granje, also einen klostereigenen Wirtschaftshof, unterhalten und Weine produziert. Sie sind sehr modern in ihrer Arbeitsweise gewesen.“ Die Mönche tauschten sich regelmäßig aus und reflektierten ihr Tun. Sie hielten an Bewährtem fest und waren offen für Neues. Man kann also sagen, dass Martin Koch in die Fußstapfen der Zisterzienser getreten ist.
Die Zusammenarbeit mit seinem Vater schätzt er dabei sehr. „Ich profitiere von seiner Erfahrung, und wenn ich neue Ideen habe, ist er gerne dabei, diese umzusetzen.“ Das Team wird ergänzt von Martins Mutter Charlotte und seiner Frau Alina. Gemeinsam möchten sie das Weingut weiterentwickeln. Das Thema Piwis wird dabei auch künftig eine große Rolle spielen. „Mein Ziel ist es“, sagt Martin Koch, „die Details für die jeweilige Sorte noch weiter hervorzubringen. Das haben die Produkte und auch die Kunden verdient.“ Außerdem kann er sich vorstellen, die Themen Wein und Spiritualität – in welcher Form auch immer – stärker zu verbinden und den Fokus zu nehmen.
Ein Besuch der Familie lohnt sich aber schon jetzt – natürlich verbunden mit einer Verkostung der Weine. „Zu den normalen Öffnungszeiten sind wir im Weingut anzutreffen. Gerne kann man eine Weinprobe in unserer Vinothek buchen.“ Und wer sich nicht an die Piwis traut, für den stehen auch traditionelle Sorten bereit. Weitere Informationen zum Weingut Abthof sind auf der Internetseite www.weingut-abthof.de zu finden.