„Hamster, Weihe und Feldlerche brauchen aktive Landwirte“

5. Dialogforum der Deutschen Stiftung Kulturlandschaft gemeinsam mit der Stiftung zur Förderung der Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz

Das wachsende Engagement der Bauern und Winzer für Feldlerchenfenster, Blühstreifen und begrünte Rebgassen bringt Insekten und Vielfalt zurück in die Landschaft, so das eindeutige Fazit des 5. Dialogforum der Deutschen Stiftung Kulturlandschaft und der Stiftung Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz.

Mehr als 60 Teilnehmer des Dialogforums Landwirtschaft und Naturschutz konnte der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Kulturlandschaft, Dr. Helmut Born, am Mittwoch, dem 04. September 2019, im Weingut Metzler, Gau-Heppenheim, begrüßen. Unter dem Thema „Biodiversität mit den Bauern fördern“ diskutierten unter anderem die Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz, Ulrike Höfken, der DBV-Umweltbeauftragte und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd, Eberhard Hartelt, und die Landesvorsitzende des NABU Rheinland-Pfalz, Cosima Lindemann, über gangbare Wege, die Artenvielfalt in der Kulturlandschaft zu stabilisieren und zu fördern und gleichzeitig der Land- und Forstwirtschaft aber auch der Wirtschaft und den Mitbürgern einen attraktiven ländlichen Raum zu erhalten. Dabei standen nicht Grundsatzdebatten im Mittelpunkt, sondern konkrete Projekte, getragen von Landwirten vor Ort, und deren Überprüfung auf ihre Wirkung im naturschutzfachlichen Sinne.

So stellten der Vorsitzende der Stiftung zur Förderung der Kulturlandschaft Rheinland-Pfalz, Rudolf Schneichel, und deren Geschäftsführer, Dieter Feldner, die für die rheinhessische Offenlandschaft prädestinierten Vorhaben zur Erhöhung der Biodiversität, aber auch Maßnahmen des spezielle Artenschutzes für Weihe, Feldhamster und Feldlerche vor. Alle diese Arten sind wesentlich auf eine angepasste Bewirtschaftung der Agrarlandschaft durch die Bauern angewiesen. Gerade durch die Umsetzung von produktionsintegrierten Naturschutzmaßnahmen könnte ein wichtiger Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der geschützten Arten geleistet werden. Carmen Kittelberger erläuterte ein spezielles Projekt im Rahmen des Verbundvorhabens „Lebendige Agrarlandschaften“ für den Steillagenweinbau an der Mosel. Der Schutz und Erhalt der verschiedenen Tier- und Pflanzenarten, insbesondere auch der für diesen Naturraum typischen Schmetterlingsarten, sind nachweislich gelungen. Auch hier komme es darauf an, aktive Winzer für die Einsaat insektenfreundlicher Blühmischungen zu gewinnen und einer Verbuschung der einzigartigen Rebkulturlandschaft entgegen zu wirken.

Diese Einblicke in konkrete Naturschutzprojekte von Bauern und Winzern wurden ergänzt durch einen Überblick über das heutige Aus- und Weiterbildungssystem für junge Landwirte und dessen inhaltliche Erweiterung um Anliegen der nachhaltigen Bewirtschaftung der Bauernhöfe. Martina Wojahn, Geschäftsführerin des Bildungszentrums Echem in Niedersachsen, erläuterte an konkreten Beispielen die wachsende Sensibilisierung der Auszubildenden für die Biodiversität in der Landwirtschaft.

In ihrem Vortrag machte Ministerin Ulrike Höfken deutlich, dass ihr die Sicherung einer nachhaltig bewirtschafteten Kulturlandschaft sehr am Herzen liegt. Das drücke sich nicht nur in den verschiedenen Förderprogrammen des Landes aus, sondern auch durch die kontinuierliche Ausbildung von Natur-Erlebnis-Botschaftern und die umfangreiche Schulung von Partnerbetrieben Naturschutz in der Landwirtschaft. Konfliktfelder zwischen marktorientierter Nahrungsmittelproduktion und naturschutzorientierter Bewirtschaftung von Flächen müssten offen angesprochen, aber auch so gelöst werden, dass die Bauern- und Winzerfamilien Einkommensperspektiven behielten. Die Maßnahmen der 1. und 2. Säule der Agrarpolitik seien daraufhin zu überprüfen, ob sie die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung der Kulturlandschaft sichern oder nicht.

Die NABU Vorsitzende, Cosima Lindemann, knüpfte an diese Diskussion an und mahnte größere Gesprächsbereitschaft der Landwirtschaft und des Weinbaus zur Sicherung der Artenvielfalt in der Landschaft an. Ihr sei klar, dass auch der Flächenverbrauch durch Überbauung, die Lichtverschmutzung durch die Ballungsgebiete und der immer deutlicher spürbar werdende Klimawandel heftige Rückwirkungen auf die Kulturlandschaft hätten. Deshalb sei die alleinige Betrachtung der Wirtschaftsweise in der Land- und Forstwirtschaft nicht angebracht. Aber die Anliegen des Naturschutzes sollten auch von den Bauernfamilien ernst genommen werden.

Dieses Anliegen griff Präsident Eberhard Hartelt auf und erläuterte die gewachsene Bereitschaft der Landwirtschaft, sich aktiv bei der Gestaltung naturschutzrelevanter Maßnahmen einzubringen. Nicht zuletzt sei die Gründung von Kulturlandschaftsstiftungen ein deutliches Zeichen dafür, dass der Berufsstand die Bedeutung von Biodiversität und Nachhaltigkeit in die betrieblichen Entscheidungen einfließen lasse. Man arbeite gerne auch mit Einrichtungen der Landkreise und des Landes aber auch mit Naturschutzorganisationen vor Ort zusammen. Wenn auch die ökonomischen Bedrängnisse der Landwirte Berücksichtigung finden würden, gehe das umso besser. Gleich ob konventionell oder ökologisch wirtschaftend, die Landwirte seien heute in hohem Maße bereit, die Prinzipien der Nachhaltigkeit und die Förderung der Artenvielfalt auch durch eigenes Tun zu hinterlegen. Das müsse auch die gesellschaftliche Akzeptanz verbessern.

Der DSK-Vorsitzende Dr. Helmut Born unterstrich in seinem Schlusswort diese Bereitschaft nachdrücklich. Bei den großen Themen der künftigen Ausgestaltung der EU- Agrarpolitik, der nationalen und europäischen Umweltpolitik, wie auch bei den vielen kleinen Maßnahmen vor Ort werde nach Lösungen gesucht, die dem Hamster und der Kornweihe ein Bleiberecht, dem entsprechend handelnden Landwirt aber ebenfalls eine Existenzsicherung und ein wirtschaftliches Standbein im Naturschutz ermöglicht. Der ländliche Raum müsse seit jeher unterschiedlichsten Anforderungen gerecht werden, der Erhalt unserer Artenvielfalt sei heute aber in seiner Bedeutung weit nach vorne gerückt.