Für Agrarstruktur von besonderer Bedeutung

Seminar zum Thema Grundstücksverkehrsgesetz für ehrenamtliche Richter.

Die Agrarstruktur braucht zusammenhängende, ökonomisch zu bearbeitende, durch ein gutes Wegenetz verbundene Flächen. Das Grundstücksverkehrsgesetz als Rechtsgrundlage und kompetente Richterinnen und Richter in der juristischen Praxis

sind deshalb für den Erhalt einer leistungsfähigen Agrarstruktur von besonderer Bedeutung.“ Mit diesem klaren Bekenntnis eröffnete der Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz Heribert Metternich das Seminar ‘Aktuelle Probleme des Grundstückverkehrsrechts‘  für ehrenamtliche Richter/-innen in Landwirtschaftsverfahren. Die Kammer hatte dafür den Tagungsraum im Bad Kreuznacher Haus der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt.

Rd. 50 Teilnehmer füllten den Raum und machten den hier bestehenden Informationsbedarf deutlich. Alfons Schnabel, Direktor der Landwirtschaftskammer, Hasso Lieber, Vorsitzender des Bundesverbands ehrenamtlicher Richterinnen und Richter und Studienleiterin Dr. Mechtild Baumann begrüßten und führten in die Thematik ein.  Das Phänomen Flächenkonkurrenz  zwischen landwirtschaftlichen Flächen und Siedlungs-, Gewerbe-, Energie- undVerkehrsflächen birgt Streitpotenzial bei unterschiedlichen Interessenslagen. Verschiedene Referenten zeigten Aspekte der Anwendung des Grundstücksverkehrsgesetzes in der Praxis auf.

Für die Landwirtschaftskammer referierten Walter Böß und Ralph Gockel. Seit 1961 gibt es in der Bundesrepublik Deutschland das Grundstückverkehrsgesetz. Die eigentliche Bezeichnung des Gesetzes lautet "Gesetz über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe". Damit wird deutlich, welche Zielsetzung man 1961 verfolgt hat, nämlich die Sicherstellung der Ausstattung landwirtschaftlicher Betriebe mit Eigentumsflächen. Im Laufe der letzten 50 Jahre hat es immer wieder kleine Änderungen an dem Gesetz gegeben, zum Teil auch in den landesrechtlichen Bestimmungen. Wegen des angeblich allgemeinen Rückgangs der Bedeutung der Landwirtschaft und der von manchen Teilen der Politik geforderten Freiheit des Landerwerbs stand das Gesetz immer wieder in der Diskussion. Gerade in der heutigen Zeit des Flächendrucks und des Landgrabbing wird deutlich, dass das Gesetz nach wie vor eine hohe Bedeutung für den landwirtschaftlichen Berufsstand hat.

Das Grundstückverkehrsgesetz beinhaltet im Wesentlichen vier Teile, die für die Landwirtschaft von Bedeutung sind. Zum Einen die Pflicht zur Genehmigung der Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke. Dabei hat man vor 20 Jahren in Rheinland-Pfalz eine Freigrenze bestimmt, wonach Rebflächen unter 0,1 ha ohne Genehmigung  veräußert werden können und land- und forstwirtschaftliche Grundstücke unter 0,5 ha keiner Genehmigung bedürfen. Alle anderen Grundstücke, soweit sie landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des Gesetzes sind, bedürfen beim Verkauf einer Genehmigung, die durch die zuständige Untere Landwirtschaftsbehörde, die in Rheinland-Pfalz bei den Kreisverwaltungen und den Stadtverwaltungen angesiedelt ist, ausgesprochen wird. Wesentliches Merkmal des Grundstückverkehrsgesetzes ist, dass es die Möglichkeit gibt, eine Veräußerung von landwirtschaftlichen Grundstücken an Nicht-Landwirte zu versagen. Auf die hierfür erforderlichen Voraussetzungen wird im Weiteren noch eingegangen.

Noch stärker als die Möglichkeit einen Verkauf zu versagen, ist die Möglichkeit, das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht auszuüben. Dies ist ab einer Flächen von 2 ha LF aufwärts möglich. Auch auf diesen Punkt kann in der Kürze nicht eingegangen werden.

Der vierte wesentliche Teil des Grundstückverkehrsgesetzes ist die gerichtliche Zuweisung landwirtschaftlicher Betriebe. Hier übernimmt das Grundstückverkehrsgesetz eine Sonderstellung gegenüber dem BGB zu Fragen der Erbauseinandersetzung.

Der übliche Ablauf nach dem Grundstückverkehrsgesetz besteht aus der Verpflichtung eines Notars, bei ihm abgeschlossene Verträge zur Veräußerung landwirtschaftlicher Grundstücke oberhalb der genannten Freigrenze den Genehmigungsbehörden vorzulegen. Diese haben die Pflicht, innerhalb von vier Wochen eine Entscheidung zu treffen oder mindestens eine Zwischennachricht an den Notar zu schicken. Unterbleibt dies, erfolgt eine automatische Genehmigung des Vertrages durch Fristablauf. Innerhalb dieser vier Wochen (oder bei einer Verlängerung der Frist um weitere vier Wochen) hat die Genehmigungsbehörde zu prüfen,

-        ob es sich bei dem Grundstück um ein landwirtschaftliches Grundstück handelt,

-        ob das Grundstück unter der Freigrenze liegt und damit genehmigungsfrei ist,

-        ob bei Grundstücken über der Freigrenze der Erwerber den Status "landwirtschaftlicher Unternehmer" hat,

-        ob bei Nicht-Landwirten als Käufer eventuell Landwirte Interesse haben, das Grundstück zu kaufen.

Zu diesem Zweck veröffentlicht die Genehmigungsbehörde in den Amtsblättern "dass Grundstücke in einer Gemeinde mit einer bestimmten Größe veräußert werden sollen und Landwirte, die am Erwerb dieser Grundstücke Interesse haben, sich unmittelbar bei der Kreisverwaltung  melden". Innerhalb der genannten Fristen hat die Genehmigungsbehörde sodann zu prüfen, ob das berechtigte Erwerbsinteresse von Landwirten dazu führt, dass der Kaufvertrag, soweit der Käufer ein Nicht-Landwirt ist, versagt wird. Bei dieser Entscheidung der Genehmigungsbehörde kommt den Beauftragten für das Grundstückverkehrsgesetz, die von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz benannt und vereidigt werden, eine große Bedeutung zu. Für jede Genehmigungsbehörde sind ein Beauftragter und ein Stellvertreter von der Landwirtschaftskammer benannt, die im Einvernehmen mit der Genehmigungsbehörde die Entscheidung über die Genehmigung oder die Versagung von Grundstücksveräußerungen beraten.

Soweit an der Veräußerung  landwirtschaftlicher Grundstücke jedoch die Kreisverwaltung oder die Stadtverwaltung von kreisfreien Städten selbst beteiligt sind, erfolgt die Genehmigung nicht durch die Behörde selbst, sondern durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier. Bei der Einschätzung, ob es sich bei einem Erwerber um Landwirte handelt oder ob erwerbsinteressierte Landwirte an dem Kauf der Grundstücke Interesse haben, setzt sich die ADD mit der Kreisstelle der zuständigen Landwirtschaftskammer in Verbindung.

Der häufigste Grund, warum eine Genehmigung zum Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken nicht erteilt wird, ist die Tatsache, dass der Erwerber kein Landwirt ist. Die Rechtsprechung der vergangenen Jahre hat diesen Begriff auch näher definiert. So sind Nebenerwerbslandwirte den Haupterwerbslandwirten gleichzusetzen, sofern das Kriterium des "leistungsfähigen Betriebes" erfüllt ist. Dies setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass Gewinne nachweislich in einem Umfang erzielt werden, die eine ausreichende Entlohnung der eingesetzten Produktionsfaktoren, im Wesentlichen der Arbeitskraft, möglich machen. Damit ist ausgeschlossen, dass Betriebe, die ausschließlich aus Liebhaberei betrieben werden oder nur unwesentliche Gewinne erzielen nach dem Grundstückverkehrsgesetz als Landwirt angesehen werden. Eine zweite Möglichkeit, die Genehmigung eines Kaufvertrages zu versagen, ist die Vereinbarung eines überhöhten Preises. Soweit der Preis für das Grundstück über 50 % über dem ortsüblichen Bodenrichtwert liegt, kann die Genehmigung versagt werden, wenn gleichzeitig Landwirte bereit sind, den ortsüblichen Preis bis zu dem eineinhalbfachen Wert zu bezahlen.

Neben der schlichten Versagung der Genehmigung kann die Genehmigungsbehörde jedoch auch die Auflage machen, bei Genehmigung der Kaufverträge die Grundstücke entweder an einen Landwirt zu verpachten oder innerhalb eines Jahres an einen Landwirt weiter zu veräußern.

Es gibt bestimmte Bedingungen, wonach eine Genehmigung immer zu erteilen ist, auch wenn das Grundstück über der Freigrenze von 0,1 ha bzw. 0,5 ha liegt. Dies betrifft die Rechtsgeschäfte des Bundes und der Länder sowie die Rechtsgeschäfte der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften. Ebenso sind Rechtsgeschäfte zur Durchführung von Flurbereinigungsverfahren genehmigungsfrei. Zur Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung ist außerdem der Kauf landwirtschaftlicher Grundstücke durch eine Ortsgemeinde genehmigungsfrei, soweit sich die Flächen im Geltungsbereich der verbindlichen Bauleitplanung, also in einem Bebauungsplan, befinden.

In den letzten 20 Jahren gab es immer wieder Versuche, das Grundstückverkehrsgesetz aufzuweichen. So wird in § 9 formuliert, dass bei der Entscheidung der Genehmigungsbehörde auch allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen Rechnung getragen werden muss. Dieser recht dehnbare Begriff wurde in der Vergangenheit oft so ausgelegt, dass auch der Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch Naturschutzverbände als volkswirtschaftlich förderlich angesehen wurde. Dem hat die Rechtsprechung jedoch in den letzten Jahren deutliche Grenzen gesetzt. Nur wenn es sich bei dem Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen durch Naturschutzverbände um Maßnahmen handelt, die von der Bundesrepublik Deutschland als Projekt gefördert werden, kann der Begriff "volkwirtschaftlicher Belang" entsprechend ausgelegt werden.

Die Ausführungen machen deutlich, dass die Handhabung des Gesetzes nicht ganz unkompliziert ist und in vielen Einzelfällen zu einer Grundsatzdiskussion führt, wer denn nun als Landwirt anzusehen ist oder nicht. Die enge Zusammenarbeit der Genehmigungsbehörden mit den Beauftragten für den Grundstückverkehr bei der Landwirtschaftskammer stellt dabei aber eine sachgerechte und rechtskonforme Abwägung sicher. Im Hinblick auf den zunehmenden Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch Nicht-Landwirte, die Grund und Boden als Geldanlage sehen, kommt dem Grundstückverkehrsgesetz in den letzten Jahren und mit Sicherheit auch in den nächsten Jahren eine zunehmende Bedeutung zu. Das vielerorts beobachtete Landgrabbing durch Konzerne und Nicht-Landwirte – übrigens auch durch Unternehmen, die in regenerative Energien investieren -, kann mit dem Grundstückverkehrsgesetz Einhalt geboten werden. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass es immer erforderlich ist, dass sich ein erwerbsinteressierter Landwirt meldet, der bereit und in der Lage ist, den vereinbarten Kaufpreis zu entrichten.

Die Landwirtschaftskammer hat in den vergangenen Monaten intensive Schulungen und Gespräche mit den Genehmigungsbehörden und den Beauftragten für das Grundstückverkehrsgesetz geführt, dabei wurde deutlich, dass es nach wie vor ein hochaktuelles Gesetz ist, welches wie 1961 als Gesetz zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe erforderlich ist.  Die Beschlüsse zur Föderalismusreform des Bundes vor vier Jahren ermöglichen es den Ländern heute, eigene Regelungen zum Grundstücksverker zu erlassen. Die Landwirtschaftskammer Rheinland- Pfalz hat nach Beratungen in ihren Ausschüssen und im Vorstand empfohlen, hiervor keinen Gebrauch zu machen. Vielmehr sollen die Vollzugsdefizite des derzeitigen Rechts beseitigt werden. Hierzu werden derzeit Vorschläge erarbeitet.

Fragen zu dem Gesetz können an die Referenten Herrn Walter Böß oder  Herrn Ralph Gockel gerichtet werden.

Auf dieser Seite auch sich die Liste der Beauftragten für den Grundstückverkehr für die jeweiligen Landkreise und kreisfreien Städte.