Von der Konditorin zur Kellermeisterin

Die Liebe verschlug Romy Kiebler zwar von Groß-Winternheim nach Klein-Winternheim. Ihrer Heimat Rheinhessen ist sie aber treu geblieben, genau wie ihrer Leidenschaft zum Wein. Mit ihrem Mann Stephan hat die Weinbautechnikerin das Weingut Schreiber-Kiebler der Schwiegereltern übernommen. Hier kümmert sie sich als Kellermeisterin in erster Linie um den Ausbau der Weine. Seit die 39-Jährige am Werk ist, hat sie viele neue Ideen entwickelt und umgesetzt. Wie zum Beispiel ihre Koordinaten-Linie.

49°52´47.86´´N 8°12´11.51´´O – nein, dahinter steckt kein Geheimcode. Es handelt sich um die Koordinaten von Romy Kieblers aktuellem Lieblingswein, dem 2015er Spätburgunder aus dem Sörgenlocher Moosberg. „Unsere Weinberge liegen in den Gemarkungen Klein-Winternheim, Ober-Olm und Sörgenloch“, erklärt sie. „Dort gibt es jedoch jeweils nur eine Lage. Wir wollten die Herkunft der Weine aber genauer kennzeichnen.“ So entstand vor einiger Zeit die Idee, dies mit den Koordinaten des entsprechenden Weinbergs zu tun. Daraus entwickelt hat sich die Koordinaten-Linie, aus der jedes Jahr ein Spätburgunder, ein Riesling und ein Chardonnay entstehen. „Das ist unsere edle Linie. Hier probiere ich zum Beispiel durch eine lange Maischestandzeit und Spontanvergärung das Terroir so gut wie möglich herauszukitzeln.“ Die Koordinaten der edlen Tropfen prangen auf dem Etikett. Wer Lust hat, kann sie benutzen, um sich beim Geocaching auf die Suche nach den Weinbergen zu machen. Neben diesem exquisiten Trio geht es der Winzerin darum, „gute Weine, die einfach Spaß machen,“ zu kreieren. „Gute Qualität zu einem fairen Preis – das finde ich absolut wichtig.“ 25 verschiedene Weine produziert das Weingut auf rund zwölf Hektar Rebfläche. Die Palette reicht von Riesling, Chardonnay und Grauburgunder über Silvaner, Morio Muskat und Huxelrebe bis hin zu Spätburgunder, Portugieser und Saint Laurent.

Mit Fachwissen und Leidenschaft
Vor neun Jahren stieg Romy Kiebler in den Betrieb ein. Damals lief der Weinbau eher nebenher, da die Kieblers auch Ackerbau betreiben. „Wir haben uns entschieden, gezielter ins Flaschenweingeschäft einzusteigen.“ Als Kellermeisterin bringt Romy Kiebler nun ihr Fachwissen und ihre Leidenschaft ein – mit Erfolg. Im vergangenen Jahr wurden alle bis auf einen ihrer bei der Landwirtschaftskammer angestellten Weine mit einer Kammerpreismünze ausgezeichnet. „Das zeigt mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Bis dorthin war der Weg jedoch steinig. Zwar wollte Romy Kiebler immer Winzerin werden. Doch fast hätte eine Allergie ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Mein Arzt riet mir davon ab, im Keller zu arbeiten, da sich dadurch mein Asthma verstärken würde“, erinnert sie sich. Die damals 16-Jährige entschied sich für eine Konditorlehre und arbeitete einige Jahre in diesem Bereich. Ja, auch diese Tätigkeit hat mit dem Verarbeiten von Rohstoffen und mit Genuss zu tun. Ihr eigentlicher Traumberuf ließ Romy Kiebler aber nie los. Und so folgte sie ihrem Herzen und machte doch noch eine Winzerlehre und anschließend ihren Weinbautechniker. „Das war meine beste Entscheidung!“, strahlt die Zweifachmama.

Vier Generationen auf dem Hof
Natürlich ist Romy Kiebler nicht allein für das Weingut verantwortlich. Schwiegervater Franz und ihr Mann Stephan kümmern sich um den Außenbetrieb, Schwiegermutter Brigitte ist fürs Büro und mit Romy für die Vermarktung zuständig. Außerdem unterstützt ein festangestellter Mitarbeiter die Familie. Und dann ist da noch Oma Maria Schreiber, die den ersten Teil zum Weingutsnamen beigesteuert hat. Die 88-Jährige ist die gute Seele und lässt es sich nicht nehmen, jeden Tag für alle zu kochen. „Vier Generationen leben bei uns unter einem Dach. Das schätze ich sehr“, sagt Romy Kiebler. Auch zu ihren Eltern in Groß-Winternheim pflegt sie regen Kontakt. „Wir arbeiten immer mehr zusammen und haben vor, ihr Ökoweingut weiterzuführen, wenn sie aufhören möchten. So bleibt es in der Familie.“
Apropos Familie: Im Weingut Schreiber-Kiebler steht die nächste Generation schon in den Startlöchern. Sohn Simon will auf jeden Fall in die Landwirtschaft. Mit seinen sieben Jahren hat er aber noch etwas Zeit. Bei Tochter Julia ist es da schon konkreter. Sie macht gerade ihr Abitur und schließt daran eine Winzerlehre an.  „Wir sind sehr stolz, dass sie diesen Weg einschlägt.“ Gemeinsam arbeiten alle daran, guten Wein zu produzieren und diesen immer bekannter zu machen.
Wer neugierig geworden ist und das Weingut Schreiber-Kiebler näher kennen lernen möchte, kann sich auf der Internetseite www.schreiber-kiebler.de informieren. Es lohnt aber auch ein Ausflug nach Klein-Winternheim in die Vinothek, zum Weinbergsfest am roten Weinbergshäuschen am 30. Mai oder zum „Halt-Dich-Fest“ an Pfingsten.