Stallkonzepte für Kälber und Jungvieh

Wie die Stallungen für Kälber und Jungvieh im Optimalfall ausgeführt werden sollten, erklären unsere Bauberater Sonja Müller und Achim Kohl aus Trier.

In den vergangen Jahren wurden immer wieder neue, großzügige, helle und besonders tierartgerechte Milchviehställe gebaut, da in den meisten Betrieben Milchkühe die Produktionseinheit darstellen. Durch den Neubau der Milchviehställe wurden Kapazitäten in den Altstallungen frei, welche zur Aufzucht der notwendigen Nachzucht genutzt werden, um eine kostengünstige Lösung zu erreichen. Doch auch für die "Kleinen" in der Produktionskette sollte ein funktionierender Stall zur Verfügung stehen, denn mit einem fehlerhaften halten der Nachzucht, kann keine leistungsfähige Milchkuh heranwachsen.

Kälber und Jungrinder stellen unterschiedliche Anforderungen an ihre Umwelt, so dass sich eine einheitliche Aufstallung für alle Altersgruppen als schwierig herausstellt. Somit sind angepasste Lösungen für die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Entwicklungsschritte vorzusehen.

In den ersten zwei Wochen, werden die neugeborenen Kälber in Iglus oder Kälberhütten untergebracht, um eine individuelle Versorgung der Tiere zu gewährleisten. Während dieser Zeit werden die Kälber einzeln gehalten. Nach der zweiten Lebenswoche sollten die Kälber in Gruppen zusammengeführt werden, um den Sozialkontakt zu stärken. Die Tiere sollten den Altersgruppen entsprechend in einem eingestreuten Bereich untergebracht sein. Das Klima in Kälberställen sollte trocken und die Temperatur sollte nur geringfügige Schwankungen aufweisen. Ebenso sollte auf die  Schadgasbelastung im Kälberstall geachtet werden. Es empfiehlt sich die Luftgeschwindigkeit nicht über 0,2 m/Sek. ansteigen zu lassen.

Außenklimastall

Als Außenklimastall wird eine meist ungedämmte Halle in einfacher Bauweise bezeichnet. Die Temperaturen in Außenklimaställen liegen normalerweise nur geringfügig über den Außentemperaturen. Somit sind die Tiere zwar dem Außenklima ausgesetzt, allerdings nicht den direkten Wettereinflüssen. Um eine artgerechte Umwelt zu bieten, sind Frischluft und Sonnenlicht wichtig, dazu sollte auch der Liegeplatz trocken und die Laufflächen rutschfest ausgebildet sein.

Offenfrontställe im Kälber- und Jungviehbereich sollten Süd/Südost ausgerichtet sein. Für die Wintermonate bietet sich an, je nach Standort, die Offenfront mit einem Windschutznetz oder Curtain zu versehen, um einen zu starken Luftaustausch bzw. zu starke Windgeschwindigkeiten zu vermeiden.

Gebäudeteile

Boden

Grundsätzlich sind nach LBauO § 48 Abs. 3 Stallböden und die angrenzenden Wände wasserdicht auszuführen. Bei der Wahl des Betons im Stallbodenbereich ist auf die entsprechende Expositionsklasse des Betons zu achten. Mit der Einbringung des Stallbodens sollten fachkundige Firmen beauftragt werden, um den korrekten Einbau zu gewährleisten. Hier muss auf eine fachgerechte Nachbehandlung des Betons geachtet werden, um die entsprechende Qualität des Bodens zu erreichen, da der Anspruch an diesen Boden bezüglich Wasserdichtheit und chemischer Belastung hoch ist.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Oberfläche des Betons zu bearbeiten, um den Tieren einen möglichst rutschsicheren Boden anzubieten. Bei vereinzelten Stallsystemen gibt es Fertigteilelemente, welche im Werk gegossen wurden, die mit einem Rautenmuster an die Baustelle geliefert werden. Bei Stallböden, welche vor Ort gegossen werden (Ortbeton) kann ebenfalls ein Rautenmuster mit einer entsprechenden Schablone in den Beton gedrückt werden. Hier ist darauf zu achten das keine Vertiefungen im Beton entstehen. Negative Pfützenbildung durch Gülle/Jauche ist so vermeidbar. In den meisten Ställen wird jedoch der sogenannte Besenstrich auf den Beton aufgebracht. Dies kann mit unterschiedlichen Gegenständen ausgeführt werden. Meist dient dazu ein Besen (wie der Name es bereits sagt), es können aber auch Reschen oder Eigenkonstruktionen zum Einsatz kommen. Bei manchen Ausführungen entstehen bei der Bearbeitung scharfe Kanten, welche vor dem Bezug der Tiere entfernt werden müssen, da sonst Verletzungen der Klauen zwangsläufig auftreten. Man kann den Boden aber auch mit einer höheren Betondeckung ausbilden und in den abgebundenen Beton, mit geeigneten Maschinen, Rillen einfräsen. Rillenausbildung wird gerne in Altstallungen auf planbefestigten, wie auch auf Betonspalten vorgenommen. Es muss auch darauf geachtet werden, dass die Betonüberdeckung der Armierung nach dem Bearbeiten der DIN 1048 entspricht. 

