Schwierige Zeiten für kleine Wiederkäuer!

Wohin geht die Bestandsentwicklung unserer Schaf- und Ziegenbestände in Rheinland-Pfalz?

Die aktuellen Meldezahlen der Tierseuchenkasse Rheinland-Pfalz verzeichnen einen starken Rückgang der Schafbestände. In den letzten 15 Jahren sind diese um 45 % auf aktuell 78.000 Mutterschafe zurückgegangen. Diese negative Schafbestandsentwicklung hat sich vor allem bei den Herdenhaltern und Berufsschäfern vollzogen. Nebenerwerbs- und Hobbyschafhaltung waren hiervon weniger betroffen. Wesentlich positiver sieht die Situation in der Ziegenhaltung aus. Hier sind die Bestandszahlen an Ziegen kontinuierlich bis auf 11.750 Tiere im Jahr 2012 angestiegen. Auch die Zucht ist von dieser Entwicklung entsprechend betroffen. Zurzeit werden im Zuchtbuch des Verbandes 23 verschiedene Schafrassen und 11 verschiedene Ziegenrassen züchterisch betreut. Durch die Rassevielfalt leisten die Schafzüchter einen großen Beitrag zur Erhaltung genetischer Ressourcen. Dies ist eine wichtige Aufgabe und ein Beitrag für unsere Gesellschaft zum Erhalt der Artenvielfalt. Wie sieht die betriebswirtschaftliche Situation der Schafhaltung aus? Die Schafhaltung ist ein Betriebszweig, welcher flächenbezogen immer auf ertragsarmen  Flächen angesiedelt war. Durch die stärkere Nachfrage nach Fläche, den Landesverlust durch Infrastruktur usw. sind die Flächen für die Schafhaltung geschrumpft. Eine Verdrängung der Schafhalter auf weniger ertragsreiche Flächen, in so genannte Landschaftspflegeflächen war die Folge. Auf diese Flächen ist es betriebswirtschaftlich nicht möglich, marktfähig Lämmer zu erzeugen. Nur ein Zahlungsausgleich für diesen gesellschaftlichen Beitrag der Beweidung trägt zum Erhalt der Schäfereien bei. Hier ist nun auch mehr die Politik gefordert, um die Schafhaltung für diese wichtige Aufgabe der Offenhaltung unserer Kulturlandschaft durch entsprechende Förderprogramme zu erhalten. Die Förder-Rahmenbedingungen für die Beweidung und Pflege von Extensivflächen müssen entsprechend aufgestockt werden. Ein weiteres Problem stellt die Entwicklung der immer stärker anwachsenden Erzeugerkosten dar. Die Einkommen der Schafhaltungsbetriebe sind gemessen an anderen landwirtschaftlichen Betriebzweigen sehr niedrig und in größerem Maße von öffentlicher Unterstützung abhängig. Das Betriebseinkommen der Schäfereien wird hauptsächlich durch die Lammfleischproduktion erzielt. Die Wolle spielt wirtschaftlich keine Rolle im Gegenteil, die Einnahmen decken gerade die Schurkosten. Ohne die Agrarfördermittel und die entsprechenden Landschaftspflegeprogramme wäre eine Hauptberufsschäferei nicht existenzfähig. Die wirtschaftliche Situation der Schaf- und Ziegenhaltung ist sehr angespannt. Enorme Kostensteigerungen in vielen Bereichen erhöhen die Betriebsausgaben, ohne dass die Produktpreise entsprechend mit ansteigen. Die Marktpreise für Schlachtlämmer sind nicht entsprechend der Kostenentwicklung angestiegen. Da die Produkte aus der Schaf- und Ziegenhaltung auch gewisse Nischenprodukte sind, ist der abnehmende Markt begrenzt aufnahmefähig. Die Rahmenberechnung für eine Verbesserung der Marktstruktur dieser Produkte müsste auch von gesetzgebender Seite überdacht werden,

z.B. Erleichterung der Direktvermarktung, Förderung von regionalen Schlachtstätten, Absatzförderung von Regionalprodukten, objektive und transparente Marktpreiserhebung, also viele Ansatzpunkte, die zu einer Besserung beitragen könnten.

Aussichten und Perspektiven für die Schaf- und Ziegenhaltung

Die Gesamtsituation der Ziegenhaltung kann durchaus als positiv angesehen werden. Die Nachfrage nach individuellen Produkten, wie Käse und auch Fleisch ist noch aufnahmefähig. Dieses zeigt auch die Entwicklung von Betrieben, die in die Milchziegenhaltung einsteigen und entsprechende Stallbauten hierfür errichten. Ein weiterer positiver Aspekt ist die immer größere Nachfrage der Pflege von Steilhängen mit Fleischziegen zur Offenhaltung der Fläche. Nicht so positiv sieht der Berufsstand die Entwicklung der Schafhaltung. Der Schäferberuf wird meist von Idealisten und traditionellen Familien ausgeübt. Die Bereitschaft den Schäferberuf zu wählen, wird immer kleiner. „Nur allein vom Idealismus kann man keine Familie ernähren!“ Trotz der doch stark pessimistischen Entwicklung für den Berufsstand wird es immer Perspektiven für den Bereich der Schaf- und Ziegenhaltung geben, für die es lohnt, sich einzusetzen. Denn ohne Schafe und Ziegen wäre unsere Kultur- und Naturlandschaft im Lande um einiges ärmer!

Rainer Wulff, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz