Witterung zwingt zu verstärktem Pflanzenschutz

Der Fachausschuss für technische Fragen (TA) der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz besichtigte die Bestände der im „Berliner Programm“ stehenden Sommergerstensorte Cervinia und der erstmals zum Vergleich herangezogenen Sorte Avalon, die unter Praxisbedingungen angebaut wurden

14.07.2016 | Ziel war es sich ein Bild über die aktuelle Situation zu verschaffen und sich über die Ernteerwartungen und Marktsituation auszutauschen. Zu dieser alljährlichen Rundfahrt kommen von den Ackerbauern, dem Handel, den Mälzereien und den Brauereien entsandte Experten zusammen. Die neuen, zukunftsträchtigen Sorten jeweils eines Zulassungsjahrgangs werden einem Praxistest unterzogen, um anschließend über deren Empfehlung für die Verarbeitung  in Mälzerei und Brauerei anhand möglichst realer Daten entscheiden zu können.

Ausgangspunkt der Rundfahrt war die Raiffeisen BAG in Blankenrath. Der Vorsitzende Heribert Metternich begrüßte die Expertenrunde und bedankte sich für die Teilnahme an der Rundfahrt. Das Wetter sei in den letzten Wochen alles andere als optimal gewesen. Dem Trockenjahr 2015 folgt nun ein Jahr mit zu viel Wasser, das den Pflanzen erheblich Probleme bereitete. Hinzu kamen noch Temperaturen zwischen 15 und 25 °Celsius, die über einen längeren Zeitraum für feucht-warme Verhältnisse sorgten. Bei diesen Bedingungen konnten sich Schadpilze optimal entwickeln. Im Vergleich zum letzten Jahr war ein Mehrfaches an Spritzungen erforderlich, um die Feldfrüchte einigermaßen gesund zu erhalten. „Gerade in einem Jahr der Extreme ist eine solche Rundfahrt sehr wichtig, um sich ein aktuelles Bild zu verschaffen. „Nur dann können wir uns in der Wertschöpfungskette für diese Ernte ein realistisches Bild über die Menge und Qualität machen und uns entsprechend auf die Situation einstellen“, betonte der Vorsitzende.

Zunächst fuhr die Gruppe nach Liesenich. Jürgen Wilhelms präsentierte die Sorte Cervinia auf einem Schlag mit 3,8 ha und 38 Bodenpunkten. Nach Winterweizen und Begrünung, die eingepflügt  wurde, erfolgte die  Aussaat am 12. April 2016. Entsprechend der Ertragserwartung wurde vor der Saat mineralisch und nach dem Auflauf organisch mit Gärresten gedüngt. Am 19. Mai erfolgte die Herbizidspritzung und am 12. Juni die Behandlung gegen pilzliche Krankheiten. Der Bestand zeigte sich in guter Verfassung. Bis auf einige Mulden und am Vorgewende war die Sommergerste sehr gleichmäßig entwickelt. Die Kornfüllungsphase  war in vollem Gange. „Zum Glück habe ich rechtzeitig die Fungizidbehandlung durchführen können. Ohne diese würde der Bestand nicht mehr so grün aussehen“, betonte Wilhelms. Man war sich einig, dass sich zur Ernte ein guter Ertrag in Menge und Qualität einstellen wird.

Nächster Halt war bei einer Parzelle von Josef Treins in Forst. Auf diesem Schlag in Liesenich steht Avalon. Die Standortbedingungen sind dieselben wie bei Wilhelms. Als Vorfrucht war Triticale angebaut worden, mit anschließender Begrünung. Vor der Saat wurden mit Mineraldünger und Gärresten gut 110 kg Stickstoff ausgebracht. Gesät wurde am 12. April16. Am 18. Mai wurde gegen Beigräser und –kräuter gespritzt. Am 10. Juni wurde eine Spritzung gegen pilzliche Krankheiten durchgeführt. Ackerbauer Treins bemerkte an dieser Stelle, dass die Witterung mit den vielen Niederschlägen eine gezielte und rechtzeitige Behandlung kaum möglich machte. Deshalb war ein gewisser Krankheitsstatus unverkennbar. Wie die Entwicklung weitergehen wird, sei abhängig von der Witterung bis zur Ernte. „Trockenes Wetter mit kühlen Nächten und nicht zu hohe Tagestemperaturen können noch zu einer guten Ernte führen“, ist sich Josef Treins sicher.

