Tiergesundheit im Fokus

Der Ausschuss für Tierische Produktion und Tiergesundheit nutzte seine Frühjahrstagung für eine Besichtigung des Unternehmens Boehringer in Ingelheim am Rhein.

Die Sitzungsteilnehmer wurden von Herrn Dr. Christian Ullrich, Vertriebsleiter Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH und Herrn Dr. Stefan Kreuzberger, Corporate Communications begrüßt. Im Boehringer Ingelheim Center erläuterte Dr. Kreuzberger die Geschichte des Unternehmens und stellte die Entwicklung verschiedener Produkte vor. Das Pharmaunternehmen wurde 1885 in Ingelheim am Rhein gegründet und befindet sich nach wie vor in Familienbesitz. Mit rund 14 Mrd. Euro Umsatz im Jahr gehört das Unternehmen zu den größten Pharmakonzernen der Welt. 80 % des Umsatzes werden im Bereich der verschreibungspflichtigen Medikamente gemacht, jeweils 10 % in der Tiermedizin sowie bei Biopharmazeutika und frei verkäuflichen Medikamenten. Ca. 12 Jahre nimmt die Entwicklung eines neuen Medikamentes in Anspruch mit Kosten von rund 1,6 Mrd. Euro. Für Forschung und Entwicklung werden mehr als 2,6 Mrd. Euro ausgegeben.

Die anschließende Werksrundfahrt vermittelte einen Eindruck von der Größe der Anlage, die man als Stadt in der Stadt bezeichnen kann. Rund 8.000 Mitarbeiter sind am Standort Ingelheim tätig. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 48.000 Mitarbeiter in 146 verbundenen Unternehmen. Forschung und Entwicklung werden an fünf Standorten praktiziert, an 20 Standorten in 11 Ländern wird produziert.

Nach der Mittagspause eröffnete der Vorsitzende des Ausschusses Georg Groß die Sitzung im Tagungsraum und begrüßte die Anwesenden. H. Groß berichtete, dass inzwischen die Gremien des Landkreistages dem Antrag des LKV zugestimmt haben, wonach die Rinderpässe erst bei Vorliegen des BVD-Ergebnisses durch den LKV versendet werden. Außerdem hatte der Ausschuss sich dafür ausgesprochen, dass die Tätigkeit des Tiergesundheitslotsen fortgesetzt werden soll. Das laufende Projekt ist bis zum 30.09.2016 terminiert, eine Verlängerung soll ggf. beantragt werden. In diesem Zusammenhang berichtet Dr. Labohm, dass ein Tiergesundheitsdienst für kleine Wiederkäuer eingerichtet werden soll. Finanzierungs-möglichkeiten unabhängig vom Projekt des Tiergesundheitslotsen werden derzeit im Ministerium geprüft. Eine Entscheidung ist bis Juni 2016 vorgesehen

Entwicklungen und Kompetenz auf dem Gebiet der Impfstoffe (Schwein & Rind)

Dr. Christian Ullrich gab einen Überblick über das Unternehmen. Zurzeit verhandelt Boehringer Ingelheim über einen Zusammenschluss mit dem Pharmakonzern Merial, wodurch der Bereich der Veterinärmedizin deutlich ausgeweitet werden würde. Dr. Ullrich führte aus, dass ein großer Teil des Umsatzes bei den Schweinen auf Impfstoffen beruht mit steigender Tendenz. Demgegenüber nimmt der Anteil der Antibiotikaumsätze deutlich ab. Bei den Rindern ist vor allem durch Einsatz von Trockenstellern die Verwendung von Antibiotika auf höherem Niveau, Impfstoffe nehmen hier weniger Raum ein.

Frau Dr. Ulrike Exner stellte den neuen Impfstoff Bovela vor. Dabei handelt es sich um einen Impfstoff gegen BVDV-1 und BVDV-2, bei dem auch für die Grundimmunisierung nur noch eine Impfung notwendig ist. Dr. Exner erläuterte, dass Impfungen gegen BVD rückläufig sind und auch aufgrund der bisher angewendeten Strategie – die PI-Tiere aus der Population umgehend zu entfernen – der Antikörperstatus in den Rinderherden zurückgegangen ist.

Dr. Labohm merkte an, dass ein solcher Impfstoff für die Bekämpfung der Seuche sehr wichtig ist. Es sei allerdings zu beachten, dass  Milchviehbestände mit geimpften Tieren bei den anzustrebenden Tankmilchuntersuchungen positiv sind. Dr. Blicke ergänzte, dass die bereits in der letzten Sitzung diskutierte bundesweite Verschärfung der Maßnahmen zur BVD-Bekämpfung noch nicht beschlossen ist. Es ist davon auszugehen, dass auch in den nächsten 2 Jahren eine Beprobung aller Kälber per Ohrstanz-Ohrmarke durchgeführt wird. In RLP sollen zusätzlich die Mütter von PI-Tieren untersucht werden. Bei positiven Kälbern soll der jeweilige gesamte Bestand geimpft werden, und es ist eine epidemiologische Untersuchung vorgesehen, um die Herkunft der Infektion zu verfolgen. Eine entsprechende tierseuchenrechtliche Anordnung wird vorbereitet. In Rheinland-Pfalz wird die Impfung von Beständen unmittelbar nach dem Auftreten von BVD-Virämikern schon jetzt dringend empfohlen und von der Tierseuchenkasse unterstützt.

Aktuelles zu Tierseuchen in Deutschland und Europa

Dr. Julia Blicke berichtete zur aktuellen Situation bei MKS, Infektiöser Anämie bei Einhufern, Tollwut, Afrikanischer Schweinepest und Geflügelpest. Die Afrikanische Schweinepest hat sich im Baltikum, vor allem in Lettland und Estland stark ausgebreitet, im Osten von Polen erscheint die Ausbreitung auf niedrigem Niveau stabil. Die Übertragungswege bei Wild- und Hausschwein und mögliche Gegenmaßnahmen sind bei dieser Seuche besonders zu beachten. Die Ausweitung der Reisewege zwischen Ost und West, die Mitnahme von Speisen und der Umgang mit Speiseresten spielen bei der Verbreitung eine große Rolle.

In Rumänien ist die Infektiöse Anämie bei Einhufern mit einem großen Seuchenherd lokalisiert, eine konsequente Bekämpfung bleibt allerdings aus. Auch der große Anteil an Tollwutfällen vor allem in der Türkei fällt auf.

Am 25.01.2016 konnte nach intensiven Bemühungen des Landesuntersuchungsamtes, des MULEWF, der örtlichen Veterinärbehörden und der Tierseuchenkasse gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen und dem Saarland der Antrag auf Anerkennung von Rheinland-Pfalz als BHV1-freies Gebiet nach Artikel 10 der RL 64/432/EWG an die EU gestellt werden. Man erwartet noch vor der Sommerpause diesbezüglich einen positiven Bescheid und die Anerkennung des Status.

Bezüglich der Blauzungenkrankheit hat das Friedrich Löffler-Institut (FLI) inzwischen ein hohes Eintragsrisiko für Serotyp 4 und 8 festgestellt. Zurzeit ist davon auszugehen, dass eine typspezifische Impfung auf freiwilliger Basis ermöglicht wird. Zu bedenken ist, dass die Ausbreitung nur bei einer Impfabdeckung von über 80 % verhindert wird und eine serologische Unterscheidung zwischen Impf- und Feldvirus-Antikörpern nicht gegeben ist. Daraus können sich ggf. Handelsrestriktionen ergeben.

Europäische Innovationspartnerschaft Landwirtschaftliche Produktivität und         Nachhaltigkeit (EIP agri)

Wilhelm Zimmerlin, AL der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz berichtet zum Sachstand der EIP agri in Rheinland-Pfalz. Die europäischen Innovationspartnerschaften sind Bestandteil der Förderung der ländlichen Räume und der ELER-Förderung zuzuordnen. In Rheinland-Pfalz stehen 5,5 Mio. Euro für die Durchführung von Projekten zur Verfügung. Im ersten Aufruf wurde  als Leitthema u.a. Lösungsansätze für eine nachhaltige, ressourcen-,  klima- und umweltschonende sowie tiergerechte Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft formuliert.

Die Landwirtschaftskammer hat 4 Projekte für das Programm angemeldet, davon sind zwei aus dem Referat Tierzucht formuliert worden: „Lineare Beschreibung von Einzelmerkmalen beim Glanrind“ und „Prüfung der Grundfuttereignung und des Verhaltens beim Glanrind“. Außerdem wurde das Thema „Mehr Klimaschutz und Bodenfruchtbarkeit durch Einmal-Pflügen langjährig pfluglos bewirtschafteter Ackerflächen“ erarbeitet sowie  zusammen mit der FH Bingen, dem DLR Westerwald-Osteifel und beteiligten Landwirten das Projekt „Tierwohl durch innovatives Fütterungskonzept beim Schwein“.

Leider waren die zur Verfügung stehenden Mittel von 3 Mio. Euro für die Durchführung der Projekte im ersten Aufruf nicht ausreichend, um alle beantragten Projekte zu finanzieren. Obwohl die Projekte der Landwirtschaftskammer die erforderliche Punktzahl erreichten, wurde lediglich das Projekt „Tierwohl durch innovatives Fütterungskonzept beim Schwein“ genehmigt.  

Gertrud Werner, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz