Von Beratung bis zu invasiven Arten

Am Freitag, den 10. November, konnte der Vorsitzender Hermann Reber die Mitglieder des Ausschusses Sonderkulturen/Beregnung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz und die Referenten begrüßen. Insbesondere mit Sicht auf das erste Thema Beratung für Sonderkulturen, stellte Reber dar, dass die wirtschaftliche Leistung des Gartenbaus in Deutschland sehr erheblich ist.

Auf einem relativ kleinen Anteil der landwirtschaftlichen Nutzflächen werden in Deutschland rund  4,9 Milliarden Euro Umsatz mit 97.900 Beschäftigten erwirtschaftet. Die vier Produktionssparten des Gartenbaus Gemüsebau, Obstbau, Zierpflanzenbau und Baumschulen erreichen in Rheinland-Pfalz einen Anteil von 9 Prozent bei den Beschäftigten und 8 Prozent beim Umsatz gerechnet auf den gesamten deutschen Gartenbau. Der Gemüsebau ist relativ zum Bundesgebiet in Rheinland-Pfalz am stärksten vertreten mit 16 Prozent vom gesamten deutschen Umsatz.

Bürokratische Hürden steigen
Die Anzahl der Gartenbaubetriebe und auch der landwirtschaftlichen Betriebe hat sich in den letzten Jahren stetig verringert, zum Teil in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert. Dies bedeutet, dass die übrig gebliebenen Betriebe größer und zum Teil auch spezialisierter geworden sind. Dadurch sind die Anforderungen an die Beratung stark gewachsen, um auch in Zeiten wirtschaftlich schwieriger Situation für die Produktionssparten noch einen betrieblichen Erfolg zu sichern. Auch die Anforderungen an die Ausbildung und Qualität der Berater hat von Seiten der Betriebe stetig zugenommen. Zusätzlich kommen auf die Betriebe eine Vielzahl von bürokratischen Erschwernissen hinzu. Dies können wirtschaftliche Belastungen, zum Beispiel durch den Mindestlohn, aber auch fachliche neue Anforderungen etwa durch die Düngeverordnung sein. Notwendig und wünschenswert ist nicht nur die Erhaltung der bisher vorhandenen Beratungskapazitäten, sondern gezielter Ausbau für einige spezielle Fragen der Zukunft.


Künftig schriftliche Düngeplanung nötig

Helmut Caspary vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau stellte dann die Beratung für Sonderkulturen in den nächsten Jahren aus Sicht des Ministeriums – Aufgaben, Personal, neue Anforderungen – vor. Er erinnerte daran, dass das Jahr 2017 für den Obstbau ein außerordentlich schwieriges war, da aufgrund der Witterungssituation der geplante Umsatz weit verfehlt wurde. Im Gemüsebau seien die Erträge zwar gut, aber die Preise nicht auskömmlich gewesen. Von den 470 Millionen Euro Umsatz im Sonderkulturbereich entfallen 370 Millionen Euro auf den Bereich Gemüse und rund 100 Millionen auf den Bereich Obstbau. Der Versuchsbetrieb in Schifferstadt habe bundesweit große Bedeutung im Bereich Freilandgemüse. Er berichtete von den Schwierigkeiten, ein neues Konzept für den Versuchsstandort Kleinaltendorf zu finden. Beim Thema Pflanzenschutz wies er auf die Pflanzenschutzmittelzulassungsprobleme in Deutschland hin. Die EU-Begutachtung habe kein gutes Ergebnis gebracht. Insbesondere gebe es in Deutschland kaum zonale Zulassung.
Zum Thema Düngerverordnung wies er darauf hin, dass die Mitte 2017 verabschiedete neue Verordnung eine Verschärfung der Bestimmung mit sich bringt. Notwendig ist in der Zukunft eine schriftliche Düngeplanung und eine Bedarfsermittlung nach der N-min Methode. Maßstab sei der Entzug pro Kultur nach dem Ertrag der letzten zwei Jahre plus eines Zuschlages von 50 kg N pro Hektar. Die Konsequenzen bei Verstößen sind keine Fördermittel mehr, häufigere Kontrollen und eine Zwangsberatung.
Intensiv diskutiert wurde im Ausschuss das Problem des Verbringens von Ernte- und Putzresten. Üblich ist, die beim Putzen des eingelagerten Gemüses anfallenden organischen Substanzen auf den Flächen, auf denen die Pflanzen gewachsen sind, aufzubringen. Dies ist nach der neuen Düngeverordnung jedoch in der Zeit vom 15.Dezember bis 15. Januar nicht erlaubt. Hier benötigt es aus Sicht des Ausschusses eine Übergangsregelung.