Die Fahrt ging nach  Süden in die Wärmelagen von Rheinland-Pfalz. Die Betriebe Wolfgang Hessemer und Jürgen Schröder hatten ebenfalls jeweils  einen Schlag mit  der Sorten Cervinia und Avalon bestellt. Dr. Gerhard Schilling, Hofgut Wiesenmühle, Monsheim, stellte die beiden Bestände vor. Als Vorfrucht hatten bei der Cervinia Zuckerrüben gestanden. Mitte März wurde gedrillt und 80 kg/ha  Stickstoff wurde mineralisch gedüngt. Bisher sind in diesem Jahr knapp 500 mm Niederschlag gefallen; im Vorjahr waren es nur 200 mm. Deshalb seien die Wurzeln sehr schwach ausgebildet. Auch die Fungizidbehandlungen am 02.Mai und 28.Mai 2016 konnten nur bedingt zur Gesunderhaltung der Assimilationsfläche beitragen. Nur noch vereinzelt waren grüne Blätter und Grannen zu sehen. Damit geht die Umsetzungsrate von Licht in Stärke gegen Null. Wenn sich nun nachhaltiges trockenes Wetter einstellt, gehe dieser Bestand sehr schnell in die (Not-)Reife über. Zu erwarten sei dann ein niedriges hl-Gewicht und ein geringer Vollkornanteil. „Die ersten Druschergebnisse bei der Wintergerste, mit hl-Gewichten unter 60 kg, deuten auf dieses Ergebnis hin“, betonte Dr. Schilling.

In einem etwas besseren Zustand zeigte sich die Avalon. Auf diesem Schlag war im letzten Jahr Sommerweizen angebaut worden; zuvor Zuckerrüben. Diese Sorte wurde am 16.März 2016 ausgesät und mit 78 kg Stickstoff gedüngt. Neben der Herbizidbehandlung am 02. Mai wurden am 03. Juni Fungizide ausgebracht, um den Bestand gesund zu erhalten. Aber aufgrund der hohen Niederschlägen ist dies nur bedingt geglückt.  „Im Schnitt der Jahre können auf diesem Standort 6-7 t/ha Sommergerste gedroschen werden, in diesem Jahr vermutlich erheblich weniger“, befürchtet Schilling.

Zur Abschlussbesprechung hatte Dr. Schilling ins Hofgut eingeladen. Zunächst ging es um das Wetter und  Folgen daraus. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass in diesem Jahr zumindest bei der Qualität der Sommergerste Abstriche zu machen seien; insbesondere wenn man Vergleiche mit der Ernte des letzten Jahres anstellt. Man könne nur hoffen, dass entsprechend günstigeres Wetter bis zur Ernte und gutes Erntewetter dafür sorgen, dass das Erntegut frei von Krankheiten und verdecktem Auswuchs eingelagert werden kann.

Ein weiteres Thema war die intensivere Bestandsführung, um das genetische Ertragspotential der neuen Sorten ausschöpfen zu können.  Versuche haben gezeigt, dass über eine höhere, gezielt ausgebrachte Stickstoffdüngung die Erträge steigen, ohne die Obergrenze beim Protein zu überschreiten. Allerdings besteht dann vermehrt die Gefahr, dass die Bestände ins Lager gehen. Um dies zu Vermeiden, stehen Mittel zur Halmstabilisierung zur Verfügung. Auch für Sommergerste sind diese Mittel zugelassen, wenn die Wartezeiten eingehalten werden, betonten die Vertreter der Ackerbauern. Alle befürworten die Anwendung solcher Mittel nur dann, wenn es der Pflanzengesundheit dient.

Der stellv. Vorsitzende und Sprecher des TA, Dr. Georg Stettner bedankte sich abschließend bei den Teilnehmern für die Diskussionsbeiträge. Zusammenfassend meinte er, dass man sich dieses Jahr auf regional sehr unterschiedliche Braugerstenqualitäten einstellen müsse, deren qualitätsorientierte Selektion eine Herausforderung darstellen könnte.

Karl Riedesser, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Geschäftsstelle der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V.