Tierschutz beschäftigt Ausschuss Tierische Produktion

Tierschutz und Tierwohl sind regelmäßig Themen im Ausschuss Tierische Produktion (Zucht, Haltung, Fütterung, Gesundheit) der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Im Rahmen der letzten Sitzung besichtigten die Teilnehmer zunächst die SecAnim Südwest GmbH in Rivenich und informierten sich über die aktuelle Situation bei der Tierkörperbeseitigung.

Aktuelles zur Tierkörperbeseitigung

Der Vorsitzende des Ausschusses Manfred Zelder begrüßt die Teilnehmer und bedankt sich beim Geschäftsführer Paul Kill für die Möglichkeit, die Tierkörperbeseitigung in Rivenich zu besichtigen.

Die Sec Anim Südwest GmbH hat 6 Standorte (Rivenich, Sembach, Sandersmühle, Fritzlar, Hüttenfeld und Bogen), die beiden Produktionsbetriebe befinden sich in Rivenich und Hüttenfeld. In Rivenich wird Material der Kategorien 1 und 2 (Material mit hohem und mit mittlerem Risiko) aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland entsorgt. Für tierisches Eiweiß gibt es aufgrund des Verfütterungsverbotes keine Verwertung, d. h. tierisches Eiweiß muss entsorgt werden. Die Verbrennungskosten liegen bei über 70 Euro je Tonne. Fette können demgegenüber mit guten Erlösen für die Herstellung von Biodiesel abgegeben werden. Der anfallende Klärschlamm darf nicht ausgebracht sondern muss ebenfalls verbrannt werden. Zunehmend fällt die Entsorgung von nicht verkehrsfähigen, abgepackten Lebensmitteln an, was das Unternehmen vor allem im Hinblick auf die Verpackungen (Plastik, Glas etc.) vor Probleme stellt.

Kategorie 3 - Material mit geringem Risiko – dürfte inzwischen wieder in Rivenich gesammelt werden. Allerdings sind verschiedene private Unternehmen in diesem Bereich tätig und erheblich konkurrenzfähiger.

Bei der Tierkörperbeseitigung ist aktuell eine Kostendeckung von 20 % gegeben. Es wäre eine Entsorgung von 60.000 t Rohware möglich, aktuell werden aber lediglich 25.000 t Rohware erfasst, davon je zur Hälfte Tierkörper und Schlachtabfälle. 2/3 der Kosten entfallen auf den Fuhrpark, 1/3 auf die Verarbeitung.

Bei der anschließenden Besichtigung erläutert der Betriebsleiter Herr Moseler die technischen Abläufe soweit möglich. Eine Besichtigung ist nur in den Bereichen möglich, in denen zu diesem Zeitpunkt keine Produktion stattfindet.

Vermarktung männlicher Schweine

Anschließend wird die Sitzung in Wittlich fortgesetzt. Nach den Formalitäten gibt M. Zelder das Wort an Gerhard Saar, Schweine-Vermarktungs-Genossenschaft Rheinland-Pfalz-Hessen-Saar eG.

G. Saar erläutert die diskutierten Alternativen zur Ferkelkastration für die Ferkelerzeuger in Rheinland-Pfalz. Es werden vier Möglichkeiten unterschieden. Die Umsetzung der Kastration nach Narkose mit Isofluran ist praktisch schwierig aber möglich. Diskutiert werden in diesem Zusammenhang vor allem die Investitionskosten und Fragen des Arbeitsschutzes beim Umgang mit dem Gas Isofluran. Die zweite Möglichkeit ist die sogenannte Ebervermarktung, zu der in den letzten Jahren Erfahrungen gesammelt wurden. Aktuell gibt der größte Schlachthof für Schweine in Rheinland-Pfalz, die Simon Fleisch GmbH in Wittlich zur Ebervermarktung ein Vermarktungspotential von 5 bis 15 % an. Der sogenannte 4. Weg ist aufgrund der anhaltenden Diskussion um den Begriff „schmerzfrei“ aus Sicht der Praktiker im Moment nicht gangbar. Damit bleibt als vierte Möglichkeit die sogenannte Immunokastration mittels Impfung mit Improvac übrig. Diese Variante stellt für G. Saar die brauchbarste Alternative dar. Von größter Wichtigkeit ist dabei, dass sowohl Landwirte als auch Abnehmer über die Anwendung und ihre Bedeutung geschult werden. G. Saar berichtet, dass auf der Grundlage eines Gespräches an dem Vertreter der Erzeugergemeinschaften, der Schweinegesundheitsdienst, Vertreter des Ministeriums und des Hofgut Neumühle, sowie Vertreter der Schlachtbetriebe teilgenommen haben, ein Konzept für Rheinland-Pfalz erarbeitet wurde. Es soll ein Praxisversuch durchgeführt werden, bei dem 75 Ferkel aus einem Bestand (25 Eberferkel mit Improvac behandelt, 25 kastrierte Ferkel und 25 Sauenferkel) eine Mast durchlaufen und anschließend bei der Metzgerei Peter Braun, Konken geschlachtet werden. Die Verarbeitung der Schlachtkörper zu gleichen Produkten soll einen Vergleich ermöglichen, um Unterschiede bei der Fleisch- und Fettqualität feststellen zu können. Dabei sollen in der Mastphase auch Aspekte des Verhaltens der Schweine (Beißen, Aufreiten, etc.) beachtet werden. Die Kosten der Behandlung mit Improvac liegen bei 3-6 Euro je Eberferkel.

In der Diskussion berichtet G. Saar, dass sich die Schlachtbetriebe nach seiner Einschätzung zurzeit noch wenig Gedanken um den Termin 1.1.2021 machen, ab dem die bisher gehandhabte Kastration ohne Betäubung verboten sein wird. Man hält sich im Prinzip alle Weg offen. Bezüglich des Einsatzes von Improvac ist geplant, entsprechende Informationsveranstaltungen durchzuführen, um möglichst viele Beteiligte bei der Umsetzung mitzunehmen. G. Saar gibt an, dass er grundsätzlich die konventionelle Kastration für die beste Form hält, dies ist aber heute der Öffentlichkeit nicht mehr zu vermitteln. In Belgien werden aktuell bereits 50 % der Eberferkel mittels Improvac-Anwendung kastriert. U. Bißbort weist darauf hin, dass bezüglich QS die Bündler dafür Sorge tragen müssen, dass deutsches Recht umgesetzt wird. D. h. Ferkel aus benachbarten EU-Ländern, die in das deutsche QS-System geliefert werden sollen, dürfen ebenfalls nicht mehr nach der ab Januar 2021 in Deutschland verbotenen Form kastriert werden. Anderenfalls wäre die zu befürchtende Wettbewerbsverzerrung noch extremer. Schon jetzt wird davon ausgegangen, dass die Anlieferung von Ferkeln aus den Ländern mit starker Ferkelerzeugung noch einmal zunehmen wird. 

U. Bißbort berichtet, dass die Verwertung von Binnenebern zwischen den Schlachthöfen große Unterschiede aufweist. Während in Wittlich ein pauschaler Betrag je angeliefertem Schwein abgezogen aber jedes Schwein abgerechnet wird, werden Binneneber in Zweibrücken komplett verworfen. Frau Dr. Blicke vom Umweltministerium will die Vorgehensweise kontrollieren. 

Möglichkeiten der züchterischen Bearbeitung der Rindergesundheit  

Till Masthoff ist Referent für Zucht und Genetik beim Bundesverband Rind und Schwein in Bonn (BRS). Im BRS haben sich u. a. zehn Zuchtorganisationen der deutschen Holsteinzucht zusammengeschlossen. Mit der Weiterentwicklung der genomischen Selektion und der Herdentypisierung z. B. im Rahmen von Projekten wie KuhVision stehen zusätzliche Informationen über die wirtschaftlich wichtigen Gesundheitsmerkmale bereit. Die Einführung der direkten genomischen Gesundheitszuchtwerte liefert den Zuchtbetrieben ein System für das genomische Herdenmanagement. Die Zucht auf langlebige gesunde Kühe wird intensiviert.  Im Mai 2019 wurden 6 Zuchtwerte für die Komplexe Eutergesundheit (RZEuterfit), Klauengesundheit (RZKlaue), metabolische Erkrankungen (RZMetabol), Gesundheit des Reproduktionstraktes (RZRepro) und Gesamtgesundheit (RZGesund) veröffentlicht, dazu der Spezialzuchtwert Mortellaroresistenz. Auch für die Jungtiere ist im August 2019 mit dem offiziellen Zuchtwert für Kälber-Fitness, RZKälberfit ein neuer Zuchtwert eingeführt worden. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem ermittelten genomischen Zuchtwert und dem Auftreten von Erkrankungen.

In der Diskussion stellt T. Masthoff klar, dass die Zuchtwerte vor allem eine Aussage zum genetischen Potential geben können, nicht aber zur tatsächlichen Leistung. Die Erblichkeit von Gesundheitsparametern ist relativ gering und nach wie vor ist die Leistung überwiegend vom Management abhängig. Gesundheitszuchtwerte sind bisher bei den Holsteins und beim Braunvieh eingeführt worden. Auf der Internetseite www.richtig-zuechten.de können aktuelle Informationen abgerufen werden.

Tiertransportstandard des Bundesverband Rind und Schwein

Der Bundesverband Rind und Schwein (BRS) will angesichts der aktuellen Verbote von Rindertransporten in Drittländer sowie der seit Monaten intensiv geführten Diskussion einen Standard für Tiertransporte entwickeln. Dr. Jens Baltissen ist Fachbereichsleiter Leistungs- und Qualitätsprüfung beim BRS und erläutert die Entwicklung in den zurückliegenden Monaten. Die Ausstellung von Vorlaufattesten konnte zwar auf dem Rechtsweg erstritten werden. Eine Drittlandabfertigung ist allerdings nicht mehr in allen Bundesländern möglich. Der Transportstandard des BRS soll die notwendigen Vorgaben für die Einhaltung von Tierwohl liefern, sowie die Schaffung von Transparenz und Verlässlichkeit von Transportdaten gewährleisten. Dazu werden alle Informationen zu den Transporttieren, den Transportmitteln und der Temperaturstrecke beim BRS erfasst. Auf dem Zielbetrieb soll ein Monitoring über Gesundheitszustand, Tierzahl und Betriebsentwicklung Aufschluss geben. Mit Hilfe eines Pilot-Projektes über den Zeitraum Anfang 4. Quartal 2019 bis Ende 1. Quartal 2020 sollen exemplarisch Tiertransporte auf einer Modellstrecke Daten über den vollständigen Ablauf vor, während und nach dem Transport liefern. Ergänzend dazu wird der BRS die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Tiertransport intensivieren.

M. Zelder spricht die Situation beim Transport von Schlachttieren und die geplante Verschärfung an. G. Saar erläutert, dass aufgrund der strukturellen Situation je Transport 5 bis 7 Ladestellen angefahren werden müssen und die zeitliche Einschränkung auf 4 Stunden – wie sie in Rheinland-Pfalz diskutiert wird - bei weiten Entfernungen zum Schlachthof nicht eingehalten werden kann. In der Konsequenz könnten Schlachttiere nur noch vom einzelnen Betrieb direkt angeliefert werden. K. Bothe fordert die Vertreter der Ministerien auf,  in Rheinland-Pfalz keine Verschärfung der EU-Vorgaben vorzunehmen, sondern es bei der Einschränkung auf 8 Stunden zu belassen. Weitere Verschärfungen werden zu weiteren Betriebsaufgaben führen. Die von der Regierung gewünschte Regionalität bei der landwirtschaftlichen Produktion und Vermarktung ist auf diese Weise nicht zu erreichen. P. Roos ist landwirtschaftlicher Direktvermarkter und berichtet von Anfeindungen gegen seine Kinder in der Schule. Es ist nicht hinnehmbar, dass Landwirte ständig für alles Negative verantwortlich gemacht werden.

M. Zelder fordert die Mitglieder des Ausschusses auf, deutlich zu machen, dass Schlachttiere sowohl tiergerecht als auch praktikabel und kostengünstig transportiert werden müssen.

 

Der Ausschuss beschließt einstimmig, dass der Vorstand der Landwirtschaftskammer aufgefordert werden soll, sich in beiden Ministerien, sowohl dem Ministerium für Umwelt, Ernährung, Energie und Forsten als auch dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau dafür einzusetzen, dass die Einschränkung des Transportes von Schlachttieren bei 8 Stunden bleibt und die Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass Schlachttiere sowohl tiergerecht als auch praktikabel und kostengünstig transportiert werden können.

 

Die Situation bei der Blauzungenkrankheit und die massiven Probleme vor allem bei der Kälbervermarktung erfordern dringenden Handlungsbedarf. Aufgrund der jüngst aufgetretenen positiven Fälle ist ein Antrag zur Einführung erleichterter Verbringungsregeln zurückgestellt worden. Die Impfung gegen Blauzungenkrankheit wird ab 11.11.19 mit einem Zuschuss von 1,50 Euro je Rind bzw. 1,00 Euro je Schaf/Ziege jeweils je Impfung unterstützt. Die Abwicklung erfolgt über den Impftierarzt. Es wird noch einmal scharf kritisiert, dass alle Betriebe, die bereits in den zurückliegenden Monaten geimpft und ihre Herden geschützt haben, dafür keinen Zuschuss bekommen werden.

 

Gertrud Werner, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz