Über Einstiegsqualifikation in das duale System

Kammerpräsident zu Sprache, Ausbildung und Integration.

„Das duale System der Berufsausbildung in Deutschland ist eine stabile Brücke zur Integration für junge Flüchtlinge und Migranten mit Bleibeperspektive“, sagt der Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Ökonomierat Norbert Schindler MdB. Der anhaltende Strom  fliehender Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, und die Tatsache, dass viele Flüchtlinge lange oder dauerhaft hier bleiben werden, mache es erforderlich diese Brücke tragfähig und durchlässig zu machen. In den Bereichen Landwirtschaft, Garten- und Weinbau sieht Schindler erhebliche Ausbildungspotenziale. Um diese jungen Flüchtlingen zugänglich zu machen, gelte es jedoch über Spracherwerb, berufliche Orientierung und Einstiegsqualifikationen dafür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.

Sofern der Status des Bewerbers geklärt ist und eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16, Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt, kann für die Ausbildung im dualen System eine spezielle Aufenthaltserlaubnis nach § 17 AufenthG erteilt werden. Auch bei Klärung der gesetzlichen Anforderungen ist jedoch ein direkter Einstieg in die schulische und betriebliche Ausbildung nurmöglich, so der Kammerpräsident, wenn zwingende Grundvoraussetzungen erfüllt sind.seien. Hier nennt er sprachliche und kulturelle Hindernisse, die nur mit einer intensiven Vorbereitungsphaseüberwunden werden können. Hierzu sind orientierungspraktika und die Einstiegsqualifizierung erfolgreiche instrumente. Schindler: „Der dualen Ausbildung ist für Migranten eine solche Vorbereitungsphase vorzuschalten um die Hemmnisse auszugelichen und realistische Chancen auf einen erfolgreichen Berufsabschluss zu erhalten. Der Zentralverband Gartenbau hat mit dem Instrument ‚Gärtner 1+3‘ schon im vergangenen Jahr ein Modell entwickelt, das sich auf die Ausbildungsberufe in der Land-, Haus- und Forstwirtschaft sowie im Weinbau und darüber hinaus anwenden lässt.“

Wichtigste Grundkompetenz, die ein Auszubildender mitbringen muss, ist nach Einschätzung des Kammerpräsidenten die Kenntnis der deutschen Sprache auf einem Niveau, das es möglich mache, die in Berufsschule und Ausbildungsbetrieb vermittelten fachlichen Inhalte zu verstehen und wiedergeben zu können. Die in Ausbildungsordnungen festgelegten Anforderungen orientierten sich an der realen Berufswelt und müssten beachtet und bei den Abschlussprüfungen nachgewiesen werden. Nur so habe ein Absolvent später eine Chance auf Beschäftigung auf einem sehr anspruchsvollen Arbeitsmarkt. Als Mindeststandard zum Ausbildungsbeginn bezeichnet Schindler das Sprachniveau B 2 des sechstufigen Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. (B 2: „Kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen. Kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne grössere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist. Kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben.“) Ausbildungsbegleitend müsse das Sprachniveau während der Vorbereitungsphaseschrittweise, aber konsequent auf dieses Niveau angehoben werden. Präsident Schindler: „Ohne diese Fähigkeit ist eine Abschlussprüfung nicht zu schaffen und bleibt eine qualifizierte Beschäftigung Illusion.“

Parallel zum intensiven Erlernen der Sprache können sich Flüchtlinge mit Anerkennung über berufliche Orientierungspraktika Einblick verschaffen in die reale berufsspezifische Arbeitswelt. Kammerpräsident Schindler betrachtet auch diese Stufe vor der eigentlichen Ausbildung als notwendig, um junge Menschen an ein ihnen fremdes System mit Zeitrahmen, Leistungsanforderungen und Regeln heran zu führen. Die eigentliche Vorbereitung auf die Ausbildungerfolge dann in der Einstiegsqualifizierung, die von der Bundesagentur für Arbeit als Brücke in die Ausbildung konzipiert wurde für Bewerber, die bis zum 30. September keine Ausbildungsstelle finden konnten sowie für junge Menschen, die aktuell noch nicht in vollem Umfang für eine Ausbildung geeignet oder lernbeeinträchtigt und sozial benachteiligt sind. Unabdingbar sei auch hier der begleitende, regelmäßige Sprachunterricht. Die Arbeitsagentur biete mit dem Instrument der Assistierten Ausbildung (AsA) Bewerbern und Ausbildungsbetrieben wirksame Unterstützung an. Schindler rät Betrieben, die Praktikumsplätze, Einstiegsqualifikationen oder Ausbildungsplätze für Migranten anbieten wollen, Kontakt mit dem Arbeitgeberservice der Arbeitsagenturen aufzunehmen und sich nach den für bestimmte Zielgruppen bestehenden Fördermöglichkeiten zu erkundigen.

Als erhebliches Hindernis hat die Landwirtschaftskammer in ihrem Zuständigkeitsbereich die fehlende Mobilität junger Migranten ausgemacht. Vor allem die landwirtschaftlichen Betriebe liegen oft abgelegen im ländlichen Raum und sind für Jugendliche nicht oder ganz schlecht erreichbar. Da dieses Problem kurzfristig kaum lösbar erscheint, rät Präsident Schindler, alle Maßnahmen zur Integration jugendlicher Migranten in den Ausbildungsmarkt zunächst auf die Räume zu konzentrieren, in denen Migranten untergebracht sind, und auf Standorte, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind.