Hauswirtschaftliche Fachkenntnisse gefragter denn je

Nach dreijähriger Corona-Pause fand die jährliche Fachtagung „Hauswirtschaft – ein Beruf mit Zukunft! – Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte in der Hauswirtschaft" auf dem Hofgut Neumühle in Münchweiler statt.

Brigitte Christoffel, Mitglied im Vorstand der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (LWK), begrüßte rund 50 Fach- und Führungskräfte der Hauswirtschaft zur jährlichen Fachtagung. „Unser Beruf passt in die heutige Zeit! Die zunehmenden Aufgaben und Dienstleistungen in öffentlichen und privaten Einrichtungen verlangen hauswirtschaftliche Fachkenntnisse. Durch das neue ,Gute Kita-Gesetz' bieten immer mehr Einrichtungen eine Mittagsverpflegung an. In diesem verantwortungsvollen Bereich ist die Arbeit von hauswirtschaftlichen Fachkräften unabdingbar.“ Brigitte Christoffel wies darüber hinaus auf die geplante Zusammenlegung der beiden in Rheinland-Pfalz bestehenden zuständigen Stellen für die Hauswirtschaft hin. „Hier muss sich das Land bewegen, um die Hauswirtschaft insgesamt zu stärken, die Abläufe zu entbürokratisieren und mit einer Stimme sprechen zu können.“ Dajana Müller, Referentin der LWK für den Beruf Hauswirtschaft, informierte an dieser Stelle über den aktuellen Sachstand und die schwierigen Verhandlungen mit dem Land.

Die beiden Ausbildungsberaterinnen Xenia Oswald-Kröhler und Mathilde Gödert gaben im Anschluss einen Überblick über die Zahl der Auszubildenden, die überbetriebliche Ausbildungswoche sowie die Abschlussprüfungen und informierten über die Prüfungsabläufe, die durch die Vorgaben der neuen Ausbildungsverordnung erstmalig in der vergangenen Prüfungsperiode umgesetzt wurden. Die Landwirtschaftskammer plant neue Vorbereitungslehrgänge für die Abschluss- und Meisterprüfung in der Hauswirtschaft in Bad Kreuznach. Interessierte können sich bei der Landwirtschaftskammer melden.

Die Projekte, die von der LWK und den LandFrauen RheinlandPfalz in Schulen und Kitas umgesetzt werden, bilden einen wichtigen Pfeiler der Ernährungsbildung, sei es in den AGs im Nachmittagsunterricht, durch den Ernährungsführerschein in den 3. Klassen oder durch das Kita-Projekt "Her mit dem Gemüse!". Ein besonderes wichtiges Element im Erzeuger-Verbraucher-Dialog stellt der Lernort Bauernhof mit seinen zahlreichen außerschulischen pädagogischen Angeboten dar. Auch hier erhalten Kinder und Jugendliche eine Wertschätzung für Lebensmittel und erfahren, wo ihr Essen herkommt. Projektbetreuerin Maria Caesar gab einen Überblick über die Kriterien der neuen Förderperiode und die Schulungsangebote der LWK. „Kinder und Jugendliche erhalten eine realistische Vorstellung von der Landwirtschaft, wenn sie nicht nur theoretische Inhalte lernen, sondern mit allen Sinnen auf einem Bauernhof lernen. Betriebe, die Lust haben, Lernort Bauernhof zu werden, sind willkommen“, ermunterte Caesar.   

Gastvortrag des EPI-Agri Projektes Klima-Farm-Bilanz

Philipp Holz, ökologischer Agrarwissenschaftler der LWK, führte anschließend in seinem Vortrag über „Klima Bilanz Farm“ sehr anschaulich vor Augen, welche Schlüsselrolle der Hauswirtschaft für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft zukommt. Mithilfe von Grafiken und Diagrammen stellte er dar, wie ein klimafreundliches Essen aussieht, wie dies angestrebt werden kann und welche Bedeutung dies für die Landwirtschaft hat. Zurzeit wird der CO2-Fußabdruck als Marketinginstrument verwendet, häufig in Form von „Greenwashing“. Die Verbraucher*innen werden so motiviert, bestimmte Produkte zu bevorzugen mit dem Gedanken, etwas Gutes für das Klima zu tun. Bis jetzt gibt es in Deutschland keine einheitlichen Klimasiegel. Gerade für hauswirtschaftliche Kräfte in der Gemeinschaftsverpflegung, an der Schnittstelle vom Erzeuger zum Verbraucher, sind fundierte und sachliche Informationen daher enorm wichtig. Holz machte deutlich, dass Lebensmittel nicht dauerhaft klimaneutral hergestellt werden können. Dies können auch Bio-Lebensmittel nicht bieten, jedoch können sie einen ökologischen Vorteil in anderen Bereichen bieten. Holz empfahl den hauswirtschaftlichen Fachkräften: „Achten Sie beim Einkaufen auf saisonale und regionale Lebensmittel, hierdurch kann ein großer Teil der Emissionen des Transportes eingespart werden. So kann jeder Mensch etwas für das Klima beitragen.“ Denn unsere Ernährung und unser Einkaufverhalten haben Einfluss auf die Treibhausgas-Emissionen und auf andere ökologische Kriterien.

Fair tragen und ruhig schlafen

Mit der Frage „Können wir zu ökologisch nachhaltiger Produktion und besseren Arbeitsbedingungen in der globalen Bekleidungs- und Textilindustrie beitragen?“ blieb auch Dr. Hildegard Scheu aus Bad Homburg beim Thema Nachhaltigkeit. Der Modemarkt in Deutschland ist weitestgehend geprägt von "Fast Fashion", Kleidung ist aufgrund unseres Wohlstands zum billigen Wegwerfprodukt geworden. Die Konsequenzen der niedrigen Qualität unserer Textilien tragen Mensch und Natur. Unter oft menschenrechtsverletzenden Umständen und mit umweltzerstörenden Prozessen wird unsere Kleidung in Ländern des Globalen Südens hergestellt. Seit dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch 2013 ist jedoch Bewegung in den schnellen Mode-Konsum gekommen: Slow Fashion, Faire Mode und Nachhaltigkeit sind Schlagworte in der Aufklärungsarbeit von Aktivisten*innen und Influencer*innen. Doch noch immer kauft der Großteil der Bevölkerung in den Filialen der großen Modeketten ein, der Anteil an fair gehandelter und ökologisch produzierter Mode ist weiterhin gering. Dr. Scheu erklärte Zusammenhänge, gab Einblicke in die unterschiedlichen Textilsiegel und gab in der anschließenden Diskussion Tipps, wie man Mode nachhaltiger mitgestalten kann. „Die Lebensdauer von Kleidung zu verlängern ist der wirksamste Weg, Emissionen zu verringern “, so Dr. Scheu.