Regionalplan Rhein-Neckar: Planen ohne Rücksicht auf Verluste

Deutschland baut: Obwohl die Baustoffpreise nur eine Richtung zu kennen scheinen, nämlich nach oben, zeigen die Kommunen immer noch einen sehr großen Flächenbedarf an, um ihre Bauvorhaben zu entwickeln. Gleichzeitig steht immer weniger Fläche zur Verfügung, um Gewerbe- und Industriegebiete sowie Wohnbauflächen zu realisieren.

Gerade sehr gut nutzbare landwirtschaftliche Flächen gehen dabei immer häufiger dauerhaft verloren. Bei der Planung und Ausweisung potenzieller Bauflächen hat die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ein Wort mitzureden. Eigentlich.

„Grundlage für die Auswahl solcher Flächen ist das Instrument der Regionalplanung“, erklärt Ökonomierat Norbert Schindler, Präsident der Landwirtschaftskammer. An dieser Stelle ein kurzer Exkurs ins kommunale Baurecht: Wenn eine Gemeinde ein Baugebiet entwickeln möchte, muss sie einen Bebauungsplan haben. Dieser braucht als Grundlage einen Flächennutzungsplan, der auf Stadt- oder Verbandsgemeindeebene entwickelt wird. Und darüber wiederum ist die Regionalplanung angesiedelt, die weitaus größere Räume umfasst – wie etwa den Rhein-Neckar-Raum. „Als sogenannter Träger öffentlicher Belange müssen wir gehört werden, wenn solche Pläne entwickelt werden. Wir blicken aus landwirtschaftlicher Sicht auf die Dinge“, betont Schindler. „In diesem Fall haben wir bei der Fortschreibung des Einheitlichen Regionalplans Rhein-Neckar bereits bei einer internen Vorabbeteiligung unsere Stellungnahme abgegeben. Dabei haben wir uns zu mehreren Flächen kritisch geäußert.“ Eine Antwort gab es bisher nicht, stattdessen folgte die Offenlage, und dies mit einer Überraschung: Dort sind nun noch mehr Plangebiete als zuvor ausgewiesen. Als hätte es die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer nicht gegeben.

Potenzial ist vorhanden

Es ist in der Metropolregion bereits Potenzial für Wohnbauflächen vorhanden, das rund 2.500 Hektar beträgt. Nun sollen noch mindestens weitere 200 Hektar hinzukommen. Bei den Gewerbeflächen sind es 2.000 Hektar, die planungsrechtlich bereits gesichert sind. Dennoch sollen dort auch noch 500 Hektar hinzukommen. „Auf den Plänen sehen die dargestellten zusätzlichen Wohn-, Industrie- und Gewerbeflächen recht klein und unspektakulär aus“, sagt der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V., Eberhard Hartelt. „Aber sobald man vor Ort deren tatsächliches Ausmaß sieht, wie groß und landwirtschaftlich wertvoll diese Flächen sind, bekommt man einen ganz anderen Eindruck.“

Ein Team der Abteilung Raumordnung der Landwirtschaftskammer befasst sich seit geraumer Zeit intensiv mit diesem Regionalplan und berichtet: Es sollen fast durchweg beste landwirtschaftliche Flächen mit hoher Ertragskraft und Bewässerungsmöglichkeit in Anspruch genommen werden. Dabei geht man über den ermittelten Bauflächenbedarf hinaus. Die Bedeutung der Flächen für die Landwirtschaft wird überhaupt nicht berücksichtigt. Unterm Strich sei es eine unglaubliche Verschwendung von Ressourcen in sehr kurzer Zeit: So werden in manchen Gemeinden Bauflächen für einen aktuellen Planungshorizont von 10-15 Jahre ausgewiesen, die sie in Vergangenheit in 40 Jahren nicht entwickelt haben. Soll sich das im darauffolgenden Planungshorizont genauso fortsetzen?

Die "Top 5" werden präsentiert

Am 29. Juni endete die Beteiligungsphase für Bürger und Behörden. Dann wird das Verfahren in die nächste Runde gehen. Um deutlich zu machen, was es konkret bedeutet, wenn die ins Auge gefassten Flächen tatsächlich dauerhaft aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen werden, startet die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit dem Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. eine Serie in den Sozialen Medien. Die „Top Fünf“ der potenziell bedrohten landwirtschaftlichen Belange werden in regelmäßigen Abständen vorgestellt. Der erste Fall wird die Überplanung mehrerer landwirtschaftlicher Hofstellen mit einer Wohnbaufläche darstellen. „Wir wollen vor Augen führen, was da gerade passiert. Es ist nicht nur eine abstrakte Planung am Zeichentisch, sondern es sind ganz konkrete Auswirkungen für alle zu erwarten, die in der Metropolregion leben“, warnen die beiden Präsidenten Schindler und Hartelt unisono.