Zunehmende Bürokratie ist Motor des Strukturwandels

In seiner Rede beim Parlamentarischen Abend der Landwirtschaft im Landesmuseum in Mainz ging der Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Ökonomierat Norbert Schindler, MdB, unter anderem auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft ein.

Mit rund 17.500 landwirtschaftlichen Betrieben im Land liegt die Zahl um 600 niedriger als im Vorjahr. Im Vergleich zum Jahr 2010 ist die Anzahl der Betriebe sogar um 15 Prozent gefallen. „Ein Motor des Strukturwandels ist die zunehmende Bürokratisierung“, betonte Schindler. „Bestes Beispiel im negativen Sinne ist hier die neue Düngeverordnung.“
Fachlich nicht gerechtfertigte und zum Teil falsche Regelungen fänden wenig Verständnis bei den Landwirten. Bei der leider dennoch gebotenen Umsetzung sei Hilfestellung dringend notwendig. „Dafür benötigen wir gut ausgestattete Dienstleistungszentren mit qualifizierten Mitarbeitern“, sagte der Präsident. Dies gelte auch für die Berufs- und Fachschulen. „Es werden mehr Lehrer gebraucht. Der Unterrichtsausfall muss reduziert werden.“ Für minderjährige Schüler, die weite Wege auf sich nehmen müssten, seien Übernachtungsmöglichkeiten und Betreuungsangebote bereitzustellen.

Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing versprach in seiner Ansprache den Landwirten und Winzern, sich für Planungssicherheit, Stabilität und Verlässlichkeit auf finanzieller, instrumenteller und institutioneller Ebene stark zu machen. „Wir wollen auch nach 2020 eine starke erste Säule zur Einkommensstützung. Und wir setzen uns in Brüssel für einen dringend notwendigen Bürokratieabbau ein“, sagte Wissing. Er stehe für eine zukunftsgerichtete Politik, die den Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe Rechnung trage. „Ich möchte die Innovations- und Investitionskultur stärken, dem Mittelstand die richtigen Rahmenbedingungen bieten und unsere ländlichen Räume lebenswert weiterentwickeln“, so Wissing. Ein besonderes Augenmerk lege er daher auf die Förderung von Investitionen in digitale Technik.

Kartellverfahren in Forstwirtschaft

Schindler gab einen Überblick über weitere aktuelle Themen: Auf dem Gebiet der Tierhaltung klagten die Erzeuger über zu hohe Gebühren bei Fleischbeschau und Schlachtungen. Hausschlachtungen werde es bald überhaupt nicht mehr geben. „Es gibt zudem überzogene und fachlich falsche Anforderungen von Kreisveterinären im Hinblick auf tiergerechte Haltungsverfahren“, informierte Schindler. Auch das trage dazu bei, dass die Tierhaltung in Rheinland-Pfalz weiterhin auf dem Rückzug sei. In diesem Zusammenhang forderte Schindler, dass die Beratungsangebote für die Tierhalter bei Land und Kammer weiterhin vom Land finanziert würden.
Im Bereich des Weinbaus sprach Schindler die Änderungen im Weingesetz an. Unter anderem wurde ein Hektarhöchstertrag für Flächen zur Erzeugung von „Deutschem Wein“ eingeführt. Die Landesregierungen haben zudem die gesetzliche Anerkennung von Schutzgemeinschaften, die zukünftig als repräsentative Vertretung der Trauben- und Weinerzeuger eines Ursprungsgebiets Änderungen in den weinrechtlichen Detailregelungen beantragen können, ermöglicht.
Die Forstwirtschaft beschäftigt aktuell das Kartellverfahren. Dabei soll das Land nach den Vorgaben des Bundeskartellamtes nicht mehr das Holz der privaten und kommunalen Waldbesitzer gemeinsam mit dem Staatswaldholz gebündelt verkaufen. „Das bedeutet, dass neue kartellrechtskonforme Verwaltungsstrukturen aufgebaut werden müssen“, so Schindler. „Die Landwirtschaftskammer erwartet hier, dass auch künftig die privaten Waldbesitzer unterstützt werden. Wir werden uns als Partner in diesen Prozess einbringen.“

Ernte regional sehr unterschiedlich

Weiterhin ging Schindler auf Ernteergebnisse und Erzeugerpreise in den unterschiedlichen Bereichen der Landwirtschaft ein. „Während die Milchkrise der vergangenen Jahre überwunden zu sein scheint, sind etwa die Fassweinpreise für Standardrebsorten mit 70 bis 100 Euro pro Hektoliter wenig befriedigend“, bemerkte der Kammerpräsident.
Die Getreideernte fiel von der Menge her durchschnittlich und in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich aus. Die Frostnächte im April haben besonders den Obst- und Gemüsebau getroffen. Hier gibt es je nach Region sehr hohe Schäden bis hin zu Totalausfällen. Die Ernteerwartungen für den Weinjahrgang 2017 sind in Anlagen, in denen keine Spätfrostschäden vorliegen, durchaus gut.