Wir leben im Dorf – Das Dorf lebt durch uns

Die Bewältigung des demografischen Wandels in unseren Dörfern hat für die rheinland–pfälzischen LandFrauenverbände einen besonderen Stellenwert.

Die Arbeitsgemeinschaft der LandFrauenverbände bot in Kooperation mit der Agrarsozialen Gesellschaft eine zweitägige Weiterbildung zur Dorfentwicklung auf dem Gretenhof in Sohren an. 

"Wir müssen unsere Dörfer lebenswert erhalten", betonte Rita Lanius-Heck, Vizepräsidentin des LandFrauenverbandes Rheinland-Nassau, in ihrer Begrüßung. 

"In diesem Seminar greifen wir zahlreiche praktische Beispiele auf, die Ideen und Anregung für die eigenen Dörfer liefern können." Das Angebot nahmen die teilnehmenden Kommunalvertreterinnen und –vertreter, Landfrauen und weiteren Interessierten gerne an.

Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit
Wie müssen sich Vereine aufstellen, damit sie auch zukünftig neue Mitglieder gewinnen? Daniel und Dominik Weis, Universität Trier, stellten in ihrem Beitrag heraus, dass es genügend Menschen gibt, die sich ehrenamtlich engagieren wollen. Diese müssen allerdings fürs Ehrenamt in Vereinen geworben werden. Als Hemmnisse für ein Engagement haben sich die Erwartung an eine langfristige Verpflichtung und die hohe zeitliche Beanspruchung herausgestellt. "Ehrenamtliche lassen sich am besten durch projektorientierte Angebote gewinnen, weil dabei keine dauerhafte Bindung erwartet wird", so die Referenten. "Auch durch Übernahme einer klar abgegrenzten Aufgabe wird eine zeitliche Überforderung vermieden. Am besten erledigt jemand etwas für den Verein, was er ohnehin gut kann. Gleichzeitig schnuppert er in die Vereinsarbeit hinein." Christine Jäckels schilderte, wie ihr LandFrauenverband zahlreiche neue Mitglieder gewonnen hat. "Wir nennen uns jetzt LandFrauenverband Saar-Obermosel-Hochwald. Dadurch fühlen sich Frauen aus dem gesamten Gebiet angesprochen. Außerdem bieten wir einen Schnuppertag für junge Frauen an." Susanne Tschirschky und Katharina Ertl, Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz, stellten Wege vor, wie freiwillige Feuerwehren erhalten und nachhaltig finanziert werden können. In der Realschule Plus in Treis-Karden gibt es im Rahmen des Wahlpflichtfachs Feuerwehrtechnik die Möglichkeit für die 8. und 9. Klassen innerhalb von zwei Jahren eine feuerwehrtechnische Grundausbildung zu absolvieren. Durch dieses schulische Angebot erreicht die Feuerwehr auch Mädchen und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Viele bleiben den freiwilligen Wehren danach erhalten. Der Landkreis finanziert die Erstausrüstung der Schüler.  Manche Feuerwehren locken mit der Finanzierung eines LKW – Führerscheins, wenn jemand anschließend mindestens fünf Jahre lang Mitglied bleibt.

Nahversorgung im Dorf
"Ein Dorfladen muss sich selbst tragen, damit er sich auf Dauer im Dorf halten kann. Die Einwohner entscheiden mit den Füßen über den Erfolg." Jürgen Spelthann, Projektleiter des DORV-Zentrums Jülich-Barmen, stellte ein Modell vor, das mittlerweile Schule macht. Im DORV-Zentrum werden nach dem Kaufhausprinzip verschiedene Funktionen konzentriert. Die Einwohner sind mit Aktien beteiligt. "Das Angebot im Dorfladen muss alle Zielgruppen im Dorf ansprechen!" betont Jürgen Spelthann. "Ältere Mitbürger können möglichst lebenslang in ihrem sozialen Umfeld leben. Junge Familien benötigen kein zweites Auto. Berufstätige haben weniger Stress, wenn sie im Dorf einkaufen und Dienstleistungen nachfragen können. Neubürger haben einen schnellen Zugang zum 
Leben im Dorf. Eine Vereinsecke gibt Einblick ins soziale und kulturelle Leben. Singles können auf sie abgestimmte Dienstleistungen nachfragen." Das DORV - Zentrum kooperiert mit einem Discounter und führt jeweils ein Markenprodukt und ein "No-Name-Erzeugnis". Landwirte liefern Gemüse und Obst. Ein Metzger ist auch vertreten. An zwei Tagen in der Woche bietet ein Arzt Sprechstunden an. Er hat eine Zweitpraxis im DORV-Zentrum eröffnet. Beim Bürgerservice können die Einwohner ihre Autos ummelden, Ausweise verlängern usw. wie in einem Bürgerbüro in den Städten. Erweitert wird das Angebot durch ein Café und Kulturangebote. "Wir bringen öffentliches, privates und bürgerschaftliches Engagement zusammen", lautet das Resümee. "Durch den DORV-Laden sichern wir die Infrastruktur und die Immobilienwerte sowie den Lebensraum und die Heimat!" Ab 900 Einwohner trägt sich ein DORV-Zentrum. Bei geringerer Einwohnerzahl ist mehr ehrenamtliches Engagement erforderlich. 

Bleibt die Kirche im Dorf?
Superintendent Marcus Harke beleuchtete die Zukunft der kirchlichen Angebote im ländlichen Raum. Aus finanziellen Gründen werden Stellen nicht wieder besetzt werden. Die Kirche muss ihr Angebot in den Regionen erhalten. Burkhardt Zill, Gemeindepfarrer aus Baumholder, stellte die Mehrfachnutzung der ev. Kirche als Kirchen- und Gemeinderaum vor. Durch diese bauliche Veränderung konnten andere Gebäude verkauft und die Gemeinde auf Dauer finanziell entlastet werden.
Erneuerbare Energien als Chance für die Dörfer
Als Bürgergenossenschaft mit ehrenamtlicher Leitung wird seit 2001 eine Holzhackschnitzelanlage in Lieberhausen bei Gummersbach betrieben. Der Großteil der Häuser ist angeschlossen. Das Dorfleben hat sich dadurch verändert. Die Bürger sind stolz auf ihr eigenes Fernwärmenetz und enger zusammengerückt. Die Einwohner haben wirtschaftliche Vorteile. Hohe Investitionen sind ins Dorf geflossen. Mittlerweile werden zusätzlich Holzhackschnitzel an andere Abnehmer verkauft. Dadurch konnten zwei Arbeitsplätze geschaffen werden. Kann man das Modell auf andere Dörfer übertragen? "Sie benötigen einige Engagierte, die um Vertrauen im Dorf werben. Das braucht Zeit! Wichtig ist es, die Arbeit auf viele Ehrenamtliche zu verteilen", so die Erfahrung des Vorstandsvorsitzenden Bernd Rosenbauer. 
Miteinander in Kontakt bleiben im Dorf
Kreative Möglichkeiten, um im Dorf miteinander in Kontakt zu bleiben, stellen das "Wahler Blehdsche" und "die virtuelle Wohngemeinschaft" dar. "Als Zugezogene ist mir aufgefallen, dass die Einwohner zwar wussten, dass es Angebote von Vereinen in Wahlenau gibt, diese aber nirgends nachzulesen waren." Dr. Barbara Müller schuf ehrenamtlich das "Wahler Blehdsche", das monatlich alle Haushalte über das Geschehen im Dorf unterrichtet. Im Rahmen der Dorferneuerung entstand die "virtuelle Wohngemeinschaft" in Külz. "Von 14 Familien in einem Wohngebiet machen 13 mit, davon 11 online, zwei über 80-Jährige lassen sich die Seiten von den Enkeln ausdrucken. Wir gestalten damit eine kleine Nachbarschaftshilfe", erläuterte Ortsbürgermeister Aloys Schneider das Konzept. Ich fahre morgen zum Einkauf. Wem soll ich etwas mitbringen? – Oder Wer mäht den Rasen, wenn ich im Urlaub bin? – das sind typische Themen. "Damit die persönlichen Kontakte nicht zu kurz kommen, treffen wir uns regelmäßig auf einem Dorfplatz oder im Gemeindehaus."
Das Modell Gemeindeschwester lebt auf
Älteren sind die Gemeindeschwestern noch in guter Erinnerung. "Damit insbesondere ältere Menschen im Dorf betreut werden, haben wir eine Gemeindeschwester angestellt." Ortsbürgermeister Reiner Bonn erläuterte die Aufgaben und Abgrenzungen der Tätigkeiten der Gemeindeschwester in Reich. "Die Gemeindeschwester macht den sozialen Diensten
keine Konkurrenz. Sie ist ausgebildete Krankenschwester, wohnt im Dorf und war durch ehrenamtliches Engagement bereits bekannt. Sie bietet kostenlose Betreuungshilfe an, auch Hilfe beim Schriftverkehr und hat Zeit für Gespräche." Finanziert wird die 400 € - Stelle durch Pachteinnahmen der Windräder. "Die Gemeindeschwester koordiniert Betreuungsleistungen, die ehrenamtlich von einem Verein erbracht werden."
Dorfakademie
"Mit unserer Dorfakademie wollen wir das Zusammengehörigkeitsgefühl im Dorf stärken", so Franz-Josef Bregmann, Ortsbürgermeister in Hambuch. Alle Vereine bilden die Basis der Dorfakademie. Die Angebote der Vereine werden netzt und am Bedarf der Bewohner orientiert. Die eigene Identität des Dorfes soll gestärkt und bewahrt werden. Wichtig ist die Integration von Alteingesessenen, Zugezogenen, Übersiedlern, von Jung und Alt.

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