Preisdruck, Flächenentzug, Auflagen und Skandalkonsum

Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz . Zweiter Tag

Aktuell sehen sich die landwirtschaftlichen Betriebe Belastungen aus verschiedenen Richtungen ausgesetzt. Am zweiten Tag der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz listete deren Präsident Norbert Schindler MdB Beispiele auf. Manche davon verband er mit Kritik an der Landesregierung, die er der anwesenden Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken mit auf den Weg gab.

Das Vegetations- und Erntejahr 2015, so Schindler, habe mit Hitze und Trockenheit an die Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Wetter erinnert. Doch während man im Ackerbau gegen alle Befürchtungen noch eine ordentliche Ernte eingebracht habe, dürfe man im Weinbau einen großen Jahrgang erwarten. Die Freude der Erzeuger darüber werde allerdings erheblich getrübt durch in nahezu allen Bereichen fallende Preise. Ob Milch, Getreide, Gemüse, Fleisch oder Fasswein, überall sieht Schindler die Erzeugerbetriebe unter massivem Preisdruck. Erschwerend hinzu kämen Auflagen von marktmächtigen Lebensmitteleinzelhandelskonzernen, die damit in die Produktion hinein Einfluss nehmen. Die Landwirtschaft verliere im Sinne des Wortes an Boden, indem immer mehr Flächen für Schutzgebiete und Baumaßnahmen aller Art verbraucht und der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Widerstand sei gefordert, wenn Spekulanten landwirtschaftliche Flächen aufkaufen mit der Absicht, diese in Bau- oder Gewerbeflächen umzuwidmen, um damit erhebliche Profite einzustreichen. Schindler warnte davor, die Betriebe zusätzlichen Kostenbelastungen durch neue Steuern auszusetzen. Unerträglich nannte er den von gewissen Medien geförderten Skandalkonsum. Die Diskussion um das Pflanzenschutzmittel Glyphosat werde statt auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse auf dem Boden von Verängstigung, Mutmaßung und Vorurteilen geführt. Die Headlines, mit denen Fleisch und Wurst als Krebserreger gebrandmarkt wurden, bezeichnete Schindler als Höhepunkt eines verantwortungslosen Schlagzeilenwettbewerbs um Auflagen und Einschaltquoten auf dem Rücken der Bauern.

Präsident Schindler begrüßte die Ankündigung von Ministerin Höfken, den Forderungen der Kammer nach einer verbesserten Finanzausstattung zur Bewältigung zusätzlicher Aufgaben entgegen zu kommen. Die Ministerin hatte vor dem Plenum der Bauern und Winzer angekündigt, die pauschale Zuweisung des Landes an die Kammer zur Finanzierung der Selbstverwaltung, die u.a. auch die Aufwendung für die Berufsbildung beinhaltet um 100.000 Euro zu erhöhen. Das neue Genehmigungssystem für Rebpflanzungen, das der Kammer übertragen wurde und dort Personal- und Sachkosten erzeugt, kann mit Hilfe von zugesagten 250.000 Euro in das Arbeitsprogramm implementiert werden. Die notwendige Aufrüstung der EDV-Anlage zur Verarbeitung des Systems finanziert das Land mit 200.000 Euro. Damit, so Schindler, werde die Arbeitsfähigkeit der Landwirtschaftskammer aufrecht erhalten.

„Landwirtschaft und Weinbau sind tragende wirtschaftliche Säulen in unserm Land. Die Landwirtschaftskammer übernimmt wichtige staatliche Aufgaben im Interesse des Landes Rheinland-Pfalz und der Agrarwirtschaft“, hob Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken anlässlich der heutigen Vollversammlung der Landwirtschaftskammer in Bad Kreuznach hervor. Die Kammer sei verlässlicher und kompetenter Partner bei der Ausbildung der Grünen Berufe. Im Weinbau verwaltet und überwacht sie die Anbau- und Vermarktungsregelungen. Bei Landesprogrammen wie der Gewässerschonenden Landwirtschaft und im Naturschutz sowie für viele andere wichtige Bereiche sei die Kammer wertvoller Partner, führte Höfken aus. Das Land unterstütze die Kammer bei ihren Aufgaben. Es gibt eine konstruktive langjährige Zusammenarbeit. In diesem Jahr habe man diese Kooperation mit einer neuen Vereinbarung zwischen dem Land und der Landwirtschaftskammer fortgeschrieben. Dass für neue Aufgaben der Kammer, wie die Umsetzung der EU-Weinmarktordnung sowie für gestiegen Kosten in der Selbstverwaltung und Modernisierung der EDV die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, dafür werde sie sich mit den Abgeordneten der Koalition in den Haushaltsberatungen des Landtages einsetzen, erklärte Höfken.
 
„Die große Vielfalt und die bäuerlichen Strukturen, die unsere Landwirtschaft prägen, kommen den Verbrauchervorstellungen von nachhaltiger Landwirtschaft so nahe, wie in kaum einer anderen Region“, sagte Höfken. Um das zu erhalten und weiterzuentwickeln, stehe die Landesregierung gerade angesichts der aktuellen Krise an der Seite der Landwirtschaft und unterstütze die Bauern bei ihren Aufgaben und Herausforderungen, so Höfken. Die Landesregierung fördere gezielt die mittelständische bäuerliche Landwirtschaft und zum Beispiel die Verarbeitung und Vermarktung regionaler Produkte zur Stärkung der ländlichen Regionen. Die Mittel des Agrarumweltprogramms EULLa belaufen sich 2015 auf 28 Millionen Euro, die am 19. November ausgezahlt werden sollen, am schnellsten im Bundesgebiet, sagte Höfken. Und mit einer deutlichen Aufstockung der Direktzahlungen zahle das Land Ende des Jahres 190 Millionen Euro EU-Mittel an die Betriebe aus – mehr als je zuvor.

Die Ministerin dankte den Bäuerinnen und Bauern, den Winzerinnen und Winzern im Land: „Trotz Preiskrise und Wetterextreme haben sie eine gute Ernte eingebracht, die unsere Ernährung auf qualitativ hohem Niveau sichert. Besonders der Weinjahrgang 2015 verspricht eine herausragende Weinqualität. Für diese gute Arbeit mein herzliches Dankeschön.“