Vor Ort über spannendes Braugerstenjahr informiert

Die Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V. lud wieder zur Braugerstenrundfahrt ein. Tags zuvor fand im engen Kreis des Technischen Ausschusses die TA-Rundfahrt statt.

Die Braugerstenrundfahrt führte in bewährter Zusammenarbeit mit dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR), diesmal mit dem DLR Westerwald-Osteifel, in die Region Mendig/Kruft.

Wieder ein spannendes Braugerstenjahr

In der Vulkanbrauerei begrüßte der Erste Vorsitzende ÖR Heribert Metternich die zahlreichen Mitglieder und Gäste. „Das Frühjahr mit dem dringend benötigten Niederschlag gab Grund auf ein gutes Braugerstenjahr zu hoffen. Allerdings musste die Aussaat durch die nassen Bedingungen bis zu vier Wochen verschoben werden und seit Mitte Mai ist kein signifikanter Regen mehr gefallen“ stellte Metternich fest. Die Anbaufläche für Sommergerste ist im Vergleich zum Vorjahr etwas rückläufig mit 31.500 ha (Vergleich 2022: 32.500 ha). „Die Preisprognose ist aktuell durch mehr Nachfrage als Angebot positiv, es ist mit steigenden Preisen zu rechnen“ berichtet der Vorsitzende.

Die Kreisbeigeordnete des Landkreises Mayen-Koblenz Judith Lehnigk-Emden blickt in ihrer Begrüßung auf die Bierproduktion in der Region zurück. „Regionalität ist Naturschutz. Die gesamte Wertschöpfungskette muss von Profis übernommen werden“. Sie dankt allen Beteiligten, die sich bei der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V. zusammengeschlossen haben und sich damit für die Wertschöpfungskette in Rheinland-Pfalz einsetzen.

Ebenfalls ließ es sich Walter Kill, Bürgermeister der Stadt Kruft und selbst Landwirt nicht nehmen, ebenfalls ein paar Grußworte an die Gäste zu richten. „Es schlagen stets zwei Herzen in meiner Brust: das für die Landwirtschaft schlägt meistens höher“ spricht Kill, der zusammen mit seinem Sohn Mathias Kill einen klassischen Ackerbaubetrieb führt und dieses Jahr die Fläche für die Sortendemo zur Verfügung gestellt hat. „Kruft ist kein typisches Anbaugebiet für Sommergerste aufgrund der leichten Böden und Vorsommertrockenheit. Jedoch ist Kruft offen für Neues und probiert gerne aus“ stellte Walter Kill fest.

Braugerste und Wasserschutz

Im Rahmen des EIP-Agri Projektes AKWA, Betreuung durch das DLR Westerwald-Osteifel, wird untersucht, in welchem Ausmaß Nitrateinträge durch verschiedene Landbewirtschaftungsmaßnahmen minimiert werden können. Mit Hilfe von Wasserschutzfruchtfolgen soll untersucht werden, ob sich die Nitrateinträge in das Grundwasser minimieren lassen, gleichzeitig wird auch die betriebliche Wirtschaftlichkeit betrachtet und welchen Einfluss die Fruchtfolge auf die Biodiversität hat. In diesem Zusammenhang wurde eine Praxisfläche mit der Sorte Quench besichtigt. Da die Sommergerste weniger Aufwand an Dünger und Pflanzenschutz hat, bietet sich eine solche Kultur in einem Wasserschutzgebiet an. In wieweit sich die Kultur in dieser Region etablieren kann, wird das EIP-Projekt zeigen.

Etablierte und neue Sorten in der Sortendemo

Auf den Züchterflächen, bereitgestellt und betreut vom Betrieb Mathias Kill, wurden in diesem Jahr in Kruft acht neue oder noch immer aktuelle Braugerstensorten von Vertretern der jeweiligen Züchterhäuser vorgestellt und begutachtet. Im Einzelnen waren dies die Sorten Sting, RGT Planet, Amidala, Rosy GS 3360, Lexy, LG Flamenco, LG Caruso und Ostara. Die Fläche wurde am 04.04.2023 mit 300 Körnern/m2 (Amidala mit 330 Körnern/m2) gesät. Alle Sorten unterlagen der gleichen Düngung und Pflanzenschutzbehandlung. Die Sorten präsentierten sich vergleichsweise gut entwickelt. Der Bestand wurde vier Wochen später gesät, als angedacht, was auf die Niederschläge im März/April zurückzuführen ist.

TA-Rundfahrt

Bereits einen Tag vor der Braugerstenrundfahrt trafen sich die Mitglieder des Technischen Ausschusses der Fördergemeinschaft zu ihrer alljährlichen TA-Rundfahrt. Gemeinsam mit Thomas Warken, Raiffeisen Bezugs- und Absatzgenossenschaft Kirchberg, begrüßte der stellvertretende Vorsitzende der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V., Dr. Georg Stettner, die Teilnehmer der TA- Rundfahrt und führte in die Thematik des Tages ein. Ziel dieser Fahrt sei es, die aktuell in Berlin diskutierten neuen Sommerbraugersten-Sorten zu begutachten: in diesem Jahr die Sorten Sting (Saaten-Union) und LG Caruso (LG Seeds), vergleichend mit der Sorte Avalon (Zuchthaus Breun, Vertrieb Hauptsaaten).

Die beiden neuen, vom Bundessortenamt zugelassenen Sorten, wurden im März 2022 vom Technischen Ausschuss der Fördergemeinschaft, in Anlehnung an die Empfehlungen anderer Braugersten-Gemeinschaften, für den „großtechnischen Versuchsanbau“ in Rheinland-Pfalz ausgewählt.  Neben dem großflächigen Praxisanbau (jeweils ca. 20 ha, in zwei unterschiedlichen Naturräumen; in einer Höhenlage, z.B. im Hunsrück und in einer Wärmelage, z. B. in Rheinhessen, unter Praxisbedingungen) ist vorrangiges Ziel dieses Anbaus, vor allem die großtechnische Vermälzung und Verarbeitung zu Bier in größeren Einheiten zu testen. 

Verzögerte Aussaat in den Höhenlagen

Zuerst wurden vom TA die von der Fördergemeinschaft Braugerste RLP e.V. geförderten Praxisbestände in der Region um Blankenrath (im Hunsrück) und später in Worms-Abenheim begutachtet. Die Fahrt begann mit der Besichtigung der Sorten LG Caruso und Avalon, angebaut von Jürgen Wilhelms in Liesenich. Beide Sorten konnten erst Ende April gesät werden. Insgesamt hat die Wärmesumme gefehlt, durch die kalten Böden als Folge konnten die Nährstoffe nicht gut verteilt und von den Pflanzen aufgenommen werden. Die Bestände standen recht kurz und lückig mit nur einem gebildeten Trieb. Die Sorte Sting, angebaut von Josef Treins, Forst, konnte ebenfalls erst deutlich später ausgesät werden und auch hier hat die Wärmesumme gefehlt. Der Bestand stand insgesamt besser, was auf die rein organische Düngung zurückgeführt wurde. Die Besonderheit bei dem Bestand: Es wurden lediglich 280 KÖ/m2 ausgesät, anstelle 350 KÖ/m2.

Außer planmäßig wurden im Hunsrück eine weitere Fläche mit der Sorte Lexy und Desiree angefahren. Lexy wurde noch später, als die diesjährigen Sorten im TA-Anbau ausgesät. Der Bestand zeigte sich sehr licht und ebenfalls ohne Seitentriebe. Zum Vergleich wurde die Wintergerstensorte Desiree betrachtet. Diese stand gleichmäßig und gut entwickelt da. Hier zeigten sich die Vorteile der längeren Vegetationsperiode.

Im Süden des Landes wurden alle drei Sorten Sting, LG Caruso und Avalon, im Betrieb Christoph Lohr, Worms-Abenheim, angebaut und betreut durch Johannes Schilling, Monsheim.

Die Sorten wurden alle Ende Februar ausgesät, dementsprechend waren die Bestände wesentlich weiter in der Entwicklung. Die Sorten bildeten ebenfalls wenig Wurzelwerk aus, wodurch auch hier kaum Seitentriebe ausgebildet wurden. Der letzte Niederschlag fiel in der Region Mitte Mai. Die Sorte Sting reagiert, mehr als die anderen beiden Sorten LG Caruso und Avalon, auf Bodenunterschiede, weshalb der Bestand mehrere Entwicklungsstufen zeigten. Die Ernteprognose lag bei Ende Juni, sollte das Wetter so bleiben. Auch im Süden wurden außerplanmäßig Flächen angefahren. Zum einen wurde eine Fläche mit der Sorte Leandra besichtigt, wobei Herbst- und Frühjahrsaussaat nebeneinanderstanden. Gerade in den Wärmeregionen, wie Rheinhessen wird die Sommergerste zunehmend im Herbst ausgesät, um die Feuchtigkeit über den Winter mitzunehmen. Durch die längere Vegetationsperiode sind in der Regel aber auch mehrere Pflanzenschutzmaßnahmen nötig. Zum Abschluss wurde eine Fläche mit der Sorte Sting und zudem Beregnung besichtigt. Durch die Beregnung stand der Bestand sehr gut da und deutlich vitaler, was den Faktor Wasser als ertragsbegrenzend aufzeigt.

Wie die Jahre zuvor fand auch dieses Mal die Abschlussbesprechung der TA-Rundfahrt im Hofgut Wiesenmühle von Dr. Gerhard Schilling in Monsheim statt.

Fazit:

Was sich bei beiden Rundfahrten und unterschiedlichen Anbauregionen flächendeckend zeigte, sind die wenig ausgebildeten Wurzeln der Sommergerste in diesem Jahr. Durch das sehr regenreiche Frühjahr war genug Wasser für die Kultur vorhanden, weshalb diese kaum bis keine Tiefwurzeln gebildet hat. Dazu kamen die kühlen Temperaturen, die eine fehlende Wärmesumme zur Folge hatte, wodurch Nährstoffe nicht gut verfügbar waren. Die Folge sind wenige bis keine ausgebildeten Seitentriebe. In Jahren, wo bereits im Frühjahr die Trockenheit dominierte, waren die Kulturen gezwungen tiefere Wurzeln zu bilden, um an Wasser in unteren Bodenschichten zu gelangen.

Isabelle Sando, LWK Rheinland-Pfalz