Seltsame Planungsabsichten in Wachenheim

Flächenfraß bei der Regionalplanung in der Metropolregion Rhein-Neckar: Der vierte Beitrag unserer "TOP 5" blickt nach Wachenheim.

Der Regionalplan für die Metropolregion Rhein-Neckar leistet dem „Flächenfraß“ Vorschub. Er sieht eine weitere Ausweisung von Wohn-, Industrie- und Gewerbeflächen vor. Das Potenzial für Wohnbauflächen beträgt rund 2.500 Hektar. Nun sollen noch mindestens weitere 200 Hektar hinzukommen. Bei den Gewerbeflächen sind es 2.000 Hektar, die planungsrechtlich bereits gesichert sind. Dennoch sollen dort auch noch 500 Hektar hinzukommen. Die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer dazu fiel kritisch aus, doch es wird weiter geplant, ohne Rücksicht auf Verluste. Ein Team der Abteilung Raumordnung der Landwirtschaftskammer befasst sich seit geraumer Zeit intensiv mit diesem Regionalplan und stellt nun die „Top 5“ vor – die fünf gravierendsten Fälle von Flächenverbrauch. Diesmal geht es um die Nummer 4: Wachenheim.

Nicht selten hat es die Raumordnung der Landwirtschaftskammer mit Neubaugebietsplanungen zu tun, bei denen neue, teils hochgradig störempfindliche Nutzungen an eine im Außenbereich liegende Aussiedlung heranrücken. Das reicht vom allgemeinen oder reinen Wohngebiet über Hotels und/oder Wellnesseinrichtungen bis hin zum hochgradig sensiblen Seniorenwohnheim.

In manchen Fällen lässt sich der drohende Immissionskonflikt durch ausreichende Abstände oder geeignete Schutzvorkehrungen abwenden, wie beispielsweise durch aktive oder passive Lärmschutzmaßnahmen. Das können dann Lärmschutzwände, Lärmschutzwälle oder Schutzvorkehrungen an den Gebäuden selbst sein, wie etwa dauerhaft verschlossene Fenster mit Zwangsentlüftung und die Verwendung von Außenwandbauteilen mit bestimmten Schalldämmmaßen.

Diese werden dann in einem Bebauungsplan als sogenannte „Schutzvorkehrungen gegen schädliche Umwelteinwirkungen“ für die Bauherren verbindlich festgesetzt. Denn jedem Bebauungsplan obliegt die Grundpflicht einer jeden öffentlich-rechtlichen Bauleitplanung, nämlich für gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sorgen zu müssen. Er darf keine Immissionskonflikte heraufbeschwören, sondern muss sie im Gegenteil verhindern.

Schließlich sind auch die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe mit teilweise sehr hohem technischen Aufwand in den Außenbereich gegangen, um dort störungsfrei wirtschaften und sich ohne Belastung anderer weiterentwickeln zu können. Folgt ihnen der Planungsträger eines Baugebiets mit störempfindlichen Nutzungen auf dem Fuß, steht er in der Beweislast, keinen dauerhaften Konflikt damit zu erzeugen.

Dazu fordert die Kammer in den Bebauungsplanverfahren entsprechende fachgutachterliche Erhebungen und Lösungsvorschläge für effektive Schutzvorkehrungen. Denn wenn überhaupt kann nur so ein hinlänglich konfliktfreies Miteinander zwischen Wohnen und landwirtschaftlicher Aussiedlung gewährleistet werden. Das liegt unmittelbar im Interesse der gegenseitigen Rechts- und Planungssicherheit.

In manchen Fällen liegt es aber auf der Hand, dass ein solcher Immissionskonflikt praktisch nicht oder für beide Seiten nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand bewältigt werden kann. Das hätte sich den Plangebern der Metropolregion für das von ihnen in den Weinbergslagen unmittelbar südlich der Stadt Wachenheim gesehenen Wohnbauflächenpotenzial „DÜW-02“ eigentlich von vorn herein aufdrängen müssen.

Abgesehen davon, dass weder Stadt noch Verbandsgemeinde Interesse oder Initiative an einer solchen Wohnbaulandentwicklung gezeigt haben, eben weil sie den drohenden Konflikt mit den umliegenden Landwirtschaftsbetrieben sehen: Man fragt sich dann schon, was das für eine Art „Gegenstromprinzip“ sein soll, wenn Gemeinden Flächenpotenziale auferlegt bekommen, mit denen sie selbst nicht klarkommen und solche an ganz anderer, weitaus konfliktfreierer Stelle sehen.

Das Ergebnis im Moment: Mehrere landwirtschaftliche Aussiedler und zudem noch innerhalb der Siedlungsrandlage befindliche Betriebsstätten würden nach den Planungsüberlegungen der Metropolregion von einer Wohngebietsfläche in der Größenordnung von knapp 10 Hektar regelrecht eingeschnürt, was sich alleine schon von dem landwirtschaftlichen Verkehrsaufkommen in einem Neubaugebiet als vollkommen abwegig darstellt. Zudem sollen dafür durchweg weinbaulich sehr gut nutzbare Flächen in Anspruch genommen werden.

Ob aus Versehen oder vielleicht sogar bewusst geschehen: Es ist weder zu verstehen noch zu akzeptieren, dass man sich bei der Potenzialflächenanalytik derart rücksichtslos über die landwirtschaftlichen Belange hinwegsetzt und auch die damit vorprogrammierten Immissionskonflikte den nachfolgenden Planungsebenen, sprich den Gemeinden und letztendlich den betroffenen Betrieben und Anwohnern, hinterlässt.

Hinzu kommt, dass heutzutage selbst in ländlich geprägten Regionen, wo eigentlich offenkundig ist, dass mit landwirtschaftlicher Betriebstätigkeit gerechnet werden muss, immer häufiger Anspruchshaltungen auf absolute Störungsfreiheit anzutreffen sind. Diese liegen bisweilen weit über dem, was nach dem technischen Regelwerk als zumutbar gilt.

Die Erkenntnis dessen stellt sich oftmals aber erst nach jahrelangem Nachbarstreit, langwierigen Gerichtsprozessen und dafür teuer erstellten Fachgutachten heraus. Auch angesichts der immer höheren Bau- und Planungskosten ist es nicht verantwortbar, dass sich eine Baugebietsüberlegung vom Immissionsschutz her im Nachhinein gleichsam als Experiment herausstellt.

Wer also als Planungskapazität meint, auf einem bestimmten Standort ein Wohngebietspotenzial identifiziert zu haben, sollte sich vorher darüber informieren, was er damit vor Ort bewirkt, bevor er es als solches ohne jedwede Vorankündigung oder Vorabstimmung in die Öffentlichkeit trägt und andere mit seiner Idee „ins Schwitzen“ bringt.