Wie viel Schreibtischarbeit kommt noch auf uns zu?

Ende Februar trafen sich die Mitglieder des Grünlandausschusses der Landwirtschaftskammer zu einer Sitzung, um aktuelle Themen zu beraten und sich über deren Inhalte auszutauschen. Auf der Tagesordnung standen Punkte wie: Greening, Düngeverordnung, Tierzucht und Naturschutz.

Der Vorsitzende Alfons Göbel konnte eine große Zahl der Mitglieder des Fachausschusses begrüßen. Ein besonderer Gruß ging an die Mitglieder des Kammervorstandes Vizepräsident Heribert Metternich und Walter Clüsserath, und den Abteilungsleiter Landwirtschaft Wilhelm Zimmerlin. Besonders begrüßte er auch die Referenten der Veranstaltung Raimund Fisch vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Eifel, Bitburg, Christoph Wiesner vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten (MUELWF), Mainz, Gertrud Werner, LWK RLP, Trier und Julia Arndt, Mitarbeiterin beim DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Bad Kreuznach.

Greening – was ist zu beachten? Auf dieses Thema ging Fisch in seinem Vortrag ein. Zunächst stellte er den agrarpolitischen Hintergrund vor, der zu dieser Regelung führte, indem er die Direktzahlungen (1. Säule) und die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raumes (2. Säule) ansprach. Die zukünftige Direktzahlung ergibt sich aus der Basisprämie, der Prämie für das Greening und die Umverteilungsprämie zur Stärkung kleinerer Betriebe. Des Weiteren gebe es wieder eine Junglandwirteförderung. Und hinzu komme die Kleinerzeugerregelung.

Im weiteren Verlauf seines Vortrags ging Fisch auf die Regelungen für das Greening ein. „Greening ist der zentrale Bestandteil der GAP-Reform“, betonte er. Im Kern gehe es um drei Bereiche: 1. Erhaltung des Dauergrünlandes, 2. Diversifizierung des Anbaus auf Ackerflächen und 3. Ökologische Vorrangflächen auf Ackerland.

In den letzten Jahren sei die Fläche bei Wiesen und Weiden ständig zurück gegangen, stellte Fisch fest. Deshalb wurde über die besonders wertvollen Flächen in den FFH-Gebieten ein Umwandlungs- und Pflugverbot verfügt. Außerhalb dieser Gebiete ist seit Jahresbeginn bundesweit nur noch ein Umbruch möglich, der zuvor genehmigt wurde. Eine solche Regelung bestehe für Rheinland-Pfalz schon seit dem 23.08.14., betonte Fisch. Seit diesem Tag ist ein Umbruch von Grünland nur noch möglich, wenn gleichzeitig eine gleich große Ackerfläche mit Grassamen eingesät wird. Dieser Austausch muss vor dem Umbruch genehmigt werden.

Die Anbaudiversifizierung habe zum Ziel, wieder mehr Kulturen in die Fruchtfolge zu bringen, sagte er. Unter 30 ha müssen zukünftig mindestens 2 Kulturen angebaut werden und Betriebe mit mehr Ackerfläche 3 oder mehr. Auch Ackergras gelte in diesem Sinne als Kultur. Beachten müsse man aber, dass nach 5-jähriger Standzeit der Wiese aus Ackerland Dauergrünland werde.

Die ökologischen Vorrangflächen gelten nur für Ackerflächen. Um die 5 % zu erreichen seien unterschiedliche Maßnahmen möglich, die unterschiedlich wirken. So weist die Brache den Faktor 1 auf, der Zwischenfruchtanbau wird mit 0,3 gewichtet und die Pufferstreifen an Wasserläufen (Faktor 1,5) bringen die Hälfte mehr als die Brache.

In der Diskussion wurden der bürokratische Aufwand, die Kontrolle und die Strafmaßnahmen beklagt. Bei fehlerhaften Meldungen drohen dem Landwirt eine Kürzung der Flächenprämie oder gar ein Bußgeld.

Christof Wiesner ging in seinem Vortrag auf die Novellierung der Düngeverordnung ein. Die Änderung der Düngeverordnung sei deshalb erforderlich, weil die Nitratwerte im Grundwasser vielfach zu hoch seien und deshalb die EU-Nitratrichtlinie bisher unzureichend umgesetzt worden wäre. Deshalb fordere die Kommission erfolgversprechende Nachbesserungen, stellte Wiesner fest.

Die neuen Regelungen sehen eine genauere Ermittlung des Düngebedarfs, die Einbeziehung der Wirtschaftsdünger, die Begrenzung der Düngung und Verringerung der Nährstoffüberschüsse vor. Zukünftig gelte ein Verbot der Stickstoff- und Phosphordüngung auf überschwemmten, wassergesättigten, gefrorenen und schneebedeckten Böden, betonte Wiesner. Ferner müsse die Phosphordüngung eingeschränkt werden, wenn die Böden mehr als ausreichend mit diesem Nährstoff versorgt seien. Die Nährstoffbilanzierung solle von der Feld-/Stall-Bilanz zur Hoftorbilanz erweitert werden, damit alle Stoffmengen erfasst würden. Die Sperrfristen werden bei Ackerland auf den 1. Oktober und bei Grünland auf den 1. November vorgezogen. Vom 15. November bis 31. Januar darf auch zukünftig kein Festmist ausgebracht werden. Die Lagerkapazität müssen dann vielfach erweitert oder für Fest- und Pressmist neu geschaffen werden.

Der Entwurf des Gesetzes wurde am 18.12.14 den Ländern und Verbänden zur Anhörung zugeleitet. Bis Ende Januar konnten die Stellungnahmen beim Landwirtschaftsministerium eingereicht werden. Rheinland-Pfalz hat im Wesentlichen folgende Verbesserungs­vorschläge eingebracht: (a) Ausweisung von Risikogebieten, (b) Keine Lagerfristen für Festmist, (c) Geringere Anrechnung von Stickstoff in organischen Düngemitteln, (d) Keine Festlegung von Bilanzüberschüssen, (e) Schaffung einer Rechtsgrundlage, um schon ermittelte Daten verwenden zu können und (f) Regelung der Lagerdauer nicht in der Anlagen- sondern in der Düngeverordnung.

Wenn alle Vorgaben des Verfahrens abgearbeitet seien, könne die neue Düngeverordnung dann frühestens im dritten Quartal 2015 Inkrafttreten, betonte Wiesner abschließend.

In der Aussprache beklagten sich die Landwirte über ein weiteres bürokratisches Monster, das auf sie zukomme. Bei Einhaltung der guten fachlichen Praxis werden die jetzt diskutierten Vorgaben eingehalten. Diese gelte es in der Aus- und Weiterbildung der Landwirte zu vermitteln.  Kein Landwirt könne sich leisten, Geld durch Auswaschung von Stickstoff oder Phosphat zu verlieren. Herr Wiesner wird gebeten, dafür zu sorgen, dass keine weiteren Schreibtischarbeiten mit der neuen Verordnung  auf die Landwirte zukommen.

Sind unsere Aufgaben in der Tierzucht noch zeitgemäß? Auf diese Frage versuchte Gertrud Werner in ihrem Vortrag Antworten zu geben. Zunächst ging sie auf die Aufgaben der Tierzucht ein. Hierbei sprach sie zum einen die Aufgaben, die die Kammer für das Land erledige (Auftragsangelegenheiten), an. So werden die Tierhalter und deren Organisationen beispielsweise über Zuchtmethoden unterrichtet und beraten. Zum andern die Aufgaben, die zu den Selbstverwaltungsaufgaben gehören. Die Geschäfte der Züchtervereine und -zusammenschlüsse werden  von der Landwirtschaftskammer geführt. Aber auch die Bewertung von Zuchttieren und Nachzuchten im Rahmen der Zuchtwertschätzung werde als Dienstleistung durch die Mitarbeiter der Kammer erbracht. Auch obliege ihnen die Organisation und Durchführung von Tierschauen. Hinzu komme die Mitwirkung in der Aus- und Fortbildung der Landwirte.

Im weiteren Verlauf ihrer Ausführungen ging sie auf die Personalsituation und deren Aufgaben ein. Insgesamt seien derzeit noch 15 Personen im Geschäftsbereich Tierische Produktion tätig; nicht alle in Vollzeit. „Da die Tierbestände in den zurückliegenden Jahren zurück gingen, wurden auch entsprechend Stellen abgebaut“, erläuterte Werner.

Die Finanzierung erfolge zum einen aus Mitteln vom Land, zum andern über die Einnahmen von Gebühren und zum dritten über die Kammerumlage.

Zum Schluss geht die Referentin auf die eingangs gestellte Frage ein. Viele früher „hoheitliche Aufgaben“ werden heute von den Züchtverbänden wahrgenommen. Jeder Tierhalter könne  bei diesen Organisationen Mitglied werden. Die angebotenen Leistungen werden demjenigen in Rechnung gestellt, der auch den Nutzen hat. Warum soll die Allgemeinheit dafür bezahlen? Aber es gebe auch Bereiche, die jedem Bürger nutzen stiften.

So komme der Betreuung der vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen eine gesellschaftliche Bedeutung zu. Auch sollte die öffentliche Hand bei der Formulierung der Zuchtziele weiterhin mitsprechen können. „Über den Einzelbetrieb hinausgehende Ziele sollten nicht ganz außer Acht gelassen werden“, betonte Frau Werner am Schluss ihres Vortrags.

Allgemein wurde die „Mischfinanzierung“ von den Mitgliedern des Ausschusses für gut befunden. Solange der einzelne Betrieb wirtschaftliche Vorteile aus der Dienstleistung ziehe, müsse er auch die Kosten tragen. Hat aber die Gesellschaft den wirtschaftlichen oder ideellen Nutzen,  so habe der Steuerzahler für die Kosten aufzukommen. 

Julia Arndt versuchte in ihrem Vortrag die gemeinsamen Interessen zwischen Landwirtschaft und Naturschutz in den Mittelpunkt zu stellen. Sie bemerkte, dass über Jahrtausende die kleinräumige Landwirtschaft der Motor der Biodiversität war. „Ohne Ackerbau wäre das Artensprektrum auf einige wenige Arten der Urwälder Mitteleuropas begrenzt“, gab Arndt zu verstehen.

Die Überschrift des neuen Konzepts lautet: „Beratung in Wert setzen - Mehrwert durch Beratung". Es beinhalte neue Beratungsaufgaben im öffentlichen Interesse in Richtung Agrarwirtschaft. Im Mittelpunkt stehe der Wasser- und Naturschutz. „Sowohl die 1. als auch die 2. Säule der EU-Agrarpolitik beinhalten Elemente aus den Bereichen Biodiversität und Naturschutz“, stellte Arndt fest. Es biete sich geradezu an diese Vorgaben durch Programme des Landes abzurunden.

Das neue Konzept heißt Landwirtschaft und Naturschutz. Dem DLR in Bad Kreuznach obliegt die Koordinierung und Steuerung. Für die Umsetzung vor Ort ist das regionale DLR zuständig. Mit den Spezialisten für den Naturschutz und dem vorhandenen Personal der der Agrarwirtschaft soll ein ganzheitlicher Beratungsansatz erfolgen. Hierbei werde auch der Bereich Landentwicklung mit einbezogen. Ein Fachbeirat begleitet das Projekt. Start des Programms war der 01.01.2014.  

Themen der Zusammenarbeit sind EULLa-Vertragsnaturschutzberatung, Beratung landwirtschaftlicher Programmteile EULLa, Partnerbetrieb Naturschutz, Ausgestaltung der Vertragsnaturschutzprogramme und Agrarumweltmaßnahmen, Evaluierung und Cross-Compliance/InVeKoS-Kontrolle, erläuterte Arndt. Hiervon leiten sich neue Beratungsinhalte ab, wie beispielweise Entwicklung und Etablierung naturschonender und nachhaltiger Produktions- und Bewirtschaftungssysteme.

Die Ausschussmitglieder zeigten sich erstaunt darüber, wie viel  Personal und Geld für solche Vorhaben anscheinend bereit stehen. Kein Wunder, dass für die produktionstechnische und ökonomische Beratung immer weniger Personal und Sachmittel vom Land zur Verfügung stehen. Der eine oder andere Betrieb könne auf diesem Weg sicherlich einiges an Geld dazu verdienen. Aufpassen müsse man aber, dass durch solche Programme die Flächenkonkurrenz nicht weiter zunimmt und damit die Pachtpreise zusätzlich angeheizt werden. Damit würde der gesamten Landwirtschaft geschadet, bemerkt Alfons Göbel.

Am Schluss der Veranstaltung bedankte sich der Vorsitzende Göbel bei den Referenten für die Vorträge. Er  überreicht ihnen als kleines Dankeschön ein Weinpräsent. Dank erging auch an die Mitgliedern des Ausschusses für die Teilnahme an der heutigen Sitzung, für die aktive Mitarbeit und die vielen Diskussionsbeiträge. Er wünschte allen entsprechend gedeihliches Wetter, das zu guten Erträgen und Qualitäten führt, und eine gute Heimfahrt.

 

Karl Riedesser

Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz