Stallkonzepte für die Mutterkuhhaltung

Bei der Planung von neuen Stallbauten ist auch der Gebäudebestand hinsichtlich einer möglichen Nutzung sowie Neubau und Bestand auf Erweiterungsmöglichkeiten zu überprüfen.

Die überwiegende Anzahl der Betriebe in Rheinland-Pfalz hält Mutterkühe in der Regel im Nebenerwerb oder als Nebenbetriebszweig. Betriebswirtschaftliche Kalkulationen führen oft zu negativen Betriebs-Ergebnissen. Aus diesen Gründen sollte die Mutterkuhhaltung arbeits- und kapitalextensiv gestaltet werden. Weidehaltung während der Vegetationsperiode ist deshalb ein „Muss“! Stallgebäude sollten kostengünstig, gleichzeitig aber auch funktionsfähig sein und eine Mechanisierung in den Arbeitsabläufen erlauben.

Bei der Planung von neuen Stallbauten ist auch der Gebäudebestande hinsichtlich einer möglichen Nutzung sowie Neubau und Bestand auf Erweiterungsmöglichkeiten zu überprüfen. Die baulichen Ziele dienen vor allem einer Verbesserung der arbeitswirtschaftlichen Situation und des Tierkomforts.

Das Haltungssystem sollte den Anforderungen der unterschiedlichen Tierhaltungsgruppen genügen:

  • Kälber in verschiedenen Altersstufen
  • Mutterkühe in den unterschiedlichsten Trächtigkeitsstadien (falls keine Blockabkalbung erfolgt)
  • Deckbullen
  • Nachzucht

Ein Mutterkuhstall teilt sich in folgende Einzelbereiche auf: 

  • Liege-, Lauf- und Fressbereiche für Kühe und Kälber mit einem Flächenbedarf von mindestens 6,5 m² je Mutterkuh mit Kalb, empfehlenswert sind jedoch 8 – 10 m²;
  • Kälberschlupf - abgeteilter Bereich der nur für die Kälber zugänglich ist, mit Liegebereich und Zufütterungsvorrichtungen ca. 1,50 – 2,00 m² je Kalb;
  • Abkalbebereich für Problemkühe und Erstabkalbende, am besten mit Sichtkontakt zur Herde, Flächenbedarf ca. 10 - 12 m² je Kuh;
  • Bereich für Jungrinder zur Bestandsergänzung;
  • Sortier- und Behandlungsstand. 

Funktionsbereiche der verschiedenen  Haltungssysteme

In der Regel beträgt die Fressplatzbreite mind. 70 cm, je nach Rasse sollte die Fressplatzbreite jedoch das 1,3-fache der Schulterbreite betragen. Ein Fressplatz-Tier-Verhältnis von 1:1 ist anzustreben um Rivalitäten und Futterneid am Fressplatz und somit Stress für die Tiere zu vermeiden.

Es ist darauf zu achten, dass Kälber den Futtertisch nicht betreten können um Futterverschmutzung zu vermeiden. Dies kann mit geeigneten Fressgitterformen verhindert werden. Den Tieren sollten Einzelfressplätze z.B. durch Parallelogramm-, Palisaden- und Selbstfangfressgitter angeboten werden. Die Verwendung eines Selbstfangfressgitters ermöglicht die Fixierung bei Gruppen- oder Einzeltierbehandlungen. Dies erleichtert den Umgang mit den Tieren und sollte zumindest in Einzelbereichen eingebaut werden. 

Ausbildung des Liegebereiches

Der Liegebereich besteht überwiegend aus befestigten Liegeflächen mit Einstreu ohne Raumteilung. Die Möglichkeit einer Boxenstallhaltung mit Tiefboxen besteht ebenfalls. Die Liegeflächen mit Einstreu werden von den Tieren bevorzugt und ermöglichen ein freieres Bewegungs-, Liege- und Sozialverhalten. 

Laufbereich

Auf den Laufbereichen ist eine Sackgassenbildung zu vermeiden. Breiten von mind. 3,50 m am Fressgang und mind. 2,50 m im Laufgang (bei Liegeboxenhaltung) sind einzuhalten. Der Boden ist in der Regel planbefestigt ausgeführt und wird mit einem mobilen System entmistet. Stationäre Systeme sind in der Investition aufwändiger, auch im Hinblick auf einen notwendigen Querkanal zur Ableitung der flüssigen Bestandteile. Eine Ausführung mit Vollspaltenboden erhöht die Baukosten deutlich. Hier ist darauf zu achten, dass die Spalten auch für Kälber (max. 2,5 cm Spaltenweite) geeignet sind.

Bereich für Kälber

Einen besonderen Funktionsbereich in der Mutterkuhhaltung stellt der Kälberschlupf dar. Er muss bei der Stallplanung berücksichtigt werden, sobald sich Kälber im Stall befinden und ermöglicht Ihnen einen Rückzugsort vor den Kühen. Der Zugang sollte mind. 40 bis 50 cm breit und 100 cm hoch sein. Eine maschinelle Entmistung für diesen Bereich ist wichtig und bei der Planung zu beachten. Ein Platz an der Gebäudeseiten- oder Giebelwand mit Zufahrtmöglichkeit durch Tore bietet sich hier an. Im Liegeboxenstall ist die Platzierung des Kälberschlupfes im Kopfbereich von Liegeboxen sehr tiergerecht, weil eine sehr gute Kontaktmöglichkeit zwischen den Tieren besteht.

Abkalbebereich

Hier sind abtrennbare Abkalbebuchten eine Alternative, wenn Abkalbungen während der Stallhaltungsperiode zu erwarten sind. Sie ermöglichen es den Tieren artgerecht und in Ruhe abzukalben und bieten deutlich bessere hygienische Bedingungen als Abkalbungen in der Herde. Die einzelnen Buchten sollen mindestens ein Maß von ca. 5 x 5 m haben.

Außenklimastall

Als Außenklimastall wird eine meist ungedämmte Halle in einfacher Bauweise bezeichnet. Die Temperaturen in Außenklimaställen liegen normalerweise nur geringfügig über den Außentemperaturen. Somit sind die Tiere zwar dem Außenklima ausgesetzt, allerdings nicht den direkten Witterungseinflüssen.

Offenfrontställe in der Mutterkuhhaltung sollten Richtung Süd/Südost ausgerichtet sein. Für die in der Regel nur in den Wintermonaten genutzten Stallgebäude kann je nach Standort, die Offenfront geschlossen werden. Hierfür bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. So können je nach Budget  Windschutznetze oder Curtains verwendet werden, um einen zu starken Luftaustausch bzw. zu starke Windgeschwindigkeiten zu vermeiden.

Förderung

Unter gewissen Gesichtspunkten ist eine Förderung der Baumaßnahme möglich, wenden Sie sich hierzu bitte an die Förderberater bei den einzelnen Dienststellen der Landwirtschaftskammer. 

Die spaltenfreie Liegefläche muss so bemessen sein, dass alle Tiere gleichzeitig liegen können. 

Stallgebäude für Mutterkühe

mit Kalb

ohne Kalb

 

[m² / Tier]

[m² / Tier]

Liegefläche im Mehrflächenstall

4,50

3,50

Liegefläche im Einraumlaufstall

5,00

4,00

Nutzbare Stallfläche gesamt

6,50

5,50

Stallgebäude für die Nachzucht

6 bis <24 M

> 24 M

 

je Tier

je Tier

Liegefläche im Mehrflächenstall

2,50 m²

3,50 m²

Mind. nutzbare Stallfläche

3,30 m²

5,50 m²

Fressplatzbreite

(Fressplatz-/Tierverhältnis 1 : 1,5)

0,50 m

0,70 m

 

Perforierte Stallböden werden nicht gefördert! 

Gebäudeteile 

Boden

Grundsätzlich sind nach LBauO § 48 Abs. 3 Stallböden und die angrenzenden Wände gegen schädliche Einflüsse der Stallluft, der Jauche und des Flüssigmists zu schützen. Bei der Wahl des Betons im Stallbodenbereich ist auf die entsprechende Expositionsklasse des Betons zu achten. Mit der Einbringung des Stallbodens sollten fachkundige Firmen beauftragt werden, um den korrekten Einbau zu gewährleisten. Hier muss auf eine fachgerechte Nachbehandlung des Betons geachtet werden, um die entsprechende Qualität des Bodens zu erreichen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Oberfläche des Betons zu bearbeiten, um den Tieren einen möglichst rutschsicheren Boden anzubieten. Betonhersteller liefern Fertigelemente mit Oberflächenstruktur, welche im Werk hergestellt wurden. Bei Stallböden, welche vor Ort gegossen werden (Ortbeton) kann ebenfalls eine Struktur mit einer entsprechenden Schablone in den Beton gedrückt werden. In den meisten Ställen wird jedoch der sogenannte Besenstrich (mit Besen, Rechen ober Eigenkonstruktionen) auf den Beton aufgebracht. Man kann den Boden aber auch mit einer höheren Betondeckung ausbilden und in den abgebundenen Beton, mit geeigneten Maschinen, Rillen einfräsen. Rillenausbildung wird gerne in Altstallungen auf planbefestigten, wie auch auf Betonspalten vorgenommen. Es muss auch darauf geachtet werden, dass die Betonüberdeckung der Armierung nach dem Bearbeiten der DIN 1048 entspricht.

