Konstruktiver Austausch im Landwirtschaftsministerium

Der Parlamentarische Abend der Landwirtschaft gehört zu jenen traditionellen Veranstaltungen der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, die der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen sind. Doch der wertvolle gemeinsame Austausch mit der Landesregierung und den Landtagsabgeordneten im Rahmen eines sommerlichen Empfangs sollte nicht einfach ersatzlos gestrichen werden.

„Wir haben stattdessen ein sehr konstruktives Gespräch mit Minister Dr. Volker Wissing und Staatssekretär Andy Becht geführt“, erklärt der Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Ökonomierat Norbert Schindler. Gemeinsam mit den Präsidenten Eberhard Hartelt, Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V., und Michael Horper, Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau e.V., tauschte man sich über aktuelle Fragen der Landwirtschaft sowie Aufgaben und Ausstattung der Landwirtschaftskammer (LWK) aus.

Im ersten Teil des Gesprächs stand die Landwirtschaftskammer im Mittelpunkt. „Minister Wissing sagte uns zu, dass 6 Millionen Euro für die Erfüllung der Auftragsangelegenheiten in den Landeshaushalt eingestellt würden. Dazu kommen 1,5 Millionen Euro für die Pflichtaufgaben. Um unsere Aufgaben schnell und effektiv zu erledigen, hätte ich mir eine bessere Ausstattung gewünscht, aber wir können damit arbeiten“, zeigte sich der Direktor der LWK, Alfons Schnabel, zufrieden. Zu den Auftragsangelegenheiten gehören etwa die Aufgaben der Weinbauverwaltung. Berufliche Bildung ist ein Beispiel für die Pflichtaufgaben der Kammer.

Außerdem sagte Minister Wissing zu, dass man Lösungen für die Neuformulierung der gemeinsamen Vereinbarung finden werde, so Schnabel: „Die Vereinbarung, eine detaillierte Beschreibung der Aufgaben der Kammer sowie deren Umfang und Finanzierung, wird jährlich fortgeschrieben. Und da sind Anpassungen erforderlich.“ Um die finanzielle Ausstattung ging es auch beim Wunsch, die Landfrauenverbände bei der Digitalisierung zu unterstützen. „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die digitale Weiterbildung der Landfrauen ist. Dafür werden 32.000 Euro benötigt“, so Präsident Schindler. Minister Wissing habe eine Prüfung der Forderung zugesagt.

Eine weitere Bitte erging an den stellvertretenden Ministerpräsidenten, dass er sich bei Umweltministerin Ulrike Höfken für ein Ausführungsgesetz zur Durchsetzung des Tiergesundheitsgesetzes in Rheinland-Pfalz stark machen möge. Das Tiergesundheitsgesetz ist auf Bundesebene seit 2014 in Kraft, während in Rheinland-Pfalz noch das Landestierseuchengesetz von 1986 gilt. „Das ist dringend erneuerungsbedürftig, und insbesondere die Tierseuchenkasse ist zur überfälligen Neuausrichtung ihrer Verwaltungsfinanzierung darauf angewiesen, dass das Ausführungsgesetz endlich kommt.“

Flächenverbrauch reduzieren

Im zweiten Teil des Spitzengesprächs ging es um konkrete Problemstellungen der Landwirtschaft. LWK-Präsident Schindler und Staatssekretär Becht sind sich einig, dass die sogenannten „Produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen“ (PIK) einen wichtigen Beitrag leisten können, um den Flächenverbrauch zu reduzieren, Flächen in der Bewirtschaftung zu belassen und trotzdem den naturschutzrechtlichen Ausgleich zu erbringen. Becht betonte dabei die besondere Rolle der Straßenbauverwaltung: Daher wird im Ministerium derzeit ein Strategiepapier erarbeitet, um den Straßenbau und die damit verbundenen Kompensationsmaßnahmen, aber auch die Flurbereinigung  partnerschaftlich mit der Landwirtschaft umzusetzen.

Präsident Schindler begrüßt diesen Weg und sagte dem Ministerium Unterstützung zu: „Wir leisten gerne unseren Beitrag, um die Strategie landesweit umzusetzen“, so Ökonomierat Schindler.

Nach wie vor sind Wasserschutzgebietsausweisungen von mehreren hundert Hektar für die Landwirtschaft ein Problem, auch wenn sich heute noch keine unmittelbaren Verbote ableiten lassen. Die Entwürfe des Bundesnaturschutzgesetzes und die Diskussion um das Insektenschutzprogramm zeigen aber, dass mit einem grundsätzlichen Verbot von Pflanzenschutzmitteln zu rechnen ist. Daher, so Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V., seien Schutzgebietsausweisungen in dieser Größe nicht akzeptabel. Er bevorzugt vielmehr Vereinbarungen der Wasserversorger mit der Landwirtschaft über die Umsetzung einer grundwasserschonenden Bewirtschaftung. Diese Ansicht teilt Staatssekretär Becht uneingeschränkt.

Zu geringe Dichte des Messstellennetzes

Einen großen Raum nahm die Diskussion über die Düngeverordnung ein. Präsident Schindler kritisiert die nach wie vor viel zu geringe Messstellendichte, so dass für viele Grundwasserkörper gar keine belastbaren Daten vorliegen. Auch werden die klimatischen Rahmenbedingungen von Rheinland-Pfalz unzureichend berücksichtigt, denn gerade die geringe Grundwasserneubildung  ist in vielen Teilen von Rheinland- Pfalz für zu hohe Nitratwerte verantwortlich. Bei den anstehenden Beratungen im Bundesrat erwartet der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau e.V., Michael Horper, eine Anerkennung der Betriebe, die nachweislich keine Nährstoffüberschüsse verursachen. Diese Betriebe müssen konsequent von weiteren Verboten ausgenommen werden. Minister Wissing unterstützt diese Forderung, sieht sich aber mit entgegengesetzten Forderungen anderer Bundesländer im Bundesrat konfrontiert.

Staatssekretär Becht verwies auf die Leistung der Landesregierung, Investitionen in der Tierhaltung sowie der Gülle- und Silagelagerung umfangreich zu fördern. Allerdings stünden der Umsetzung bürokratische Hürden im Weg, denn die Genehmigungsbehörden stellten oft unberechtigte Forderungen, die weder baurechtlich noch wasserrechtlich begründet seien. Hier verlangen die Präsidenten Hartelt und Horper eine Vereinheitlichung im Genehmigungsverfahren und den Abbau von Bürokratie. Auch die bei einer Förderung anzusetzenden Referenzkosten müssten von Seiten des Ministeriums angepasst werden. Derzeit müsse auf der Basis der Kosten von 2015 kalkuliert werden: „Zu diesen Preisen sind Bauvorhaben derzeit aber nicht zu realisieren.“ Das Ministerium sicherte eine Prüfung zu, will aber auch sicherstellen, dass Anlastungen seitens der EU ausgeschlossen sind.

Immer wieder wurden in dem Gespräch der Präsidenten mit Minister Wissing befürchtete Auflagen durch Maßnahmen zum Insektenschutz angesprochen. Wissing bestätigte nochmals sein Haltung zum offenen Umgang mit der Frage des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und Möglichkeiten der Beizung von Saatgut. Schindler verwies auf die zu erwartenden Auflagen aus dem Bundesnaturschutzgesetz: Hier steht eine allgemeine Stärkung des Naturschutzes durch neue und verbindliche Pläne an. „Dem  muss das Landwirtschaftsministerium durch landwirtschaftliche Fachpläne etwas entgegensetzen“, fordert Schindler. Staatssekretär Becht sehe diese Betroffenheit und sagte eine Prüfung zu, wie die Belange der Landwirtschaft in der Raumplanung in Zukunft stärker berücksichtigt werden können. Hierzu sollen vertiefende Gespräche mit der Landwirtschaftskammer geführt werden.

Agrargipfel soll stattfinden

Minister Wissing erneuerte seinen Vorschlag vom Agrargipfel im Februar in Bad Kreuznach, wonach er einen Agrarrat für die Vertreter landwirtschaftlicher Verbände einberufen werde. Landwirtschaftskammer und Bauernverbände unterstützen diesen Vorschlag, der zweifellos zu einer besseren Kommunikation zwischen dem landwirtschaftlichen Berufsstand und dem Ministerium führen könne.

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Konstruktives Spitzengespräch als Ersatz für den ausgefallenen Parlamentarischen Abend: der Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Ökonomierat Norbert Schindler (rechts), Michael Horper, Präsident BWV Rheinland-Nassau e.V. (2. von rechts) und Eberhard Hartelt, Präsident BWV Rheinland-Pfalz Süd e.V. (2. von links), mit Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing (Mitte) und Staatssekretär Andy Becht (links).