Zuckerrüben retten und trotzdem keine Bienen gefährden

Rund um die Notfallzulassung der Neonicotinoide beim Zuckerrübenanbau wird intensiv diskutiert. Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz möchte mit einem Fachbeitrag die aktuelle Lage einordnen.

„Der Zuckerrübenanbau ist in Rheinland-Pfalz ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Im Jahr 2020 wurden auf rund 17.300 Hektar Zuckerrüben angebaut. Allerdings ist die Lage derzeit sehr angespannt“, sagt Isabelle Sando, Referentin für Acker- und Pflanzenbau bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Das Problem: ein zunehmender Vergilbungsvirusbefall auf den Zuckerrübenfeldern, der mehr und mehr den Anbau der Kultur gefährdet. Überträger des Virus ist die Blattlaus, genauer die Grüne Pfirsichblattlaus. Innerhalb kurzer Zeit kann sich das Virus auf der Zuckerrübenfläche ausbreiten, und die Viruslast nimmt weiter zu. Dieses Phänomen konnte besonders in den letzten Jahren beobachtet werden. Durch die zunehmend milden Winter überleben die erwachsenen Blattläuse und übertragen, mittels Saugtätigkeit, im Frühjahr das Virus auf die jungen Rübenpflanzen.

Die wirtschaftlichen Folgen des Virusbefalls im Zuckerrübenanbau sind enorm. Ertragseinbußen von 20 bis 45 Prozent sind die Folge - inklusive reduzierter Zuckerproduktion, erklärt Isabelle Sando: „Der Anbau der Kultur wird immer unwirtschaftlicher. Das hat nicht nur zur Folge, dass Betriebe die Kultur aus der Fruchtfolge nehmen und mit der Blattfrucht Zuckerrübe eine wichtige Komponente in der Fruchtfolgegestaltung wegfällt. Der Schaden ist viel weitreichender, wenn sich die Produktion in der eigenen Region und im eigenen Land nicht mehr rentiert. Dadurch brechen ein wichtiger Wirtschaftszweig und damit verbundene Arbeitsplätze weg.“

Durch die Notfallzulassung von mit Thiamethoxam gebeiztem Saatgut können Blattläuse wirkungsvoll bekämpft werden. Mit der Beizung des Saatgutes werden die Pflanzen in ihrer Auflaufphase geschützt, der Wirkstoff verteilt sich direkt in der Pflanze. Da der Wirkstoff Thiamethoxam in der Pflanze verteilt bleibt, kann er nicht für Bienen oder andere Bestäuber gefährlich werden. Die einzige Möglichkeit der Wirkstoffaufnahme für Bestäuber wäre über Pollen oder Nektar. Die Zuckerrübe kommt allerdings nicht in die Blüte, somit ist die Zuckerrübe überhaupt nicht interessant für Bestäuber, und eine Wirkstoffaufnahme ist nicht möglich. Ein indirektes Risiko für Bestäuber besteht darin, dass Wirkstoffreste im Folgejahr durch blühende Pflanzen aufgenommen werden können. Allerdings ist in der Notfallzulassung ganz klar für Rheinland-Pfalz geregelt, dass als Folgekultur zur Zuckerrübe keine bienenattraktiven Pflanzen angebaut werden dürfen und ein Nachbau von Gemüse und Kräutern verboten ist. „Die angebliche Gefahr für Bienen ist also de facto nicht vorhanden“, stellt die Referentin fest.

Der Einsatz der Saatgutbeizung ist als nahezu ungefährlich gegenüber Bestäubern einzustufen und schont sämtliche Nicht-Zielorganismen, die die Zuckerrübenpflanze nicht schädigen. Die alternative Bekämpfung von Blattläusen ist die insektizide Spritzapplikation. Dabei sind allerdings große Nachteile in Kauf zu nehmen: Einerseits ist die Wirkung der noch vorhandenen Mittel unsicher, andererseits sind bereits Resistenzen nachgewiesen worden, wodurch über kurz oder lang keine Wirkung mehr erzielt werden kann.