Staatssekretär Michael Hauer zu Gast bei der Landwirtschaftskammer RLP

In der Ausschusssitzung Raumordnung, Regionalentwicklung und Naturschutz der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz am 25. März 2022 konnte der Vorsitzende Ludwig Schmitt Vertreter der Hausspitze des Klimaschutzministeriums aus Mainz begrüßen.

Staatssekretär Michael Hauer war in Begleitung von Johannes Sattler zu Gast, um über die Perspektiven der Landwirtschaft im Rahmen der Energiewende zu diskutieren. Neben den Ausschussmitgliedern, die erstmals seit zwei Jahren wieder in Präsenz tagen konnten, waren auch Präsident Ökonomierat Norbert Schindler und die Vizepräsidenten Ökonomierat Heribert Metternich und Michael Horper sowie Vorstandsmitglied Walter Clüsserath an der Sitzung anwesend.

Für Staatssekretär Hauer ist die Landwirtschaft ein zentraler Bestandteil der Energiewende, um von Energieimporten unabhängig zu werden. Dazu zählt nicht nur die Bereitstellung von Flächen für Photovoltaikanlagen, sondern auch die Bioenergie und als weitere Energiequelle nach wie vor die Windkraft. Hier sieht Staatssekretär Hauer Perspektiven insbesondere im Wald und auf den Kalamitätsflächen.

Zum Thema Photovoltaik (PV) stellte er fest, dass es kein entweder/oder geben könne - also entweder Dachflächen oder Freiflächen, sondern zwingend ein sowohl/als auch. Für den Ausbau von PV-Anlagen hält er verbindliche Rahmenbedingungen für erforderlich, so sieht er den Konflikt zu den landwirtschaftlichen Vorrangflächen und die Notwendigkeit, zunächst geeignete Dachflächen sowie versiegelte Flächen zu berücksichtigen. In der Summe wird es jedoch den Bedarf geben, rund 2.500 ha landwirtschaftliche Flächen für PV-Anlagen zu generieren. Hierzu soll das Landesentwicklungsprogramm fortgeschrieben werden und die Planungsgemeinschaften sollen geeignete Vorbehaltsflächen ausweisen. Es ist jedoch unbedingt zu berücksichtigen, dass hochwertige landwirtschaftliche Flächen – auf regionaler Ebene betrachtet – nicht für PV-Anlagen in Anspruch genommen werden.

Für eine Umsetzung vor Ort ist zwingend eine Akzeptanz der Grundstückseigentümer, der Bewirtschafter und der Bevölkerung erforderlich. Hierzu können Bürger-Solidarpakte einen Beitrag leisten. Staatssekretär Hauer sieht aber auch die Folgen der hohen Pachtpreise und die Konkurrenz der Flächen zwischen Energie und Nahrungsmittel und Naturschutz/Biodiversität. Da Photovoltaik schon heute die günstigste Form der Energieerzeugung ist, wird es keinen Weg an der weiteren Installation von PV-Anlagen vorbei geben. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wird dabei in Zukunft wohl nur eine untergeordnete Rolle spielen. In dem Zusammenhang sprach Staatssekretär Hauer auch von den im EEG höher geförderten Agri-PV- Anlagen. Ob dieser Bonus von 0,5 Cent/Kwh ausreichend sei, muss noch kritisch hinterfragt werden, denn die Installation von Agri-PV verursacht erhebliche Mehrkosten und der Stromertrag je ha in Anspruch genommener Fläche ist geringer.

Agri-PV kommt nach Ansicht von Staatssekretär Michael Hauer nur dann in Frage, wenn die bisherige Hauptnutzung Landwirtschaft bestehen bleiben kann. Dies kann bei großflächiger Beweidung der Fall sein, bei der Überdachung von Sonderkulturen wie Beerenobst und bei bifacialen Anlagen.

Die Diskussion der Ausschussmitglieder, insbesondere zu den PV-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen, war sehr intensiv. Zunächst ging es bei vielen Fragen darum, wie eine sichere Energieversorgung möglich sein kann, wenn Wind und Sonne nicht kontinuierlich zur Verfügung stehen, andererseits Windstrom zur Verfügung steht, der aber nicht gebraucht wird, so dass Anlagen abgeschaltet werden müssen. Eine schnelle und pauschale Lösung wird es hierzu nicht geben. Überschüssigen Strom anderweitig zu nutzen, z. B. für Green Gas scheitert daran, dass diese Anlagen nur wirtschaftlichen betrieben werden können, wenn sie voll ausgelastet werden können.

Die Ausschussmitglieder zeigten sich grundsätzlich offen für eine Lösung der Energieversorgung unter Einbindung der Landwirtschaft. Aber es wurden auch zahlreiche Vorschläge gemacht, zunächst versiegelte Flächen, Parkplätze und Straßen und Wege zu überdachen.

Nach der Mittagspause verabschiedete der Ausschuss ein überarbeitetes Papier zur Positionierung der Landwirtschaftskammer zu Freiflächen-PV-Anlagen, dass auch Leitlinie für die Mitarbeiter der Raumordnung in den Genehmigungsverfahren sein soll. Neben der konsequenten Einhaltung der Planungsschritte und der Vermeidung einer Planung auf Zuruf, gehört ganz besonders der Schutz ertragsreicher Standorte dazu. Dies ist regional zu betrachten und muss in erster Linie die Vorrangflächen Landwirtschaft in der Regionalplanung berücksichtigen. Das Papier schließt aber auch eindeutig nicht aus, dass naturschutzrelevante Flächen wie Magerrasen prioritär für PV-Flächen ausgewählt werden sollen. Das verabschiedete Papier wird dem Vorstand der Landwirtschaftskammer zur Entscheidung vorgelegt.

In den weiteren Tagesordnungspunkten wurde über die Zusammenarbeit mit dem Naturschutz berichtet. Abteilungsleiter Ralph Gockel als Geschäftsführer des Ausschusses stellte eine Reihe von Projekten vor. Auf der unteren Ebene funktionieren Absprachen zwischen Naturschutzverbänden und landwirtschaftlichen Verbänden immer besser, dazu hat auch die Verabschiedung eines gemeinsamen Papiers vor einem Jahr beigetragen. Die Landwirtschaft vermisst aber nach wie vor klare Signale der Politik, um die neuen Wege der Zusammenarbeit auch in konkrete Projekte münden zu lassen.

Der Ausschussvorsitzende Ludwig Schmitt lobte sehr deutlich die modellhaften Kooperationsprojekte MOKO nach dem niederländischen Model. Er forderte die massive Unterstützung der Politik, auch in finanzieller Hinsicht, für den Ansatz der Kooperation. Die Arbeit der Partnerbetriebe Naturschutz sei hierfür nicht ausreichend und auf keinen Fall dürfen die geplanten Naturschutzstationen an der landwirtschaftlichen Praxis vorbeigeplant werden, so Ausschussvorsitzender Ludwig Schmitt.

Um die landwirtschaftlichen Flächen und ihre guten Nutzungseigenschaften besser zu erfassen und digital verwerten zu können, startet die Landwirtschaftskammer ein auf zweieinhalb Jahre angelegtes Projekt zum Aufbau eines landwirtschaftlichen Informationssystems Agrar-Freiraum-Analyse. Die Ausschussmitglieder sollen dabei in den Regionen eng eingebundenen werden. Das digitale Kartenwerk soll einen Beitrag leisten, die Wertigkeit landwirtschaftlicher Flächen für andere Planungen besser hervorzuheben, um die Landwirtschaft besser zu schützen.

Zum Abschluss informierte die Pflanzenbaureferentin der Landwirtschaftskammer, Isabell Sando, über den Stand der Düngeverordnung, der Roten Gebiete und der Pflanzenschutzmittelanwendungsverordnung. Zwar hat sich die Gebietskulisse der Roten Gebiete vorübergehend verkleinert, aber wegen der Anforderungen der EU müssen diese erneut überarbeitet werden. Isabell Sando verwies auf den dringenden Bedarf, weitere Messstellen zu generieren, dazu möchte das Landesamt für Umwelt auch private Brunnen und Messstellen nutzen. Die Ausschussmitglieder sehen diesen Ansatz kritisch. Für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten gibt es für den Obstbau eine vorübergehende Befreiung. Ob dies dazu beitragen wird, den für den Naturschutz wichtigen Obstbau in Schutzgebieten zu erhalten hinterfragten die Ausschussmitglieder ebenfalls kritisch.

Ralph Gockel, LWK RLP