Natura 2000 – was ist zu beachten?
Jan-Hendrik Müller von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, stellte das Thema Sonderkulturanbau in Natura 2000 Gebieten vor. Vor inzwischen mehr als zehn Jahren wurden in Rheinland-Pfalz große Natura 2000-Gebiete ausgewiesen. Dabei handelt es sich um Vogelschutzgebiete und sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Gebiete, die Bestandteile eines europäischen Schutzgebietsnetzes sind.
Für diese Gebiete gilt ein Verbesserungsgebot und ein Verschlechterungsverbot. In den vergangenen Jahren und aktuell werden nun durch die SGD Süd und SGD Nord Bewirtschaftungspläne aufgestellt. Diese zeigen den jeweiligen Zustand der Gebiete auf und definieren Maßnahmen, die zur Entwicklung der Gebiete erforderlich sind auf.
Teilweise sind auch großflächige Anbaugebiete von Sonderkulturen Bestandteil der Schutzgebiete. Beispielsweise sind hier das Obstbaugebiet zwischen Ingelheim und Mainz und der Haardtrand zu nennen. Aber auch in Ackerbaugebieten, in denen Sonderkulturen etabliert werden sollen, können Konflikte mit Natura 2000-Gebieten entstehen.
Der Vortrag von Jan-Hendrick Müller befasste sich mit den möglichen Konflikten, die durch die Bewirtschaftung von Sonderkulturen in Natura 2000-Gebieten entstehen können. Insbesondere ist die Frage beleuchtet worden, was ein Betrieb im Rahmen der Bewirtschaftung darf und wofür er möglicherweise, anders als außerhalb von Schutzgebieten, erst die Naturschutzbehörde fragen muss.
Der Ausschuss hält es für notwendig, dass moderne Produktionstechniken, die für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und den Schutz vor extremen Ereignissen notwendig sind, wie zum Beispiel  Beregnung und Kulturschutzeinrichtungen, unbeschränkt auch in Natura 2000 Gebieten möglich sein müssen. Die Betriebe dürften nicht mit überzogenen Auflagen und Gutachten belastet werden.

Ausbreitung invasiver Schaderreger
Werner Dahlbender vom DLR Rheinpfalz, stellte dann das Thema „Invasive Schaderreger – Erkenntnisse aus dem Projekt InvaProtect“ vor. Der Klimawandel und der weltweit zunehmende Warenverkehr, so Dahlbender, begünstigten die Ausbreitung neuer Schaderreger auch in Deutschland. Diese Globalisierungsgewinner finden sich in allen Bereichen der Landwirtschaft. Sie werden invasive Arten genannt. Beispiele sind hier Nilgans, Marderhund, Riesenbärenklau, Maiswurzelbohrer, Baumwollkapselwurm, Buchsbaumzünzler oder auch Zitrusbockkäfer. Für den Obstbau nannte er die amerikanische Kirschfruchtfliege, die Walnussfruchtfliege, die sehr bekannte Kirschessigfliege sowie die Bläulingszirkade, die Maulbeerschildlaus, die rote austernförmige Schildlaus und die marmorierte Baumwanze. Ziel des Projektes InvaProtect ist die Erfassung der Verbreitungs- und Ausbreitungsdynamik invasiver Schaderreger sowie die konsequente Weiterentwicklung und Umsetzung von Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes gegen invasive Schaderreger und als wichtigstes Ergebnis die Wirtschaftlichkeit der Erzeugung im Obst und Weinbau. Werner Dahlbender stellte dann die im Obstbau sehr relevanten invasiven Schaderreger vor.

Forderung nach intensiver Vorbereitung des Landes
In der Diskussion wies Hermann Reber darauf hin, dass es neben invasiven Arten auch Quarantäneschädlinge gibt, wie zum Beispiel das Feuerbakterium Xylella fastidiosa. Hier hat die EU noch schärfere Bestimmungen festgelegt, unter anderem eine Pflanzenpasspflicht für Wirtspflanzen des Bakteriums sowie bei einem Befall die Vernichtung aller möglichen Wirtspflanzen in einem Umkreis von 100 Metern um die gefundene, befallene Pflanze. Es sind über 200 Wirtspflanzen bekannt. Um den Befallswirt wird dann eine Pufferzone mit einem Radius von mindesten zehn Kilometer eingerichtet. Aus dieser Zone heraus besteht ein Verbringungsverbot. In Deutschland hat es bisher einen Fall gegeben, in einem Zierpflanzenbetrieb in Sachsen, wo eine Oleanderpflanze zur Überwinterung befallen war. Der Betrieb wurde geschlossen und alle Pflanzen vernichtet.
Der Ausschuss stellte die Forderung, dass die Beratung des Landes sich intensiv darauf vorbereitet, dass in der Landwirtschaft, insbesondere beim Obst- und Gemüsebau, vermehrt invasive Arten die Produktion beeinträchtigen werden. Es sei sicher zu stellen, dass die Betriebe frühzeitig auf diese Entwicklung vorbereitet werden. Außerdem sei es notwendig sicher zu stellen, dass das Land alles unternimmt, um die Entwicklung und Zulassung von Pflanzenschutzmittel zu fördern.

Mit einem Dank an die Referenten schloss Hermann Reber die Sitzung des Ausschusses Sonderkulturen und Beregnung.

Welmar Rietmann, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz