| Hofgastronomie

Mindestlohnerhöhung – Was bedeutet das für die Hofgastronomie?

Die deutsche Mindestlohnkommission hat Ende Juni 2025 beschlossen, den Mindestlohn stufenweise bis zum Januar 2027 auf 14,60 Euro die Stunde anzuheben. Welche Auswirkungen hat diese Steigerung auf Betriebe mit Erwerbskombinationen allgemein und Hofgastronomie im Speziellen?

Stufenweise Steigerung des Mindestlohns auf 14,60 Euro

Der Mindestlohn liegt aktuell bei 12,82 Euro die Stunde und wird von der deutschen Mindestlohnkommission (siehe Infokasten unten) festgelegt. Nun hat sich diese auf eine Anhebung des Mindestlohns auf 13,90 Euro ab Januar 2026 und auf 14,60 Euro ab Januar 2027 geeinigt.

Insgesamt würden rund sechs Millionen Beschäftigte in Deutschland von einer Erhöhung profitieren. Allerdings könnten höhere Löhne für einige Unternehmen, insbesondere im Dienstleistungssektor oder im Niedriglohnbereich, zu einer finanziellen Belastung werden. Denn mit steigendem Mindestlohn werden durch höher bezahlte Arbeitskräfte oftmals Forderungen nach Gehaltssteigerungen laut, um den Abstand zum Mindestlohn zu wahren und die eigene Qualifikation sowie Berufserfahrung entsprechend zu würdigen. Gerade die Gastronomie gehört zu diesen betroffenen Branchen, weil hier viele geringfügig Beschäftigte arbeiten, welche in der Regel Mindestlohn erhalten. Steigende Personalkosten könnten zudem Preiserhöhungen im Wareneinkauf und für Dienstleistungen nach sich ziehen.

Wie viel Mehrbelastung heißt das für den Arbeitsgeber?

Bei einer Steigerung des Mindestlohns von aktuell 12,82 Euro auf 14,60 Euro ab 2027 ergibt sich eine Erhöhung von etwa 13,9 Prozent. Hier sind noch nicht die Lohnzusatzkosten, die der Arbeitgeber zu tragen hat, einberechnet, welche ebenfalls noch einmal mit aktuell etwa 31,5 Prozent (Minijob) bzw. 25,5 Prozent (festangestellt) Aufschlag auf den Stundenlohn, den der Arbeitnehmer erhält, zu Buche schlagen. Auch sollte in der Realität noch berücksichtigt werden, dass aufgrund von Ausfallzeiten mehr Stunden vom Arbeitgeber bezahlt als tatsächlich vom Arbeitnehmer erbracht werden.

Festangestellte (40 Stunden / Woche), die den Mindestlohn erhalten, hätten mit der Steigerung auf 14,60 Euro rund 310 Euro brutto pro Monat mehr in der Tasche. Wie viel nach Abzug der Steuern übrig bleibt, ist unter anderem von der Lohnklasse oder den Freibeträgen abhängig. Für Arbeitgeber dieser Festangestellten bedeutet die Erhöhung des Mindestlohns auf 14,60 Euro unter Einbezug der Lohnzusatzkosten eine Mehrausgabe von monatlich rund 390 Euro pro Mitarbeiter. Was sich im ersten Moment nach nicht allzu viel anhört, ergibt für einen Angestellten auf das Jahr gesehen bereits einen Mehraufwand von etwa 4.680 Euro. Diese Ausgaben müssen erst einmal erwirtschaftet werden, bei gleichzeitiger Gefahr, dass beispielsweise der Wareneinkauf durch die Lohnerhöhungen auch teurer wird.

In der nachfolgenden Tabelle wurden die Auswirkungen der Steigerung des Mindestlohns für eine beispielhafte Speise dargestellt:

Beispielspeise

Kalkulation mit Mindestlohn 12,82 € (bis Ende 2025)

Kalkulation mit Mindestlohn 14,60 € (ab Anfang 2027)

Warenkosten netto 

(30 % vom Netto-Umsatz)

  6,30 €

  6,30 €

Personalkosten

 

  6,30 €

(30 % vom Netto-Umsatz)

  7,17 €

(34 % vom Netto-Umsatz)

Sonstige variable & feste Kosten netto

  4,20 €

  4,20 €

Summe Kosten

16,80 €

17,67 €

Gewinnzuschlag

  2,52 €

  (15 %)

  1,65 € 

(ca. 9,3 %)

Netto-Verkaufspreis

19,32 €

19,32 €

Umsatzsteuer 19 %

  3,67 €

  3,67 €

Brutto-Verkaufspreis (gerundet)

23,00 € 

23,00 € 

Der aktuelle Brutto-Verkaufspreis der Speise beträgt 23,00 Euro. Hierbei liegt der Gewinnzuschlag bzw. Gewinn, aus dem der Betriebsleiter entlohnt wird, auf einem für die Branche üblichen Niveau von 15 Prozent. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden die aktuellen Kosten abgesehen von den Personalkosten in allen anderen Positionen beibehalten. Die prozentuale Steigerung des Mindestlohns wurde nun auf die aktuellen Personalkosten addiert. Im Ergebnis zeigt sich, dass bei einer Beibehaltung des gegenwärtigen Verkaufspreises von 23,00 Euro der Gewinnzuschlag aufgrund des gestiegenen Mindestlohns um fast sechs Prozentpunkte sinkt. Erfolgt keine Anpassung des Verkaufspreises, so verliert der Gastronom bei jeder Speise 0,87 Euro. Werden an 150 Öffnungstagen an jedem Abend 60 Speisen verkauft, so verringert sich der Gewinn bereits um 7.830 Euro im Jahr. Nicht berücksichtigt sind weitere Kostensteigerungen, z.B. durch einen gestiegenen Wareneinsatz. Folglich sind Preisanpassungen notwendig, da auch die Kosten für Zukaufprodukte aufgrund der steigenden Löhne in vielen Branchen zeitverzögert ebenfalls steigen werden.

Es ist anzumerken, dass die obigen Zahlen rein fiktiv sind und die Kostenanteile in der Realität deutlich höher liegen können. So müssten bei den Personalkosten mittlerweile nicht mehr, wie es bei gut laufenden Betrieben lange der Fall war, 30 Prozent, sondern eher 40 Prozent des Nettoumsatzes angesetzt werden, denn vielen Betrieben war es nicht möglich, die in den letzten Jahren gestiegenen Personalkosten an den Gast weiterzugeben. Manche Betriebe liegen jedoch auch jetzt schon über der Marke von 40 Prozent, welche häufig zu Verlusten führt. Hier ist dringender Handlungsbedarf erforderlich.

Welche Preiserhöhung mit dem Mindestlohn ab 2027 mindestens notwendig ist, um wieder auf den vorherigen Gewinnzuschlag von 15 Prozent zu kommen, zeigt die nachfolgende Tabelle:

Beispielspeise

Kalkulation ohne Anpassung Gewinnzuschlag

Kalkulation mit Anpassung Gewinnzuschlag

Warenkosten netto 

(30 % vom Netto-Umsatz)

  6,30 €

  6,30 €

Personalkosten 

(34 % vom Netto-Umsatz)

  7,17 €

  7,17 €

Sonstige variable & feste Kosten netto

  4,20 €

  4,20 €

Summe Kosten

17,67 €

17,67 €

Gewinnzuschlag 

  1,65 €

  (9,3 %)

  2,65 €

   (15 %)

Netto-Verkaufspreis

19,32 €

20,32 €

Umsatzsteuer 19%

  3,67 €

  3,86 €

Brutto-Verkaufspreis (gerundet)

23,00 €

24,18 €

Es wird deutlich, dass die Speise um 1,18 Euro beziehungsweise etwa 5,1 Prozent teurer verkauft werden muss, wenn der Betrieb wieder 15 Prozent Gewinnaufschlag erreichen möchte. Die Höhe der Warenkosten, bei denen wie erwähnt auch eine Steigerung erwartet wird, ist zur besseren Vergleichbarkeit in der obigen Tabelle gleich geblieben. Jedoch müssen zukünftig auch für diese Kostenposition Steigerungen einkalkuliert werden, sodass die Speise in der Realität dann noch teurer angeboten werden müsste.

Fazit

Die Steigerung des Mindestlohns in den nächsten beiden Jahren stellt Betriebe mit Erwerbskombinationen vor große Herausforderungen. In der Gastronomie wird die von der Regierungskoalition für 2026 geplante Senkung der Umsatzsteuer auf Speisen im Vor-Ort-Geschäft von 19 auf sieben Prozent die negativen Auswirkungen etwas abfedern bzw. weitere starke Preiserhöhungen möglicherweise verhindern können, allerdings ist diese noch nicht final beschlossen. Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter müssen auch zukünftig weiterhin Preissteigerungen vornehmen, damit sie einen angemessenen Lebensunterhalt für sich erwirtschaften sowie ihren Betrieb in gleicher Qualität aufrechterhalten können. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, die steigenden Kosten genau im Blick zu haben, die eigene Preisgestaltung regelmäßig zu überprüfen, Arbeitsprozesse im Betrieb zu optimieren und mit einer guten Kommunikation den Gästen gegenüber die Produkte auch zu vermarkten.

Das Referat Erwerbskombinationen der Landwirtschaftskammer unterstützt Sie gerne bei der Preiskalkulation und der Optimierung von Vermarktungskonzepten. Kontakt Erwerbskombinationen: https://www.lwk-rlp.de/beratung/erwerbskombinationen/beratungsteam-erwerbskombinationen

Mindestlohn in Deutschland

Die deutsche Mindestlohnkommission überprüft alle zwei Jahre eine mögliche Anpassung des Mindestlohns und besteht aus führenden Vertretern der Gewerkschaften sowie der Arbeitgeber. Der daraus resultierende Beschluss wird anschließend von der Bundesregierung per Verordnung umgesetzt. Laut der EU-Mindestlohn-Richtlinie soll der Mindestlohn 60 Prozent des mittleren gesamtwirtschaftlichen Lohnes eines Vollzeitbeschäftigten (= Medianlohn) betragen, womit der Mindestlohn in Deutschland laut dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) bereits jetzt auf 15,13 Euro steigen müsste. Die neue Regierungskoalition hat festgehalten, dass sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an den Tarifentwicklungen als auch den 60 Prozent des Medianlohns orientieren wird. Seit 1. Januar 2025 liegt die Lohnuntergrenze bei 12,82 Euro. Damit stieg auch automatisch die Minijob-Grenze, die 2024 bei 538 Euro lag, auf 556 Euro pro Monat an. Der Grund: Bei der Erhöhung im Jahr 2022 wurde festgelegt, dass sich die Verdienstgrenze künftig dynamisch an den geltenden Mindestlohn anpasst. Steigt der Mindestlohn, steigt auch die Grenze, bis zu der keine Sozialversicherungsbeiträge auf den Lohn anfallen. Die anstehenden Mindestlohnerhöhungen im Jahr 2026 auf 13,90 Euro und 2027 auf 14,60 Euro wirken sich damit ebenfalls auf die Minijob-Grenze aus. Im Jahr 2026 dürfen Minijobber voraussichtlich maximal 603 Euro verdienen, im Jahr 2027 sind es 633 Euro.

#Themen

EK, Gastro

Teilen

Zurück