Worauf ist zu achten, damit der Generationswechsel gelingt?
Viel Zeit vergeht ungenutzt, in der man sich in der Familie hätte gemeinsam unterhalten können, wie die Interessen der einzelnen Familienmitglieder sind und wie diese zu einem frühen Zeitpunkt vertraglich fixiert werden sollen. Beispiele aus dem praktischen Leben, insbesondere Unglücksfälle und schwere Krankheiten, zeigen immer wieder, welche schwerwiegenden Probleme entstehen können, wenn noch keine rechtlichen Regelungen zur Hofnachfolge getroffen worden sind.
Grundsätzlich treffen die Interessen von Hofübergeber, Hofübernehmer und den weichenden Erben aufeinander, und es gilt eine Übereinkunft zu erzielen, die ein einvernehmliches Miteinander zwischen den Familienmitgliedern herstellt. Durch rechtzeitiges Handeln sollte der Betriebsleiter diese Möglichkeit der freien vertraglichen Vereinbarung, die ihm das deutsche Erbrecht bietet, nutzen. Im Todesfall gelten ansonsten gesetzliche Regelungen, die in den wenigsten Fällen zu einem Ergebnis führen, das den Vorstellungen eines weiterdenkenden Betriebsleiters entspricht. Das gilt vor allem für die Betriebe für die nicht das Anerbenrecht der Höfeordnung gilt. Gerade in den Fällen der gesetzlichen Regelung werden die persönlichen Verhältnisse viel zu wenig berücksichtigt. Die dann eintretenden rechtlichen Folgen können dann auch nicht den individuellen Vorstellungen der von der Hofübergabe Betroffenen gerecht werden.
Obwohl jede Hofübergabe ihre ganz eigene Problematik hat, sind doch fast immer wieder ähnliche Interessenlagen vorzufinden. So möchte der Hofnachfolger die Belastung für seinen Hof möglichst gering halten, weil er die Grundlage für sein späteres Einkommen ist. Die Geschwister als weichende Erben erwarten eine angemessene Abfindung, weil sie den hohen Vermögenswert des Hofes sehen. Die Hofübergeber streben eine angemessene finanzielle Absicherung für ihr Alter an und möchten, dass alle Geschwister möglichst gerecht behandelt werden.
In Berechnungen zeigt sich oft, dass landwirtschaftliche Betriebe, die auch in Zukunft erfolgreich weiterwirtschaften wollen, keine großen zusätzlichen Belastungen hinsichtlich Altenteillasten und Abfindungsleistungen finanziell verkraften können. Diese Tatsache verschärft naturgemäß die Problematik, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen herbeizuführen, noch zusätzlich. Die unterschiedlichen Ziele der Beteiligten führen zwangsläufig zu Konflikten. Je mehr Personen an diesem Prozess beteiligt sind und je unterschiedlicher ihre Interessenlage ist, desto schwieriger wird es eine einvernehmliche Lösung zu finden. Es geht nicht nur darum, eine wirtschaftliche tragbare Lösung zu finden, sondern es soll auch der Familienfrieden langfristig gesichert werden. Wenn die menschliche Dimension nicht genügend beachtet wird und unbearbeitete Defizite bleiben, kann das Streitereien nach sich ziehen. Unter diesen Bedingungen können auch die ökonomischen Verhältnisse sehr schnell ins Ungleichgewicht geraten. Es bedarf daher großer Anstrengungen aller Beteiligten, um ihre persönlichen und beruflichen Interessen in Einklang miteinander zu bringen und vor allem ihr zwischenmenschliches Beziehungsklima zu beachten. Vor allem die Menschen müssen ins Zentrum des Denkens, Handelns und Entscheidens gerückt werden. Nur eine gemeinsam erarbeitete und von allen akzeptierte Lösung ist "gerecht". Bei schwerwiegenderen Konflikten zwischen den Parteien empfiehlt es sich, eine von allen akzeptierte Person des Vertrauens einzuschalten.
Das Thema Generationswechsel muss als fließender Prozess unter Teilnahme aller Personen behandelt werden. Die Weichen für eine Hofübernahme werden bereits gestellt, wenn ein oder mehrere Kinder sich für die Ausbildung in einem landwirtschaftlichen Beruf entscheiden und dann auch auf dem elterlichen Betrieb mitarbeiten. Weitere Schritte sollten die Übertragung von Zuständigkeitsbereichen in Eigenverantwortung sein. Sehr häufig wird heute der zukünftige Hofübernehmer als Vertragspartner in eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eingebunden. Die Eltern sollten den weichenden Erben bewusst machen, dass der Hofübernehmer nicht nur den Hof erhält, sondern auch mit dem Altenteil zusätzliche Verantwortung und Belastungen für sie übernimmt. Als Minimalregelung genügt zwar die Übertragung des Hofes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge durch den Hofeigentümer auf den Hoferben. In der Praxis ist es aber sinnvoller, den Übergabevertrag als Gestaltungsmöglichkeit für die Abfindung der weichenden Erben zu nutzen, damit die Abfindungsansprüche der weichenden Erben auch geregelt sind.
Es muss dringend davon abgeraten werden, aufgrund von Zeitdruck noch kurz vor Beendigung des Wirtschaftsjahres oder wegen bevorstehender steuerrechtlicher Änderungen kurzfristig binnen weniger Tage solche Verträge abzuschließen und notariell beurkunden zu lassen. Bei eilig abgewickelten Fällen, in denen sich die Parteien nicht ausreichend mit der Problematik befasst haben, besteht die Gefahr, dass grundlegende Dinge nicht richtig geregelt sind und später erhebliche Nachteile hervorrufen können. Weil jeder Fall individuell betrachtet werden muss, ist eine umfassende Beratung durch Fachleute angebracht. Dafür sollte ein Zeitraum von mindestens mehreren Monaten vorgesehen werden.
Da sowohl soziale, als auch steuerliche, rechtliche und wirtschaftliche Aspekte zu bedenken sind und vorhandene Ansprüche abgewogen werden müssen, gilt es, diese in der Familie zu diskutieren und von fachlich kompetenten Beratern prüfen zu lassen. Je nach Sachlage sind dazu Steuerberater und Berater, die sich in Fragen der Sozialversicherung und der Berechnung des Ertragswertes auskennen, eventuell auch Rechtsanwälte hinzuzuziehen. Am Ende dieses Weges steht dann die notarielle Beurkundung des Vertrages. Diese Vorgehensweise bietet die größte Gewähr zum Erreichen einer möglichst optimalen Lösung.