Gebäudehülle

Hinsichtlich der Gestaltung der Gebäudehülle eines Außenklimastalles sind verschiedene Parameter von Wand und Dach zu beachten.

Die Seitenwandhöhe (Traufhöhe) eines Außenklimastalles sollte je nach Gebäudebreite bei einem Jungviehaufzuchtstall eine Mindesthöhe von 3,50 m, besser 4.00 m und höher aufweisen. Bei außenliegenden Futtertischen sollte die Höhe der Traufe min. 4,50 m bis 5,00 m betragen,  abhängig von der eingesetzten Fütterungstechnik.

In Kälberställen sind solch hohe Traufhöhen nicht zwingend notwendig. Hier kommt es auf den Stalltyp an und auf die eingesetzten Techniken (Entmistung, Fütterung,…). Bei hohen Traufen, sollte im Bereich der Liegefläche, gerade für Tränkekälber, Zwischendecken (Bild 4) eingezogen werden, um ein Mikroklima für die Tiere zu ermöglichen. Dies ist unabhängig vom ausgeführten Stalltyp (Längsfuttertisch, Stichfuttertisch, oder Holsteiner Kälberstall). Bei Großraumiglus ist es nicht notwendig, da die vorhandenen Iglus dies bereits mit sich bringen.

Curtain/Windschutznetz

Die Wandgestaltung wird häufig mit Curtain oder Windschutznetzten ausgeführt. Der Curtain kann wind- und temperaturabhängig vollständig geöffnet oder geschlossen werden, wodurch eine Steuerung der Lüftung möglich ist. Durch das Aufrollen der Planen bei warmer Witterung wird der Stall optimal mit Frischluft versorgt. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass eine Zugluftsituation vermieden werden kann.

Dach

Als Dacheindeckung kommen Wellfaserzementplatten oder gedämmte Trapezbleche zur Anwendung. Wellfaserzementplatten benötigen eine aufwändigere Unterkonstruktion durch zusätzliche Koppelpfetten. Sie reagieren allerdings nicht so stark auf die Temperaturunterschiede innerhalb und außerhalb des Stalles,  besonders im Winter. Dadurch wird ein Tropfwasseranfall im Stall gering gehalten. 

Gedämmte Dachelemente (Sandwichpaneele) sind allerdings die ideale Eindeckung. In den Wintermonaten entfällt die Tropfwasserbildung und in den Sommermonaten kann sich der Stall nicht so stark aufheizen. Auch bei Neueindeckungen im Bestand und geringem Luftvolumen im Stall stellt diese Art der Eindeckung aus stallklimatischen Gründen eine Alternative dar. 

Die kostengünstigste bauliche Lösung bezüglich der Firstöffnung ist der offene Firstschlitz. Hierbei müssen die Binderrahmen der Hallenkonstruktion mit Formteilen abgedeckt und vor Feuchtigkeit geschützt werden. Es ist empfehlenswert an der Außenseite des Firstschlitzes Windabweiser vorzusehen, damit der Wind nicht durch den First eindringen kann und die Strömungsverhältnisse im Stall umkehrt. Je nach Breite des Firstschlitzes ist ein Lichtfirst zu installieren um Niederschlageinfall im Stallgebäude zu vermeiden. Bei Querlüftung sollte die Abluftöffnung ca. 1,50 cm je Meter Giebelbreite betragen. Bei versetztem First (Sheddach) wird die Öffnung entgegengesetzt zur Hauptwindrichtung angeordnet. An der Traufe ist ein Dachüberstand von mindestens 50 cm zu wählen.

Stallkonzepte

Kälber und Jungvieh werden meist in unterschiedlichen Systemen gehalten. Es empfiehlt sich Kälber bis 6 Monate in einem eingestreuten System zu halten. Um einen entsprechenden Klauenabrieb zu gewährleisten, sollten Standflächen von ca. 1,40 m – 1,60 m am Futtertisch ausgeführt werden. Somit ist immer ein gleiches Höhenniveau zum Fressbereich gegeben und im hinteren Bereich ist die Mistmatratze flexibel in ihrer Höhe.

Jungvieh ab 7 Monaten wird tendenziell bei Neubauten, in Liegeboxen mit planbefestigten Laufgängen gehalten. In bestehenden Gebäuden können die Gänge auch aus Spalten mit Unterkellerung bestehen. 

Kälberhaltung

Gruppenhaltung von Kälbern kann in unterschiedlichen Stallsystemen erfolgen. Die häufigsten Systeme sind entweder

  1. Kälberdörfer ( Abb. 1) mit Großraumiglus und einem eingestreuten Auslauf
  2. oder Offenfrontstallsysteme (Abb. 2, 3 und 4) mit eingestreuten Bereichen und einer Zwischendecke für entsprechende Mikroklimabereiche

Bei Stallsystemen mit Großraumiglus sollte der Auslauf Überdacht sein, um eine trockene Einstreu zu gewährleisten. Je nach Standort und Ausrichtung des Stalles können die Traufseiten mit Windschutznetzten oder Curtain versehen werden, um ein Eindringen von Regen und Schnee in die Einstreu zu vermeiden. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten die Kälberdörfer entsprechend anzuordnen. Hier bietet sich eine Kombination von Gruppenhaltung nach zwei Wochen, als auch die Einzelhaltung der Kälber in den ersten zwei Wochen an. Die Iglus müssen auf einer wasserundurchlässigen Betonplatte (nach LBauO) stehen. Die Seiten der Bodenplatten sollen mit entsprechenden Umrandungen ausgebildet werden, um ein sicheres Ablaufen von Jauche und Reinigungswasser in die Gülle zu gewährleisten. Das Reinigen und Entmisten der Großraumiglus ist arbeitswirtschaftlich aufwendiger, als eingestreute Systeme in Hallen. Hier muss das Iglu mit großem Gerät angehängt werden, um es vom Standort zu entfernen, reinigen zu können und die Liegefläche im Iglu entsprechend zu entmisten.

Jungviehhaltung

Unabhängig für welches nachfolgend aufgeführte Stallsystem sich ein Landwirt entscheidet, sollte er sich darüber klar werden, ob der neue Jungviehstall in ferner Zukunft als evtl. Milchviehstall umgenutzt werden soll. Denn dann sollte bereits beim Bau des Jungviehstalles  die Abmessungen der Boxenlänge und Laufgänge so gewählt werden, dass eine spätere Umnutzung ohne großen Aufwand möglich ist. Sollte nur Jungvieh gehalten werden, können Länge der Liegeboxen, als auch Laufgänge mit geringeren Abmessungen ausgeführt werden, als in Abb. 5 dargestellt.

2*1 – Reiher

Der 2*1 – Reiher wurde in früheren Jahren gerne ausgeführt. Vorteile hier sind ein Überangebot an Fressplätzen. Es einstehen keine Quergassen. Nachteile bei diesem Stallkonzept sind 2-seitige Fütterung, ein befahren der Laufgänge eher schwierig, da die Tiere kaum Fluchtmöglichkeiten haben. Tiere müssen über den Futtertisch getrieben werden, um die entsprechenden Altersgruppen umstallen zu können. Die Erweiterung ist nur in Längs-Achsen sinnvoll. Es ist keine Offenfront möglich und somit sind auf beiden Traufseiten Curtain bzw. Windschutznetzte zu empfehlen. Sollte der Stall so ausgerichtet werden, dass nach aktuellen Förderrichtlinien eine Premiumförderung, ohne Weidegang, möglich ist, ist dies nur mit sehr hohem Aufwand zu realisieren (Auslauf beidseitig).

1*2 – Reiher

Um ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1,2:1 am einfachsten und günstigsten zu erreichen, sollte ein 1*2 – Reiher angestrebt werden. Der Vorteil bei diesem Stallsystem ist zum einen eine einseitige Fütterung und die Übersicht der Tiere gestaltet sich einfacher. Beim einstreuen der Liegeboxen ist nur ein Arbeitsschritt notwendig. Kleine Übergänge und somit geringer Aufwand beim Reinigen. Das Stallsystem ist ein Offenfrontstall, nach einer Erweiterung (Spiegelung) ist dies nicht mehr der Fall und es entsteht ein Außenklimastall mit Querlüftung.

1*3 – Reiher

In diesem Stallsystem ist es schwieriger ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 1,2:1 zu realisieren. Hier müssten die notwendigen Übergänge größer gewählt werden, um eine entsprechende Futtertischlänge zu ermöglichen. Vorteil bei dieser Stallart, sind eine enorme Nutz- und Lauffläche pro  GV (Großvieheinheit). Auch hier ist eine einseitige Fütterung möglich und der Stall ist ebenfalls ein Offenfrontstall. Nachteile sind eine größere bebaute Fläche im Gegensatz zum 1*2 – Reiher. Die größeren Übergänge erfordern mehr Reinigungsarbeit. Des Weiteren sind bei den Einstreuarbeiten der Boxen beide Laufgänge zu befahren.

Kammaufstellung

Die Kammaufstellung wird im Bereich von Neubauten selten bis nicht mehr ausgeführt. Es kann eine alternative zu Umbaumaßnahmen im Altbestand darstellen. Dieses System kann zwischen den Boxen nicht mit einem planbefestigten Boden ausgeführt werden, bzw. würde dies, eine erhebliche arbeitswirtschaftliche Belastung darstellen, da zwischen den Boxen kein Schieber einsetzbar ist. Es bietet sich im Bereich zwischen den Liegeboxen, wie auch am Fressgitter ein Betonspaltenboden an. Die Güllelagerung kann als komplette Unterkellerung oder als Stichkanäle mit evtl. Spülsystem ausgeführt werden. Hier ist im Verhältnis zu planbefestigten Ausführungen mit einem größeren Investitionsvolumen zu rechnen, da eine Unterkellerung mit entsprechendem Unterbau und Leckageerkennung auszuführen ist. Des Weiteren sind im Liegeboxenbereich Sackgassen, welche im Stallbau vermieden werden sollten. Der Bereich der Curtain in der Traufwand würde sehr verschmutzen und wäre vor Zerstörung der Tiere schwer zu schützen. Sollten sich die Größen der Altersgruppen ändern, ist eine andere Zuteilung der Liegeboxen in diesem System nicht möglich.

Fazit

Viele Systeme sind praktikabel und bieten Vor- und Nachteile. Die Erweiterungen und Umnutzungen sollten in der Planung genauso mit einbezogen werden, wie Tiergesundheit und Arbeitswirtschaftlichkeit.

Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass bei allen Lösungen in denen planbefestigte Laufganglösungen eingebaut werden, mit zusätzlicher Befeuchtung der Laufflächen gearbeitet werden kann, sodass eine Schmierbildung verhindert werden kann und somit entsprechende Trittsicherheit für die Tiere gewährleistet bleibt.

Für Rückfragen sprechen Sie uns gerne an.

  • Sonja Müller, Dipl.-Ing. (FH) Architektur, Tel. 0651 / 94 907 - 335
  • Achim Kohl, Dipl.-Ing. (FH) Architektur, Tel. 0651 / 94 907 - 331

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