Offener Brief an den BUND

In der Mitgliederzeitschrift des BUND erschien auf den Seiten der Rheinland- Pfälzischen Landesgruppe ein Artikel der Geschäftsführerin Sabine Yacoub zur Agrarwende. Ralph Gockel von der Landwirtschaftskammer hat Frau Yacoub hierzu einen offenen Brief geschrieben, der hier veröffentlicht wird.

Liebe Frau Yacoub,

Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer lesen auch regelmäßig das BUND-Magazin, in dem es auch immer die Sparte „Ihre Landesseiten Rheinland-Pfalz“ gibt. In der Ausgabe 2/2017 haben Sie einen Artikel veröffentlicht:  „Wir brauchen eine Agrarwende“. Leider beginnt der Artikel mit den typischen Schlagworten der „großen Massentierhaltungsbetriebe“, den „Mega-Schweineställen“ und den „monotonen Feldern“. Zwar schränken Sie ein, dass dies gar nicht bei uns in Rheinland-Pfalz anzutreffen sei, aber diese Begriffe gleich in den ersten zwei Sätzen unterzubringen bleibt natürlich im Hinterkopf. Und danach folgen gleich wieder Schlagworte der „Überdüngung“ und „Bodenerosion“ und der „hohen Nitratbelastungen“, der „Folienzelte“ und der „Gewächshäuser“. Damit auch die Mittelgebirgslagen ihr Fett weg bekommen, wird das Wort „Überdüngung“ mit „Gülle-Importen“ versehen und natürlich darf auch das Totalherbizid Glyphosat nicht fehlen. 

Liebe Frau Yacoub, dies ist keine sachliche Auseinandersetzung mit den Belangen in Rheinland-Pfalz, erst recht nicht, wenn Sie Zahlen falsch interpretieren. So schreiben Sie, dass sich der Silomaisanbau in den letzten zwölf Jahren fast verdoppelt habe. Das ist wohl richtig, denn der Silomaisanbau lag 2003 bei 16.000 ha und 2015 bei 33.000. Seit den siebziger Jahren lag der Silomaisanbau konstant bei 15.000 bis 16.000 ha. Erst in den letzten 5 Jahren gab es die erhebliche Ausdehnung. Grund dafür sind aber nicht die Mega-Kuhställe, sondern die Anreize der Politik. Ausgelöst durch das EEG  ergab sich zwangsläufig eine Ausdehnung des Maisanbaus. Das was Sie kritisieren ist eine typische Fehlsteuerung der Politik durch Eingriffe in den Markt. Diese Folgen sollten Sie bedenken, wenn man schon wieder nach einer neuen Politik ruft. Im Übrigen: Der Silomais hat einen Anteil von weniger als 5% an der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Rheinland-Pfalz und bezogen auf die Ackerflächen liegt der Anteil von Silomais bei 8%. Auch wenn in manchen Landkreisen höhere Werte anzutreffen sind, kann man aus dem Maisanbau in Rheinland-Pfalz nun wirklich kein Problem machen. 

Liebe Frau Yacoub, man muss sich mit den Fakten zunächst sachlich auseinander setzen, um dann die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. Sie retten das von Ihnen angesprochene Braunkehlchen nicht mit einer neuen Agrarpolitik. Sie brauchen Landwirte und Winzer, die sich aktiv mit den Programmen des Landes und des Bundes für den Artenschutz einsetzen. Ich kann nicht verstehen, warum man sich nicht gemeinsam dafür einsetzen kann. Auch die von Ihnen geforderten Räume für Insekten und Bestäuber werden von den Landwirten gerne realisiert. Voraussetzung ist aber, die Bürokratie, die das eigentliche Hemmnis ist, abzubauen. Nur mit der Pauschalforderung, „wir brauchen eine neue Agrarpolitik“, helfen Sie der Biodiversität überhaupt nicht. 

Gerne möchte ich von Ihnen auch wissen, an welchen Standorten in der Eifel und im Westerwald die Gülle-Importe für eine Überdüngung sorgen. Haben Sie das konkret festgestellt oder ärgern Sie sich einfach nur, dass der Nährstoffträger Gülle auch auf rheinland-pfälzischen Ackerflächen ausgebracht wird? Sie schreiben „Gebüsche, Feldgehölze, feuchte Senken, Graswege und Wegränder fallen der intensiven Landwirtschaft zum Opfer“. Wo bitte findet das statt? Alle die von Ihnen beschriebenen Maßnahmen stellen einen Eingriff in Natur und Landschaft dar und müssen genehmigt werden und sind cc-relevant. Im Rahmen der Bodenordnung werden sie außerdem oft überkompensiert. Sie tun gerade so, als würden Landwirte und Winzer landauf landab Strukturelemente rücksichtslos beseitigen. Leider bleiben Sie den Nachweis schuldig. Es mag durchaus sein, dass es in unserer gesamten Gesellschaft vereinzelt auch illegales Handeln gibt, aber das Fehlverhalten einzelner Personen gleich einem gesamten Berufsstand als regelmäßiges Handeln anzulasten, ist nicht redlich und erscheint sehr vordergründig, nur um eine „neue Agrarpolitik“ einzufordern. 

Und zum Schluss kommen Sie natürlich auf die vielen positiven Dinge, die der BUND macht: Nationalpark, Wildnis-Nischen, die Rückkehr von Wolf und Luchs und die Unterstützung der Wildkatze. Liebe Frau Yacoub, das sind alles Dinge, die lobenswert sind, für die das Land Rheinland-Pfalz auch unendlich viel Geld ausgibt, aber mit der geforderten neuen Agrarpolitik hat das nichts zu tun. 

Ich würde mir wünschen, dass die Ansätze der Landwirtschaft, in den vielfältigen Projekten unserer Stiftung Kulturlandschaft, im Projekt F.R.A.N.Z, bei den Lebendigen Agrarlandschaften und bei der Umsetzung der Agrarumweltprogramme etwas mehr Wertschätzung durch den BUND erfahren würden. Wenn es hier bürokratische Hemmnisse gibt, dann sollten wir an diesen arbeiten, aber nicht eine pauschale neue Agrarwende fordern. 

Liebe Frau Yacoub, es grüßt Sie recht herzlich 

Ralph Gockel