Kooperation statt Konfrontation

Landwirtschaftskammer setzt auf Verständigung zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft.

In einem Beitrag zum Schwerpunktthema Wasser der Rheinischen Bauernzeitung wird aufgezeigt, wie Konfrontation durch frühzeitige Kooperation verhindert werden kann.

Gewässerschutz ist wichtig, das betrifft unser Trinkwasser, die in Rheinland-Pfalz reichlich vorhandenen Grundwasservorräte und auch alle Oberflächengewässer von natürlichen Seen über Stauseen, kleine Bäche bis hin zum Rhein. Ohne jeden Zweifel ist der Schutz all dieser Gewässer auch ein wichtiges Anliegen der Landwirtschaft. Damit es zu einer Kooperation zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft kommt und die Diskussion nicht durch falsche Vorwürfe und unberechtigte Erwartungen geprägt wird, die zu einer Konfrontation führen können, bedarf es einer sachlichen und offenen Auseinandersetzung zu allen Fragen rund um die Thematik Wasser/Landwirtschaft.

Es gibt wohl wenige andere Fachdisziplinen, die in so vielen Punkten in Verbindung mit der Landwirtschaft stehen wie die Wasserwirtschaft. Es ist nicht nur an die mögliche Grundwasserbelastung mit Nitratüberschüssen aus der landwirtschaftlichen Produktion oder die Belastung von Oberflächengewässern mit Nährstoffen zu denken, es ist auch die Frage der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und der Umgang mit der Technik, die Lagerung von Silage und Gülle und das Ausbringen der Gülle und nicht zuletzt alle Fragen um Starkregenereignisse, Hochwasserereignisse und der vorbeugende und technischen Hochwasserschutz. Naturferne Gewässerstrukturen sind allerdings nicht durch die Landwirtschaft verursacht, sondern das Ergebnis der Planung wasserwirtschaftlicher Ingenieure der letzten 25 Jahre. Diese haben in der Vergangenheit auch die Errichtung von Drainagen möglich gemacht. Eine große Bedeutung für die Landwirtschaft hat auch die landwirtschaftliche Feldberegnung, im Süden des Landes noch mehr als im Norden, aber auch der Qualitätsobstbau rund um Koblenz ist dringend auf Beregnungswasser angewiesen. Und nicht zuletzt haben auch die Diskussionen um den Klimaschutz eine wasserwirtschaftlich/landwirtschaftliche Bedeutung, wenn man die Überlegungen zur Wiedervernässung von Moorstandorten – auch in Rheinland-Pfalz – vor Augen hat.

Vielen dieser Fragen wird in dieser Ausgabe der Rheinischen Bauernzeitung ausreichend Raum gegeben. Jeder für sich analysiert und macht Vorschläge wie Gewässerschutz in seinem Aufgabenfeld am besten realisiert werden kann. Dabei sind auf Grund der Vielzahl der Schnittstellen landwirtschaftliche Betriebe immer wieder Adressat von gesetzlichen Regulierungen oder Maßnahmenvorschlägen. Und wie so oft ruft das Ordnungsrecht, das der Wasserwirtschaft in vielen Fällen zur Verfügung steht eine Haltung der Ablehnung bei der Landwirtschaft aus. Daher muss der Frage nachgegangen werden, ob es statt Ablehnung und Konfrontation nicht auch Möglichkeiten der Kooperation von Landwirtschaft und Wasserwirtschaft gibt.

Ein breiter Katalog des Ordnungsrechtes

Das Handlungsportfolio der Wasserwirtschaft ist groß. Gesetzliche Bestimmungen der EU, des Bundes und der Länder werden ergänzt durch Rechtsverordnungen, Erlasse und Merkblätter. Ob Düngeverordnung, Trinkwasserverordnung, Grundwasserverordnung, Pflanzenschutzmittelzulassungs- und anwendungsverordnung, der Regelungsmöglichkeiten sind fast keine Grenzen gesetzt. Das Flurbereinigungsgesetz erfordert eine umfassende Berücksichtigung wasserwirtschaftlicher und naturschutzfachlicher Kriterien, das Erosionskataster hat die Landwirtschaft in den vergangenen Monaten erheblich in Wallung gebracht und Hochwasserschutzkonzepte (Deichrückverlegungen), Überschwemmungsgebiete sowie Auflagen des Naturschutzes betreffen ebenfalls die landwirtschaftliche Nutzung. Eine große Verbindlichkeit, aber auch Betroffenheit ruft die Wasserrahmenrichtlinie hervor, die 2015 in ihren zweiten Bewirtschaftungszyklus startet. Die Konkretisierung aller Maßnahmen leitet sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes, des Landeswassergesetzes des Landes Rheinland-Pfalz und vor Ort in den Wasserschutzgebietsverordnungen der Wasserversorger ab. Es wird einem schier schwindelig, wenn man all diese Regelungsbereiche vor Augen hat, und die Wahrscheinlichkeit ist groß, tagtäglich gegen irgendwelche Bestimmungen verstoßen zu können.

Kooperation hat Tradition, muss aber gepflegt und weiterentwickelt werden

Kooperation zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft muss in Rheinland-Pfalz nicht neu erfunden werden. Sie hat sich in den vergangenen Jahren trotz der vielen Regelungsmöglichkeiten bewährt. Meistens spricht man miteinander, anstatt den Partner mit Verboten zu überfordern. Die Zusammenarbeit mit der Wasserwirtschaft hat in der Vergangenheit aber nur dort funktioniert wo es gelungen ist, keine unberechtigten Vorwürfe und maßlosen Forderungen an die Landwirtschaft zu stellen. Bei allen Schnittstellen zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft muss man daher immer hinterfragen welche Vorwürfe an die Landwirtschaft sind berechtigt und welche sind aus der Luft gegriffen oder entsprechend ein „Mainstream“, der sich gerade in der öffentlichen Diskussion gerne wiederfindet. Tatsächliche Defizite müssen offen angesprochen werden. Hier gibt es auch einen Kooperationswunsch von Seiten der Landwirtschaft. Unberechtigterweise vorgetragene Pauschalkritik, wie z. B. die „landwirtschaftliche Intensivierung ist an den zunehmenden Hochwasserereignissen Schuld“, helfen in dieser Diskussion jedoch nicht. Dies gilt auch für den Vorwurf „die Landwirtschaft vergiftet unser Trinkwasser“. Das Trinkwasser in Rheinland-Pfalz hat eine hervorragende Qualität. Davon zeugen auch die vielen Mineralbrunnen in unserem Land. Die Wasserrahmenrichtlinie gibt Hinweise wo es noch Grundwasserkörper und Oberflächenwasserkörper gibt, die auch mit Hilfe der Landwirtschaft in einen besseren Zustand überführt werden können. Das lange Gedächtnis der Grundwasserströme sagt uns aber auch, dass Maßnahmen von vor 20 Jahren heute erst ihre Wirkung zeigen, so dass auch Maßnahmen, die wir heute ergreifen, möglicherweise erst mittel- und langfristig eine Wirkung zeigen werden.

Die Landwirtschaft mitnehmen

Die Entwicklung des Projektes Gewässerschonende Landwirtschaft, das in diesem Heft vorgestellt wird, geht auf eine maßgebliche Zusammenarbeit und Mitwirkung mit der Landwirtschaftskammer in den letzten eineinhalb Jahren zurück. Insbesondere die gezielte Beratung in Wasserschutzgebieten hat sich in anderen Ländern bereits bewährt und wird daher auch in Rheinland-Pfalz von Seiten der Landwirtschaft unterstützt. Kooperation zwischen Wasserwirtschaft und Landwirtschaft bedeutet aber nicht nur, die Landwirtschaft davon zu überzeugen, dass es bestimmte Defizite und einen entsprechender Handlungsbedarf gibt, wie zum Beispiel die angepasste Stickstoffdüngung, die pflanzengerechte Ausbringung von Wirtschaftsdüngern und die erosionsmindernde Bodenbearbeitung, sondern Kooperation bedeutet auch auf die Belange der Landwirtschaft bei wasserwirtschaftlichen Fragen Rücksicht zu nehmen. Erst wenn diese gegenseitigen Erwartungen und möglichen Maßnahmen und Handlungsfelder im Gleichklang erörtert und umgesetzt werden, kann Kooperation gelingen. Die Erwartungen der Landwirtschaft fangen bei ganz einfachen Maßnahmen an, wie der ausreichenden Sicherstellung der Versorgung des Viehs mit Tränkewasser am Hof, auf der Weide aus Brunnen oder direkt aus dem Bach. Die kostengünstige und wasserwirtschaftlich akzeptable Abwasserentsorgung im ländlichen Raum von Aussiedlerhöfen über die eigene Güllegrube hat sich ebenfalls bewährt und wird von der Landwirtschaft auch als zukünftig akzeptabel angesehen. Der Blick in die Zukunft ist mit dem Wissen über den Klimawandel verbunden mit einem zunehmenden Bedarf der landwirtschaftlichen Feldberegnung, insbesondere bei den Sonderkulturen. Eine schon lange andauernde Grundsatzdiskussion mit den gewässerunterhaltungspflichtigen Kommunen ist die Frage der Vermeidung von Vernässungen landwirtschaftlicher Flächen durch eine ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung und die Aufrechterhaltung der Funktion von Drainagen. Fehlende Einsicht bei Kommunen und Kreisen als Gewässerunterhaltungspflichtige führt nicht gerade zu einer Bereitschaft der Landwirtschaft, beim Gewässerschutz auf Kooperationen zu setzen. Zum Schutz der Gewässer ist es der Wasserwirtschaft ein großes Anliegen, den Oberflächengewässern nicht nur Entwicklungsraum in sogenannten Korridoren zu geben, für die das Land gerne Flächen erwerben möchte, sondern man erwartet – ganz im Sinne des Kooperations- und Freiwilligkeitsgedankens – auch die Schaffung von Gewässerrandstreifen durch Eigeninitiative landwirtschaftlicher Betriebe. Die Landwirtschaftskammer unterstützt dieses Ansinnen, allerdings gibt es noch eine Vielzahl offener Fragen, die auch formuliert, aber leider noch nicht beantwortet sind und ohne deren Klarstellung die freiwilligen Randstreifen noch vor einer großen Hürde stehen. Das Projekt Gewässerschonende Landwirtschaft wird zunächst in enger Zusammenarbeit von den Wasserversorgern mit der jeweiligen örtlichen Landwirtschaft in Angriff genommen. Hier schließt sich aber noch einmal der Kreis zum Ordnungsrecht. Denn jedes Wasserschutzgebiet hat seine Grundlage auch in einer Rechtsverordnung mit Gebietsdarstellungen und Verboten. Gerade in jüngster Vergangenheit zeigt sich, dass es Entwürfe zu Wasserschutzgebieten und Verboten gibt, die in der landwirtschaftlichen Praxis viele Fragen hervor rufen. Wasserschutzgebiete werden aus Vorsorgegesichtspunkten errichtet. Wenn aber Schutzgebietsausweisungen den Grundstückseigentümern und der Landwirtschaft nicht vermittelt werden können, ist die Hürde für eine Kooperation recht hoch.

Kooperation kann gelingen

Wenn man sich aller Fragen bewusst ist, die von Seiten der Wasserwirtschaft an die Landwirtschaft gestellt werden, aber auch von der Landwirtschaft an die Wasserwirtschaft und man offen mit allen Fragen umgeht, kann der Gewässerschutz mit der Landwirtschaft funktionieren. Eine klare Analyse der Ist-Zustände, die Vermeidung von pauschalen Vorwürfen und die gleichzeitige Einsicht, dass auch die Landwirtschaft in ihrem Strukturwandel und ihrer Weiterentwicklung Anforderungen an die Wasserwirtschaft hat, sind Grundvoraussetzungen dafür, dass die Kooperation zwischen den Partnern gelingen kann.

Ralph Gockel, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach