Rheinland-Pfalz muss handeln!

Die Herbstsitzung des Ausschusses für Tierische Produktion und Tiergesundheit wurde von Themen zur Tiergesundheit und zur Tierhygiene bestimmt.

Einsatz von gesextem Sperma

Dr. Jörg Potthast ist bei der Rinder-Union West eG als Abteilungsleiter verantwortlich für den Bereich Besamung und berichtete zu diesem Thema. Der Einsatz von gesextem Sperma steigt zwar an, bewegt sich aber nach wie vor auf niedrigem Niveau von etwa 3,5 bis 4 % der Holsteinbesamungen. Die Patente zum Sexen von Sperma werden weltweit von der Firma „Sexing Technologies“ in Texas gehalten. Die RUW arbeitet mit dem Sexing-Labor in Cloppenburg zusammen. Durch optimierte Sortiermaschinen und verbesserte Verdünnermedien konnte die Produktion von gesextem Sperma deutlich verbessert werden, so dass mittlerweile auch der Einsatz bei Kühen empfohlen werden kann. Die Vorteile für den Betrieb liegen in verschiedenen Bereichen. Gesundheitsmanagement und Kalbeverlauf können positiv beeinflusst werden. Die gezielte Produktion von weiblichen – oder auch männlichen – Kälbern trägt aber auch zu einer besseren Marktausnutzung bei.

Im Sommer haben Meldungen zu einem genetisch bedingten Kälberdurchfall die Holsteinzüchter verunsichert. Dr. Potthast erläutert den Sachstand zum sogenannten CDH oder Cholesterin Defizit Haplotyp, eine genetische Besonderheit, die man inzwischen dem kanadischen Vererber STORM zuordnen kann. Der entwickelte Test weist mit einer Sicherheit von 99 % nach, ob ein Tier negativ ist. Positiv untersuchte Tiere haben bisher nur eine Sicherheit von 80 %, in 20 % der Fälle können positiv untersuchte Tiere auch negativ sein. Den Landwirten wird der Verzicht auf sogenannte Risikoanpaarungen nahegelegt,d. h.  Träger der genetischen Besonderheit sollten möglichst nicht eingesetzt werden.

Bericht der Tiergesundheitslotsin

Elke Herborn ist seit August 2014 mit der Endsanierung der BHV1 und dem Monitoring zur Pseudotuberkulose bei Schafen und Ziegen beauftragt. Das Monitoring zur Pseudotuberkulose ist eine freiwillige Maßnahme, die bei den Ziegenhaltern in Rheinland-Pfalz sehr gut angenommen wird. Grundlage ist die Richtlinie zur Sanierung rheinland-pfälzischer Ziegen-/Schafbestände auf Pseudotuberkulose, die der Landesverband der Schafhalter/Ziegenhalter und Züchter Rheinland-Pfalz eV im Januar 2015 beschlossen hat. Ziel ist es, einen anerkannt Pseudotuberkulose-unverdächtigen Bestand zu erreichen. Hierzu ist eine Kombination aus serologischer Untersuchung mittels Blutprobe und klinischer Untersuchung durch Abtasten verschiedener Lymphknoten sowie Prüfung von Abszessen und Narben notwendig. Bei positiven Befunden sind strikte hygienische Maßnahmen einzuhalten. Dazu gehört z. B., dass positive Tiere von negativen Tieren getrennt werden und Kitze von positiven Muttern sofort nach der Geburt getrennt und mutterlos aufgezogen werden. Ziel muss es in jedem Fall sein, die positiven Tiere zu merzen. Aktuell sind 72 % der untersuchten Betriebe frei von Pseudotuberkulose und 28 % befinden sich in der Sanierung.

Regino Esch bewirtschaftet seit 2001 einen Betrieb mit Milchziegenhaltung und Käserei.  Die Ziegen wurden seinerzeit aus 7 Betrieben zusammen gekauft. Nach anfänglich guter Entwicklung wurden vor etwa 5 Jahren gesundheitliche Probleme in der Herde deutlich. Die Untersuchung bestätigte eine 95 % ige Durchseuchung mit CAE und eine stark vorhandene Pseudotuberkulose. Die Entscheidung fiel im Betrieb zur Totalsanierung, der Austausch der kompletten Herde fand im Januar 2012 statt. Der Entschluss hat sich für den Betrieb durchweg gelohnt. Die Milchleistung der Ziegen ist deutlich gestiegen, dadurch können weniger Tiere gehalten werden und Arbeitszeit wird eingespart.

In der Diskussion der beiden Beiträge wird herausgestellt, wie wichtig die Arbeit des Tiergesundheitslotsen ist. Im Sommer wurde vom Landesverband der Schafhalter und Ziegenzüchter, von der Tierseuchenkasse und der Landwirtschaftskammer die Einrichtung eines Tiergesundheitsdienstes für kleine Wiederkäuer beim Ministerium beantragt. Leider wurde den Anträgen aus finanziellen Gründen Absagen erteilt. Die Ministerin verwies dabei auf die Möglichkeit, für die Tätigkeit des Tiergesundheitslotsen eine Fortsetzung zu beantragen.

Der Ausschuss Tierische Produktion und Tiergesundheit ist sich einig, dass die Tätigkeit des Tiergesundheitslotsen fortgesetzt werden soll. Das laufende Projekt ist bis zum 31.07.2016 terminiert, eine Verlängerung soll rechtzeitig beantragt werden.

Rheinland-Pfalz muß handeln!                                                                            

Dr. Klawonn berichtet zunächst zur Situation bezüglich BHV1. Im Verlauf des Jahres 2015 haben weitere Bundesländer den Status „anerkannt BHV1-frei“ nach Artikel 10 der Richtlinie 64/432/EWG beantragt bzw. bereits die Anerkennung erreicht. Auch Nordrhein-Westfalen steht kurz vor der Antragstellung, so dass die Gefahr besteht, dass Rheinland-Pfalz von den Märkten isoliert wird. Schon jetzt ist die Vermarktung in die anerkannten Bundesländer nur noch unter erheblichen Kosten möglich, weitere Markteinbrüche sind zu befürchten, wenn der Status in NRW früher erreicht wird als bei uns.

Die aktuelle Situation sieht so aus, dass der Antrag in Rheinland-Pfalz erst dann gestellt werden kann, wenn nur noch 0,2 % der Bestände Reagenten haben, das entspricht maximal 10 Betrieben. Zum Stand 27.10.15 waren noch 33 Betriebe mit Reagenten, davon 18 sogenannte Härtefallbetriebe erfasst. Vor allem die Härtefallbetriebe haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Reagenten bis zum 31.12.2016 zu merzen. Der Rindergesundheitsdienst hat in den letzten Monaten zu allen Betrieben Kontakt aufgenommen und versucht darauf hinzuwirken, dass auch die Härtefallbetriebe schon zum 31.12.15 ihre Reagenten merzen. Die Tierseuchenkasse unterstützt das Vorhaben und zahlt bis zum 31.12.15 die Ausmerzungsbeihilfe für die letzten 20 positiven Tiere eines Betriebes wenn die Sanierung fristgerecht zum 31.12.15 erfolgt. Ziel ist es, spätestens im Januar 2016 den Antrag auf Anerkennung bei der EU in Brüssel zu stellen.

In der Diskussion wird deutlich, dass die Vermarktung alle Rinderhalter trifft, ganz besonders die Mutterkuhhalter deren Absetzerauktionen ausschließlich in Nordrhein-Westfalen stattfinden und die ihre Abnehmer überwiegend außerhalb des Verbandsgebietes finden. Es wird bemängelt, dass die Sanierung halbherzig vorangetrieben wurde. Zu viele Rinderhalter haben lange Zeit nicht oder nur teilweise an den erforderlichen Untersuchungen teilgenommen. P. Kern merkt an, dass dieses Vorgehen auch bei BVD droht und alles dafür getan werden muss, dass die Sanierung von BVD zu einem schnelleren Ende kommt.

BVD-Sanierung auf dem Prüfstand

Dr. Klawonn erläutert den Sachstand zur BVD-Sanierung. Aktuell wird eine Verschärfung der Maßnahmen zur BVD-Bekämpfung diskutiert. Das maximale Untersuchungsalter soll von 6 auf 2 Monate gesenkt werden, um die mit dem BVD-Virus infizierten Tiere schneller auszumachen. Aborte und Totgeburten sollen zukünftig immer untersucht werden. Der Zeitraum zwischen zwei Untersuchungen soll von 60 auf 40 Tage reduziert werden. Für persistent infizierte Bestände werden neue Regelungen in die Verordnung aufgenommen, die das Verbringen von Rindern aus diesen Beständen maßregeln.

Der Anteil Ohrstanz-positiver Kälber ist in Rheinland-Pfalz 2015 bei einem Wert von 0,062 % angekommen. Im Vergleich zur Ausgangssituation bei Beginn der Untersuchungen 2010 und zu anderen Bundesländern fällt die Abnahme dieses Wertes jedoch geringer aus als erhofft. Eine Analyse der Gründe hierfür fehlt.

Die Diskussion wird sehr kontrovers geführt. P. Kern befürchtet, dass andere Bundesländer sich wie bei BHV1 in eine Lage bringen, die sie besser stellt und ihnen die Möglichkeit von Marktrestriktionen gibt. Er stellt den Antrag, dass positive Tiere sofort aus den Beständen entfernt werden müssen. Frau Dr. Blicke gibt zu bedenken, dass hierzu die rechtliche Situation geklärt werden muss. Von einer Verschärfung der Maßnahmen wie oben angegeben ist in jedem Fall schon jetzt auszugehen. Dr. Wirtz berichtet, dass der LKV die angedachte Änderung bei den Rinderpässen – Versand erst bei Vorliegen des BVD-Ergebnisses und Benachrichtigung des Betriebes durch den LKV – noch nicht umsetzen konnte, weil die Beauftragung durch die Landkreise nach wie vor nicht erfolgt ist. Dr. Labohm regt an, dass der Rindergesundheitsdienst zu jedem Rinderhalter mit positivem BVD-Ergebnis persönlich Kontakt aufnimmt und wenn nötig vor Ort berät. Die weiteren Mitglieder des Ausschusses folgen dem Antrag von P. Kern nicht. Es wird gewünscht, anlässlich der nächsten Sitzung ausführlich über die vorgesehenen Änderungen der BVD-VO zu berichten und auch das Problem des mehr oder weniger stagnierenden Anteils Ohrstanz-positiver Kälber in Rheinland-Pfalz näher zu beleuchten.

Im August wurde in Frankreich im Departement Allier der Ausbruch der Blauzungenkrankheit des Serotyps 8 festgestellt. Bei der bestehenden Witterung mit sehr milden Temperaturen wird befürchtet, dass sich das Virus schnell ausbreiten kann. Da Deutschland seit 2012 als frei von BTV 8 gilt, ist eine Impfung untersagt. Nur unter der Voraussetzung, dass das Seuchengeschehen auf unter 150 km an die Grenze zu Deutschland herankommt und das Friedrich Löffler-Institut (FLI) es als Risiko einstuft kann eine typspezifische Impfung von der zuständigen Behörde genehmigt werden. Sowohl die Rinderhalter als auch die Schaf- und Ziegenhalter äußern ihre Sorge über die weitere Entwicklung. Im Bedarfsfall ist ein schnelles Handeln der Beteiligten notwendig, um durch Impfung die Tiere vor der Erkrankung zu schützen.

Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz – aktueller Stand                           

Dr. Labohm berichtet, dass sich aufgrund des Ausführungsgesetzes zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (AGTierNebG) vom August 2014 der Abrechnungsmodus der Tierkörperbeseitigungskosten geändert hat. Gesamtschuldner ist jetzt die Tierseuchenkasse, die die Kosten im Rahmen der Drittellösung dem Land Rheinland-Pfalz und den Kreisen und kreisfreien Städten zu je einem Drittel weiter berechnet. Vom Drittel der Tierseuchenkasse muss dann noch nach Verordnung EG 702/2014 der Eigenanteil der Tierbesitzer erhoben werden. Das ist nach langen Anpassungsproblemen vor allem bei der EDV im Oktober 2014 für den Zeitraum August  bis Ende Dezember 2014 erfolgt. Zusätzlich muss nach AGTierNebG ein Vorschuss auf TKB-Kosten erhoben werden, was mit der zurück liegenden Abrechnung auch erstmalig erfolgt ist. Das dient zur Liquiditätssicherung der für alle Kosten in Vorlage tretenden Tierseuchenkasse. Die Abrechnung für das Jahr 2015 wird für die Tierhalter mit dem Beitragsbescheid zur Tierseuchenkasse im April 2016 erfolgen.

Derzeit existieren drei Zweckverbände zur TKB: der Zweckverband Tierkörperbeseitigung in Liquidation, der Zweckverband Tierische Nebenprodukte Südwest, und der Zweckverband Altlasten. Die Ausschreibungsfrist zum Verkauf der Betreibergesellschaft zur Durchführung der Tierkörperbeseitigung  inkl. Personal und Ausstattung (LKW etc.) und zur Verpachtung der Tierkörperbeseitigungsanlage Rivenich hat Anfang August 2015 geendet. Derzeit laufen Verhandlungen mit den Bewerbern: Mit Beginn des Jahres 2016 muss der Betrieb der TKB gemäß Forderungen der EU-Kommission neu organisiert sein. Die Hoffnung dass die Landkreise Nord- und Mittelhessens dem neuen Zweckverband beitreten würden, ist nicht in Erfüllung gegangen. Ende 2015  endet die „rheinland-pfälzische“ Beseitigung in ganz Hessen einschließlich der bisher dem Zweckverband angeschlossenen Kreise, was die Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz sicher nicht kostengünstiger macht.

Aktuelles aus dem Referat Tierzucht                                                                   

Frau Werner informiert über die aktuelle Situation. Im Rahmen der Anerkennung als Züchtervereinigung hat das Fleischrinder-Herdbuch Bonn eine Vereinbarung mit der Landwirtschaftskammer zur Bewertung von Tieren und Erfassung von Daten zur Fleischleistungsprüfung in den Mitgliedsbetrieben des FHB in Rheinland-Pfalz getroffen. Dazu gehört auch eine Übereinkunft über die Abrechnung dieser Tätigkeiten. So soll ab 2015 jeder Betriebsbesuch z. B. zur Bewertung von Tieren oder zur Durchführung von Kontrollwiegungen dem FHB in Rechnung gestellt werden.

Die Rinder-Union West eG hat beschlossen, die bisherige Vereinbarung mit der Landwirtschaftskammer zur Durchführung der Nachzuchtbewertung und Kuheinstufung in Rheinland-Pfalz und Saarland zu beenden und diese Aufgaben ab dem 1.1.2016 mit eigenem Personal durchzuführen.

Die bei der LWK in 2015 neu eingeführten Gebühren für die einzelbetriebliche Beratung in der Tierzucht sind von den landwirtschaftlichen Betrieben gut angenommen worden. Im Rahmen der Gebührensatzung wurde außerdem bei den Gebühren nach Zeitaufwand eine Anpassung der Sätze vorgenommen. Die Tierzucht ist in erster Linie bei der Erstellung von Wertermittlungen betroffen. Hierunter fallen sowohl die Wertermittlungen bei Schadensfällen als auch die Bewertung von Tieren oder ganzen Herden im Auftrag von Kreisveterinären.

Gertrud Werner, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz