Ein Blick in die Zukunft

Das Hofgut Neumühle in Münchweiler war Tagungsort für die auswärtige Sitzung der beiden Ausschüsse Pflanzenbau/nachwachsende Rohstoffe und Dauergrünland der Landwirtschaftskammer Rheinland Pfalz am 17. April 2019. Schwerpunktthema war auch in diesem Kreis die Digitalisierung in der Landwirtschaft, wobei die Sitzung maßgeblich von der Fa. John Deere mitgestaltet wurde. Neben den Referenten der Fa. John Deere und des Frauenhofer Institutes aus Kaiserslautern konnte der Ausschussvorsitzende Adolf Dahlem auch im Namen von Alfons Göbel Vizepräsident Metternich und Vorstandsmitglied und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Eberhard Hartelt begrüßen. Vom Ministerium waren Frau Horix und Herr Dr. Wenghoefer anwesend, sowie Prof Wiesler von der LUFA in Speyer.

Zunächst informierte Adolf Dahlem die Ausschussmitglieder darüber, dass in Abstimmung mit der Geschäftsführung der Landwirtschaftskammer die Stelle des Pflanzenbaureferenten unmittelbar nachbesetzt wird. Ergänzend wurde diskutiert, inwieweit sich die Beratung im Acker- und Pflanzenbau auch im Nordteil des Landes ähnlich wie im Süden in Form eines Beratungsrings organisieren könnte. Ein entsprechender Vorschlag soll zunächst mit interessierten Vertretern aus dem Ausschuss zusammen mit der Geschäftsführung des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland- Nassau diskutiert werden.

In einem Einführungsreferat zum Thema Digitalisierung skizzierte Dr. Wenghoefer das Model der Geobox in Rheinland-Pfalz, mit dem zum Einen ein schneller und unkomplizierter Zugriff über alle Daten landwirtschaftlicher Flächen möglich werden soll und zum Anderen auch eine Schnittstelle des Datentransfers zu Dritten hergestellt wird, also auch für den überbetrieblichen Einsatz von Maschinen. Kernpunkt ist aber, dass gleichzeitig sicher gestellt werden soll, dass die Datenhoheit bei den Landwirten verbleibt. Der Zugriff zum digitalen Agrarportal des Landes wird über die Adresse www.dap.rlp.de. möglich werden. Ergänzend soll dazu auch das Ziel verfolgt werden, die Arbeit der abnehmenden Zahl der Berater bei den DLR durch technische Lösungen zu unterstützen.

Der Bund fördert die Entwicklung der Technik beim DLR in Bad Kreuznach. Neben dem GeoBox- Viewer, der dann eine flurstücksindividuelle Dateninformation zulässt wird es auch einen landeseigenen GeoBox- Messenger geben, mit dem Beratungskräfte und Landwirte und Winzer unabhängig von anderen Diensten kommunizieren können.

Einblicke in die Forschungsarbeit von John Deere

Herr Prof. Dr. Pickel beschrieb im Fortgang der Sitzung zunächst die Unternehmensvielfalt der Fa. John Deere, die trotz der globalen Aufstellung mit Niederlassungen bis nach China in Saarbrücken, Kaiserslautern und Mannheim verwurzelt ist. Die Zusammenarbeit mit Praktikern ist eine wesentliche Säule der Arbeit des Unternehmens, dies kommt in der Etablierung und Zusammenarbeit von und mit Lead-Farms zum Ausdruck, bei denen die neuste Technik zum Testen zum Einsatz kommen soll und ist für John Deere ein Aushängeschild. In dem Zusammenhang ist John Deere auch auf Talentsuche nach Mitarbeitern, die Interesse haben, in der Schnittstelle Wissenschaft - Technik - Anwendung mitzuarbeiten. Den Standort Kaiserslautern mit der Nähe zur TU (Schwerpunkt künstliche Intelligenz) und zum Frauenhofer Institut sieht man von John Deere als hervorragend an.

Die Technologietrends in der Landwirtschaft waren ebenfalls Thema von Prof. Dr. Pickel. Genauso wie bei den globalen Herausforderungen unserer Gesellschaft sieht er auch bei der Produktion von Nahrungsmittel die Themen Klimawandel, gesicherte Nahrungsmittelerzeugung, Produktion mit geringen Umweltauswirkungen und die Unabhängigkeit vom Einsatz endlicher Ressourcen als große Aufgaben an. Eine immer effizientere Technik muss auch in der Landwirtschaft nach seiner Einschätzung hierzu einen Beitrag leisten. Dazu gehört das Precision Farming und autonomes Fahren mit höchstmöglicher Genauigkeit (Ziel +/-2,5 cm), der Einsatz auch in schwierigem Gelände und die Optimierung der Elektrifizierung (Effizienz, Leistungsfähigkeit, gute Steuer- und Regelbarkeit). Heute schon umsetzbar sind z.B. selbstfahrende Geräte, die Unkräuter erkennen und selektiv behandeln (herbicid robot), der Zugang und die Nutzung von regenerativen Energien, Nutzung von Energienetzwerken und Speichermöglichkeiten (battery boost) bis hin zum rein elektrischen Schlepper. Mit dem Projekt my johndeere cooperation center soll außerdem das Ziel des optimierten Nährstoffmanagements realisiert werden, hier sind Anknüpfungen zur GeoBox des Landes zu erkennen. Eine große Herausforderung wird es nach Einschätzung von Prof. Pickel sein, die Daten und die Schnittstellen, evtl. anders als bei der GeoBox, weitestgehend öffentlich zu machen, damit auch verschiedene Systeme und verschiedene Datenquellen und Datennutzer miteinander kommunizieren können. Der Standort Neumühle soll dabei für die Nutzung eines 5G Testnetzwerkes Grundlage für Landwirtschaft und Industrie 4.0 werden. In der Diskussion kam natürlich auch die Frage auf, inwieweit eine solch moderne Technik der Zukunft für Betriebe in RLP mit eher kleinstrukturierten Flächen überhaupt finanzierbar sei. John Deere betonte allerdings, dass bei allen Entwicklungen der Mehrwert der Kundschaft im Vordergrund steht. Produkte, bei denen dies nicht gewährleistest ist, würden nicht weiter entwickelt.

Der Blick eines Zukunftsforschers auf die Digitalisierung

Dr. Marcus Trapp vom Frauenhofer- Institut in Kaiserslautern ging in seinem Vortrag ebenfalls auf die Digitalisierungstrends und -potenziale in der Landwirtschaft ein, aber eben nicht aus dem Blick eines Landwirtes, sondern eines Zukunftsforschers. Dabei wurde deutlich, dass die Dynamik der Digitalisierung enorm ist und immer mehr an Fahrt aufnimmt und kaum einen Bereich des gesellschaftlichen Lebens auslässt und damit auch die Produktion von Nahrungsmittel umfasst. Gerade in Deutschland besteht eine sehr starke Tendenz, immer besser ausgefeilte Techniken der Digitalisierung zu entwickeln, allerdings oftmals ohne sich der gesellschaftlichen Folgen und der Beachtung ethischer Gesichtspunkte bewusst zu sein. Trotzdem ist die Maxime, „wer sich nicht an diesen Prozessen beteiligt wird gnadenlos abgehängt“ unzweifelhaft gültig und stellt auch alle Landwirte und Winzer vor große Herausforderungen. Neue Geschäftsmodelle sind fast immer datenbasiert. Trotzdem sieht Dr. Trapp bei der Entwicklung von Technik in der Landwirtschaft ein notwendiges Grundgerüst von (pflanzenbaulichen) Produktionskenntnissen. Dabei ist - wie bereits in den vorherigen Vorträgen deutlich wurde -  immer zu prüfen, wo liegt der Mehrwert für den Anwender, für den Landwirt? Für das Geschäftsfeld Landwirtschaft ist zu prüfen, in welche Richtung sich Betriebe entwickeln, als Erzeuger von austauschbaren Waren im globalen Wettbewerb (Getreide, Milch) oder als Erzeuger individueller Produkte (Wein, Direktvermarktung). Wie kann Digitalisierung uns dabei unterstützen, wie kann man den Handel hierbei einbinden und damit auch die wichtigste Frage lösen: wo sehen sich die Landwirte in diesen Prozessen und - wiederum – wer hat die Datenhoheit?

Dr. Stefan Kübler von der Fa. John Deere ging in seinem Beitrag auf die neusten Entwicklungen aus dem Bereich Düngung und Pflanzenschutz ein. Dabei stehen im Vordergrund die Prozesse von Bodenbearbeitung über Aussaat bis zur Ernte, immer im Auge auch die digitale Erfassung und das Steuern des Betriebsmitteleinsatzes. Kernprodukte des Geschäfts von John Deere sind der Getreide-, der Raps-, sowie der Futterbau. Basis ist die konsequente Evaluierung der Kundenbedürfnisse, an denen sich die Entwicklung orientiert. Beispiele für anwendungsreife Techniken sind die automatisierte Güllenährstoffermittlung, die automatisierte Ertragsermittlung und die Nährstoffermittlung bei Silomais und Futterbau. Mit der CCP (connected crop protection) wird der Landwirtschaft ein entscheidungsunterstütztes Pflanzenschutzmanagement zur Verfügung gestellt, das ein spot spraying beim Pflanzenschutz (kamerabasierte Erkennung von Zielflächen und Zielpflanzen) sowie die blue river technologie (Künstliche Intelligenz zur Behandlung von Einzelpflanzen) umfasst. Die variable automatisierte Düsenumschaltung bei PSM Geräten kommt einem dabei fast schon normal vor. Eine Vielzahl der vorgestellten Techniken erscheinen sinnvoll und notwendig, zumal es gelingen kann, dadurch Betriebsmittel bis zu 75 Prozent einzusparen. Wie schnell diese neuen Technologien aber Einzug in die landwirtschaftliche Praxis halten können, wird von den Ausschussmitgliedern noch zurückhaltend gesehen. 

Eindrucksvoll und mit Leidenschaft führte zum Abschluss der Sitzung Herr Dr. Karl Landfried, der Leiter der Neumühle, und sein Mitarbeiter, Herr Dr. Andreas Koch, über die Betriebsstätte. Herr Dahlem dankte dem ganzen Team der Neumühle für die freundliche Aufnahme und die Führung und der Fa. John Deere bei der Organisation der Sitzung.

Ralph Gockel, Landwirtschaftskammer RLP