Gebäudehülle

Hinsichtlich der Gestaltung der Gebäudehülle eines Außenklimastalles sind verschiedene Parameter von Wand und Dach zu beachten.

Die Seitenwandhöhe (Traufhöhe) eines Außenklimastalles sollte je nach Gebäudebreite bei einem Mutterkuhstall eine Mindesthöhe von 4.00 m und höher aufweisen. Bei außenliegenden Futtertischen beträgt die Höhe der Traufe mind. 4,50 m bis 5,00 m. Im Außenwandbereich ist bei den Systemen mit Tiefstreu oder Tretmist eine Aufkantung von > 1.00 m zu betonieren um hier eine notwendige Stapelhöhe des Festmistes zu gewährleisten.

Curtain/Windschutznetz/Wandverkleidung

Die Wandgestaltung wird aus Kostengründen häufig mit einer Holzverschalung - Spaceboard - oder auch Verkleidung aus Stahlblechen hergestellt. Curtains oder Windschutznetzten sind ebenfalls möglich. Der Curtain kann wind- und temperaturabhängig vollständig geöffnet oder geschlossen werden, wodurch eine Steuerung der Lüftung möglich ist. Dies ist die teuerste Variante und in der Regel im Mutterkuhstall nicht wirtschaftlich.

Dach

Als Dacheindeckung kommen Wellfaserzementplatten oder Trapezbleche zur Anwendung. Wellfaserzementplatten benötigen eine aufwändigere Unterkonstruktion durch zusätzliche Koppelpfetten. Sie reagieren allerdings nicht so stark auf die Temperaturunterschiede innerhalb und außerhalb des Stalles, besonders im Winter. Dadurch wird ein Tropfwasseranfall im Stall gering gehalten.

Bei nicht gedämmten Trapezblechen entsteht in der Regel Tropfwasseranfall in den Morgenstunden, dies kann durch eine höhere Dachneigung minimiert werden. Gedämmte Dachelemente (Sandwichpaneele) sind eine ideale Eindeckung, jedoch in der Mutterkuhhaltung aufgrund der höheren Kosten kaum rentabel. Bei Neueindeckungen im Bestand und geringem Luftvolumen im Stall stellt diese Art der Eindeckung aus stallklimatischen Gründen eine Alternative dar.

Stallkonzepte

Mutterkuhhaltung kann in unterschiedlichen Stallsystemen erfolgen. Hier eine Übersicht der gängigen Möglichkeiten:

 

Einraumlaufstall

Zweiraumlaufstall

Boxenlaufstall

Standfläche

 

X

 

 

 

Lauf-/Fressgang

 

 

X

X

X

Tiefstreu

X

X

X

 

 

Tretmist

 

 

 

X

 

Liegeboxen

 

 

 

 

X

Eine Schnittzeichnung mit den verschiedenen Varianten finden Sie in Abb. 1.

1.    Einraumlaufstall mit Tiefstreu (Abb. 2)

Dies ist der einfachste Stalltyp, er kann als Offenfrontstall mit einem Pultdach oder auch als Satteldachhalle mit eingehaustem Futtertisch ausgeführt werden. Die eingestreute Fläche ist mind. 20 cm tiefer als der Futtertisch. Die Höhendifferenz kann auch deutlich größer sein und bis zu 80 cm betragen. Die eingestreute Fläche wächst im Laufe der Stallperiode an. Die Rückseite des Stallgebäudes muss mit einer Betonaufkantung > 1.00 m versehen werden. Die Seiten der Bodenplatte sollten mit entsprechenden Umrandungen ausgebildet sein, um ein Ablaufen von Jauche aus dem Stall zu verhindern. Bei ca. 11 kg Einstreu/GV/Tag geht man davon aus, dass keine Jauche anfällt.

2.    Zweiraumlaufstall mit Standfläche und Tiefstreu

Dies ist eine Ausführung mit Futtertisch, Standfläche in einer Breite von ca. 1,80 m sowie einem tiefer liegenden eingestreuten Stallbereich, der über Stufen erreichbar ist. Bei diesem System fällt bei ausreichender Einstreu ebenfalls keine Jauche an. Die Stufen haben idealerweise eine Steigung von ca. 30 cm und eine Auftrittsfläche von 60 cm. Die eingestreute Fläche wächst im Laufe der Stallperiode ebenfalls an. Auf eine Zwischen-Entmistung und somit eine gesonderte Mistplatte kann je nach Stalllagervolumen und Besatzdichte verzichtet werden.

3.    Zweiraumlaufstall mit Fressgang und Tiefstreu (Abb. 3)

Dieses System wird mit Futtertisch und Fressgang sowie einem tiefer liegenden, eingestreuten Stallbereich gebildet. Der Tiefstreubereich wird meist über Stufen zugänglich gemacht. Der Zugang erfolgt über mind. zwei Durchgänge, der Rest wird mit Abtrenngittern abgesperrt, so dass die Tiere bei der Entmistung des Fressganges leicht im Strohbereich separiert werden können. Bei diesem System fällt im Bereich des Laufganges Jauche an, welche an der Hofstelle für 6 Monate zu lagern ist. Je GV sind bei dieser Stallvariante 0,60-0,70 m³/Monat zu lagern.

4.    Tretmiststall ohne Gefälle, mit Gefälle zum Fressgang, mit Gefälle nach Außen (Abb. 1)

Der Tretmiststall ist ein Stall mit zwei getrennten Funktionsbereichen. Im Liege- und Aufenthaltsbereich hat der Boden ein Gefälle zwischen 0 und 6 Prozent hin zum Fressbereich, was auch entgegengesetzt (umgekehrter Tretmiststall) möglich ist. Die Einstreumenge im Liegebereich beträgt circa 3-5 kg Stroh pro Tier und Tag. Dieses wird von den Tieren durch ihr Gewicht vermischt mit Kot und Harn als Mist Richtung Fressgang getreten. Die Entmistungsintervalle am Fressgang richten sich nach anfallender Menge und Besatzdichte. Damit ein Tretmiststall funktioniert sollte ein Mindestbesatz von größer 100 kg Lebendgewicht pro m² Einstreufläche vorhanden sein.

5.    Boxenlaufstall mit Kälberschlupf und Abkalbebereich (Abb. 4)

Der Boxenlaufstall benötigt je nach Ausführung eine geringere Stallgrundfläche als z.B. der Mehrraumlaufstall. Das Liegen für die Tiere ist in den Boxen (ca. 1,25 x 2,50 m) ungestörter. Liegeboxen sollten als Tiefboxen ausgeführt werden. Der Strohbedarf ist insgesamt geringer als bei den anderen Stallsystemen, die Baukosten aufgrund der notwendigen Stalleinrichtung aber höher. Die Entmistung der Laufgänge kann mit stationären oder mobilen Systemen erfolgen. Zur Aufnahme der Jauche ist ein Querkanal sinnvoll, der vor allem bei stationären Systemen unerlässlich ist, was wiederum die Baukosten erhöht.

Fazit

Die vorgenannten Stallsysteme sind praktikabel und bieten Vor- und Nachteile. Der Tierkomfort wird besonders durch eine bauliche Trennung von Fress- und Liegebereich, dem Liegekomfort und durch die Begegnungsfreundlichkeit von Kuh und Kalb beeinflusst. Bei diesen Kriterien schneiden Zweiflächenbuchten mit freier Liegefläche, also Tiefstreu- und Tretmistsysteme am besten ab. Liegeboxenställe sind zwar platz- und strohsparend, schränken jedoch durch die Liegeboxenabtrennungen die Bewegungsfreiheit beim Liegen und den Kontakt zwischen Kuh und Kalb ein. Die Erweiterungen und Umnutzungen sollten in der Planung genauso mit einbezogen werden, wie Tiergesundheit, Baukosten und Arbeitswirtschaftlichkeit.

Bei Rückfragen sprechen Sie mich gerne an

Beate Möntenich, Dipl.-Bauing. (FH), Tel. 0261 / 91 593 - 243