Rohstoff aus der Region für Biere der Premiumklasse

Vertreter von Landwirtschaft, Handel, Malz- und Brauindustrie treffen sich traditionell einmal im Jahr zum rheinland-pfälzischen Braugerstentag.

Dabei beraten die Experten über die Verfassung und Entwicklungsmöglichkeiten der Wertschöpfungskette, die sich vom Acker, über den Handel bis zur Braupfanne erstreckt. Die Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz e.V. als Organisation aller Akteure dieser Wertschöpfungskette und Veranstalter des Braugerstentags hatte in diesem Jahr in die Tagungsräume des Zentrums am Park nach Emmelshausen eingeladen. 

Heribert Metternich, Vorsitzender der Fördergemeinschaft und Vizepräsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, konnte zur Eröffnung eine große Zahl von Gästen begrüßen. Ein besonderer Gruß galt den Vertretern der Politik, der staatlichen Beratung und den Referenten der Veranstaltung.

In seiner Rede blickte er auf das zu Ende gehende Jahr zurück. Nach einem nassen Herbst in 2013 stellte sich kein richtiger Winter ein. „Wir hatten die wenigsten Frosttage seit Wetterdaten aufgezeichnet werden“, betonte er. Schon recht früh, Anfang Februar, konnten die ersten Äcker mit Sommergerste bestellt werden. Dann stellte sich trockenes Wetter ein.

Die Saaten liefen nur bei ausreichender Bodenfeuchte auf, insbesondere in den Senken. Folglich entwickelten sich die Bestände sehr unterschiedlich. Nachdem sich dann Ende April längere Zeit feucht-warmes Wetter einstellte, konnten sich die Pflanzenbestände erholen. Es wuchs ein gute Ernte heran. Bei zunächst beständigem Wetter konnte in den Frühdruschgebieten schon früher gedroschen werden als in den letzten Jahren. Leider wurde das Wetter dann Anfang Juli längere Zeit unbeständig. Wiederholt mussten die Erntearbeiten wegen Nässe unterbrochen werden. „Bei Sommergerste, die Anfang August noch auf dem Halm stand, verzeichneten wir erhebliche Qualitätseinbußen“, erläuterte der Vorsitzende. Vielfach konnte nur noch Futtergetreide geerntet werden. 

In diesem Jahr bestellten die Ackerbauern in Rheinland-Pfalz 248.735 ha Fläche mit Getreide. Auf 44.100 ha stand Sommergerste, wobei der größte Teil mit 85 Prozent auf die Braugerste entfiel. Damit hat die Braugerste an der Getreideanbaufläche einen Anteil von fast 17 Prozent. Pro Hektar konnten im Schnitt 57,6 dt gedroschen werden. Damit stehen für die Bierproduktion in den Brauereien des Landes 214.100 t Braugerste aus Rheinland-Pfalz bereit. 

Zur Preissituation bemerkte er, dass der Preisabstand zu Futtergetreide bei 4 €/dt betrage. Damit habe der Braugerstenanbau an wirtschaftlicher Vorzüglichkeit erheblich gewonnen. Endlich könne die „Risikoprämie“ wieder erwirtschaftet werden, betonte er.

Im Zusammenhang mit dem „greening“ wies er auf die ökologischen Vorteile der Sommergerste hin. Diese Kultur biete sich an, um die Fruchtfolgen mit einer Sommerung aufzulockern, die mit wenig Dünge- und Pflanzenschutzmittel auskomme. Damit werde die Umwelt entlastet. 

Paul Frowein, Leiter des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR)  Rhein-Nahe-Hunsrück, Bad Kreuznach, hob die Bedeutung der Braugerste in seinem Dienstbezirk hervor. Auf das Versuchswesen eingehend hob er hervor, dass insbesondere die Erkenntnisse bei Düngung, Pflanzenschutz, Ertrag und Qualität als Grundlage für die Sortenempfehlung verwendet werden.

Aufgrund der Wasserrahmenrichtlinie der EU werde die Beratung hin zu mehr Wasserschutz ausgeweitet. Es wurde ein neues Konzept zur „Wasserschutzberatung“ entwickelt. Dieses sehe vor,  dass in den Problemgebieten die Beratung weiter intensiviert werde. Um die Landwirte zu beraten wurden 5 neue Mitarbeiter eingestellt. Die Finanzierung erfolgt über die Wasserwerke, die die Kosten an den Verbraucher weitergeben. 

Versorgung mit Braugerste

Als gelernte Brauerin beschäftigt sich Frau Mareike Eckmann seit längerem mit dem internationalen Getreidehandel. Nach dem Studium in Berlin arbeitete sie beim Handelshaus Töpfer, das vor kurzem von der Firma ADM Germany GmbH, Hamburg, übernommen wurde. Sie referierte zum Thema: Braugerste – wie steht es um die Versorgung in Deutschland, Europa und der Welt?

Zunächst ging sie auf die Erzeugung und den Bedarf bei Getreide in den Jahren seit der Jahrtausendwende ein. An der Graphik konnte man den Verlauf gut erkennen. Es gab Jahre mit Überschuss und solche mit Unterversorgung. In den beiden letzten Perioden lag die Getreideproduktion über der Nachfrage, sodass sich die Vorratsspeicher wieder füllen konnten.  Derzeit sind etwa 25 % des Jahresbedarfs an Getreide eingelagert, berichtete Eckmann. Vor 2 Jahren reichten die Vorräte nur noch für einen Monat. 

 Für die Gerste gilt dies aber nicht. Im aktuellen Jahr müssen wir davon ausgehen, dass 1 Mio. t weniger zur Verfügung steht als im letzten Jahr.  In den Hauptanbaugebieten gab es unterschiedliche Entwicklungen. Länder die erheblich geringere Ernten einfahren konnten sind Argentinien mit -1,9 Mio. t (-40,4 %), Australien mit – 2,4 Mio. t (-24,7%) und in Kanada liegt das Minus bei 3,1 Mio. t (-30,4 %). In der EU beträgt die Gerstenernte wie im Vorjahr knapp 60 Mio. t .Russland konnte 4,4 Mio. t  (28,7 %) mehr ernten und die Ukraine verzeichnet 2 Mio. t (27,4 %) Zuwachs.

In den Ländern der  Europäischen  Union bringt die Ernte 2014 eine Überversorgung von 830.000 t. „Zur inländischen Versorgung der Deutschen Mälzereien fehlen in Deutschland aber 630.000 t  Sommergerste“, stellte die Marktexpertin fest. Und weltweit beträgt das Defizit 275.000 t.

In der anschließenden Diskussion wurden der „Risikoaufschlag“ und die Reserve bei den Ackerflächen angesprochen. Hierzu meinte Eckmann, dass in Afrika und Russland noch erheblich Ackerflächen nicht oder nur extensiv genutzt werden. Allerdings ist bei diesen Flächen eine intensive Nutzung nur bedingt möglich, weil das Wasser knapp ist oder schwache Böden anzutreffen sind. Die derzeit 40 €/t Mehrerlös zum Futtergetreide verschaffen der Braugerste eine erheblich wirtschaftliche Besserstellung gegenüber den anderen Mähdruschfrüchten. 

Braugerstenwettbewerb

Vor der Preisverleihung gegrüßte Metternich den hinzugekommenen Staatsekretär Dr. Thomas Griese aufs herzlichste.

In seinem Grußwort würdigte Griese die Ackerbauern für ihre unermüdliche Einsatzbereitschaft, die den Bürgern Nahrungsmittel in mehr als ausreichernder Menge und bester Qualität bereit stellt. Der Anbau von Braugerste habe wirtschaftliche und ökologische Vorteile. Deshalb müsse das Ziel sein, den Anbau wieder auszuweiten. Auch könnte damit dem Problem der Verunkrautung durch Ackerfuchsschwanz Rechnung getragen werden. „Mehr Sommerungen in der Fruchtfolge vermindert das Überhandnehmen schwer bekämpfbarer Gräser“, betonte Griese. 

Sorgen bereiten dem Staatssekretär die angestrebte Zusammenarbeit der Großkonzerne. Beispielsweise wollen das weltweit führende Brauunternehmen Anheuser Busch und das Züchterhaus Syngenta zukünftig im Bereich Braugerste zusammenarbeiten. Damit bestehe die Gefahr, dass die Landwirte in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten, aus dem sie schwer wieder herauskommen können.

Am Schluss sagte er: „Als Vertreter der Landesregierung kann er zum einen zusagen, dass die Kosten der Arbeit der Fördergemeinschaft Braugerste weiterhin vom Land übernommen werden. Und zum andern die regionale landwirtschaftliche Produktion in allen Bereichen gefördert wird." 

Trotz des schwierigen Erntewetters in den Höhengebieten reichten die Getreidebauern auch in diesem Jahr über 100 Proben für den Braugerstenwettbewerb ein. Die Hälfte der Muster kam aus der Region Rheinland-Nassau, 27 % aus Rheinhessen und 23 % aus der Pfalz. Die drei am häufigsten vertretenen Sorten war Propino (65 %), Catamaran (13 %) und Marthe (8 %).

Zunächst wurde im Labor die Feuchte des Erntegutes, der Eiweißgehalt und der Vollgerstenanteil ermittelt. Danach wurden die Proben von einer Fachkommission nach Farbe, Geruch, Spelzenfeinheit, Kornausbildung, Verletzungen und Auswuchs bewertet. Wegen des doch sehr durchwachsenen Wetters, das die Qualität negativ beeinflusste,  konnte keine Probe die volle Punktzahl von 25 erreichen. 

Landessieger wurde in diesem Jahr Manfred Metzler aus Worms-Hochheim mit 23 Punkten. Saatsekretär Thomas Griese überreichte dem Sieger die Staatsehrenplakette in Silber des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten. Außerdem wurde er vom  Vize-Präsidenten der Landwirtschaftskammer Heribert Metternich mit der Preismünze in Gold der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. 

Ebenso überreichte Metternich diese Auszeichnung in Silber an die Gebietssieger. Aus Rheinland-Nassau ist dies Edgar Peffer, aus Barweiler, aus Rheinhessen die Birkenhof GbR, die Herren Sigmar und Sven Becker aus Eich, aus der Pfalz Frank Hagenburger aus Eisenberg.

Für das beste Muster des Handels zeichnete Metternich die Ewald Gillig GmbH in Antweiler mit der Preismünze in Bronze aus. 

Nach der Mittagspause stand der fachliche Teil im Mittelpunkt. So hielt Michael Horsch, Firma Horsch Maschinenbau GmbH, Schwandorf, einen Vortrag zum Thema: pfluglos 30 Jahre lang – was hat es gebracht? Er zeigte die Entwicklung der Technik im zeitlichen Verlauf auf. 

Ziel müsse sein, dass für die Wurzeln optimale Lebensbedingungen geschaffen werden. Jede Verdichtung und damit Hindernis für die Wurzeln bedeute Stress und damit eingeschränktes Wachstum mit Verlusten bei Ertrag und Qualität, so die Kernaussage von Horsch.

Aus einem landwirtschaftlichen Betrieb im bayerischen Schwandorf, mit Schwerpunkt Ackerbau, hat sich die Firma Horsch in den letzten 30 Jahren zu einem der namhaftesten deutschen Hersteller von Ackergeräten entwickelt. Heute produzieren die rund 1.800 Mitarbeiter auf unterschiedlichen Standorten Maschinen für die Landwirtschaft, die auf der ganzen Welt eingesetzt werden.

Bei der Entwicklung neuer Ackerbautechnik stehen im Mittelpunkt der Überlegungen das Ziel optimale Bedingungen für den Auflauf des Samens und die Wurzelentwicklung der Kulturpflanze zu schaffen. Dies unter den Nebenbedingungen kostengünstige Technik und  hoher Schlagkraft. „Damit wollen wir zur Minimierung des Aufwandes beitragen und auch  Arbeitszeit einsparen“, betonte Horsch.

Zum Schluss seines Vortrages zeigte er noch einen Film über die Perspektiven des modernen Ackerbaus. Auf einer größeren arrondierten Fläche kam bei der Bewirtschaftung schlagkräftige Technik zum Einsatz. Ziel des Projektes war eine möglichst bodenschonende Wirtschaftsweise mit geringsten Verdichtungen. Die in ihrer Einsatzbreite aufeinander abgestimmte Technik wird immer in derselben Spur über den Acker geführt. Damit erfolgt eine Verdichtung des Bodens nur in diesen Spuren. In den Zwischenräumen bleibt die Lebendverbauung vollständig unangetastet. Und damit optimale Verhältnisse für das Wurzelsystem. Beeindruckend war auch die Technik der Ernteabfuhr. Aufgesattelte Lastkraftwagen, wie sie tausendfach für den Transport überall eingesetzt werden, fuhren das Erntegut vom Acker. Zuvor wurde allerdings das Zugfahrzeug am Feldrand mit einem Traktor, an dem die Transportraupe angehängt wird, ausgetauscht. Dieses Gerät wird unter den Aufleger gefahren. Hydraulisch werden dann die schmalen Reifen mit Pritsche angehoben. Die Last liegt dann komplett auf dem Raupenfahrzeug; entsprechend gering ist der Bodendruck in den angelegten Fahrspuren. 

Eiweißgehalt und Bierqualität

Viele Braugerstenerzeuger verstehen nicht, dass die Qualitätsvorgaben vorsehen, dass die Braugerste einen Eiweißgehalt zwischen 9,5 % und 10,5 % haben sollte. Dr. Stefan Hanke, Mitarbeiter im Bereich Qualitätssicherung der Bitburger Brauerei, informiert hierzu in einem weiteren Vortrag.

Die Sortenempfehlung der Fördergemeinschaft bringe erheblich Vorteile für die Qualitätssicherung, so Dr. Hanke eingangs. Damit kommen Sorten in den Anbau, die in „normalen Jahren“ beim Eiweißgehalt nicht auffallen.

Eiweiß wird bei der Bierherstellung zum einen als Nahrung für die Gärhefen benötigt und zum andern ist es bedeutsam für den Schaum und den „Körper“ des Bieres, betonte Dr. Hanke. Sowohl zu hohe als auch zu niedrige Gehalte an Eiweiß machen dem Mälzer und dem Brauer das Leben schwer. Die Keimdauer steigt mit zunehmendem Eiweißgehalt an. Deshalb ist der Durchsatz in der Mälzerei geringer und damit steigen die Kosten. Beim Brauvorgang beeinflusst das Protein zwei wichtige Qualitätsparameter. Zum einen die Schaumbildung des Bieres. Erwünscht sei beim Biertrinker eine helle Schaumkrone, die nicht gleich nach dem Einschenken zusammenfällt, berichtete der Experte. Höhere Eiweißgehalte sorgen für mehr Schaumstabilität. Zum andern haben zu hohe Gehalte aber erheblich Nachteile für die Bierqualität. So wird die Extraktausbeute vermindert und damit wird mehr Malz benötigt. Auch die Trübung des Bieres steigt an, was einen höheren Aufwand bei der Filtration nach sich zieht. Und die Alterungsstabilität nimmt ab, was auch höhere Hygienemaßnahmen erfordert. „Alle diese Nachteile kann man brautechnisch in den Griff bekommen, allerdings nur zu entsprechend höheren Kosten, dieses Geld bleibt dann nicht in der Wertschöpfungskette, betonte Dr. Hanke abschließend. 

Die Ergebnisse der Landessortenversuche stellte in einem weiteren Vortrag Ferdinand  Hoffmann vor. Er ist federführend im Bereich Versuchswesen beim DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach tätig.

Zur Bedeutung der Sommergerste sagte er, dass diese Kultur mit gut 40.000 ha an 3. Stelle nach Weizen und Raps stehe. Allerdings sei die Fläche mit knapp 60.000 ha in den 1990er Jahren um die Hälfte schon größer gewesen. Die Kornerträge nahmen im Schnitt der Jahre um knapp 30 kg/ha zu und erreichten in diesem Jahr 56,7 dt/ha.

Auf den 6 Versuchsstandorten wurden die Sorten Solist, Avalon, Quanch, Catamaran Propino, Marthe und Grace angebaut. Nach den wesentlichen Merkmalen wie Ertrag, Vollgerste und Proteingehalt konnten die besten Ergebnisse erzielen: Propino, Catamaran, aber auch Avalon konnte als neue Sorte überzeugen und wird als Braugerste der kommenden Jahre diskutiert.

Aufgrund der Ergebnisse werden für den Anbau 2015 die Sorten Catamaran für die Höhenlagen und Propino für die Wärmlagen empfohlen. „Die neue Sorte Avalon kann dann eine Empfehlung erhalten, wenn die brautechnischen Merkmale so ausfallen, dass der Technischen Ausschuss der Fördergemeinschaft einer Empfehlung zustimmen kann, betonte Hoffmann. 

Der stellv. Vorsitzende der Fördergemeinschaft Dr. Stettner bedankte sich bei den Erzeugern von Braugerste, dem Handel, den Mälzern und den Brauern für ihr Interesse und den Diskussionsbeiträgen. Ein besonderer Dank galt den Referenten für die interessanten Vorträge und den Mitarbeitern der Geschäftsstelle für die Organisation der Veranstaltung.  

 

Karl Riedesser, Geschäftsstelle der Fördergemeinschaft Braugerste Rheinland-Pfalz