Nutztierhaltung wird zunehmend in Frage gestellt

In seiner vergangenen Sitzung hat der Bundesrat unter anderem Beschlüsse zur Tierschutztransportverordnung gefasst, die für die landwirtschaftlichen Tierhalter in Rheinland-Pfalz weder akzeptabel noch nachvollziehbar sind: Aus diesem Grund hat sich der Präsident der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Ökonomierat Norbert Schindler, in einem Brief an die rheinland-pfälzische Umweltministerin Anne Spiegel gewandt.

„Bei Außentemperaturen von über 30 Grad Celsius dürfen landwirtschaftliche Nutztiere künftig nur noch maximal viereinhalb Stunden lang transportiert werden, unabhängig davon, ob die Luft im Transportfahrzeug gekühlt ist oder nicht“, sagt Schindler und gibt zu bedenken: „Die Struktur der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ist in Rheinland-Pfalz eher schwach ausgeprägt, weite Entfernungen zwischen den Betrieben und den vor- und nachgelagerten Bereichen sind die Regel.“ So lägen etwa die Schlachtbetriebe in Rheinland-Pfalz räumlich so weit auseinander, dass sie in weniger als viereinhalb Stunden nicht zu erreichen seien. Sammeltransporte, die aus Kostensicht ein absolutes Muss für die Betriebe und auch aus Umweltschutzgründen zu bevorzugen seien, könnten somit nicht mehr stattfinden.

„Stattdessen muss nun jeder einzelne Betrieb seine Schlachttiere auf direktem Weg zum Schlachthof transportieren. Darüber hinaus kann eine Anlieferung an die Schlacht­höfe nur in dem dafür vorgesehenen Zeitraum erfolgen. Schlachthöfe, die zur Einhaltung der Nachtruhe verpflichtet sind, werden dadurch vor allem in den Wintermonaten erhebliche logistische Probleme bekommen, wenn eine Vielzahl von Einzelfahrzeugen Schlachttiere in einem engen zeitlichen Rahmen anliefert“, erklärt der Präsident und betont nochmals: „Die Grenze von viereinhalb Stunden ist für die landwirtschaftlichen Nutztierhalter in Rheinland-Pfalz nicht akzeptabel und auch nicht umsetzbar. Wir fordern die Beibehaltung der bisherigen Regelung mit der Möglichkeit, Transporte bis zu acht Stunden durchführen zu können.“

Eine weitere geplante Bestimmung bereitet Ökonomierat Schindler Sorge: Kälber sollen zukünftig nur noch ab dem Alter von 28 Tagen transportiert werden dürfen, nicht wie bisher ab 14 Tagen. Als fachliche Begründung für diese Maßnahme wird die immunologische Lücke von der 3. bis zur 4. Lebenswoche angeführt. Es gebe aber nur noch wenige Abnehmer für junge Kälber, wobei vor allem Kälber im Alter von 14 Tagen gefragt seien. Zu diesem Zeitpunkt haben die Kälber durch die passive Immunisierung durch Aufnahme von Biestmilch einen vergleichsweise hohen Schutz. Im Verlauf der nächsten Wochen sinkt dieser Schutz zunächst und erreicht erst mit zunehmender aktiver Immunisierung wieder ein vergleichbares Niveau, so Schindler: „Die Möglichkeit der Vermarktung ab dem 14. Lebenstag macht insofern durchaus Sinn, und eine Anhebung des Alters auf 28 Tage ist fachlich nicht nachvollziehbar.“

Aus Sicht des Präsidenten werde der Beschluss dazu führen, dass Kälber länger im Ursprungsbetrieb verbleiben müssen. Das ziehe zwangsläufig einen zusätzlichen Bedarf an Stallplatz, Futter, Arbeitskraft zur Versorgung und Pflege nach sich, der so nicht von den Betrieben geleistet werden könne. Notwendige Investitionen in Stalleinrichtungen und Personal würden über den Markt in keiner Weise erwirtschaftet. Die angedachte Übergangsfrist von einem Jahr trage den Erfordernissen in keiner Weise Rechnung.

„Die landwirtschaftliche Tierhaltung in Rheinland-Pfalz ist immer noch eher kleinstrukturiert und wird geprägt von bäuerlichen Familien, die ihre Tierhaltung mit viel Engagement und Fürsorge für das Tier betreiben“, schreibt Präsident Schindler an Ministerin Spiegel. „Die vorgesehenen Verschärfungen in der Tierschutztransport-verordnung sind ein weiterer Schritt, die Nutztierhaltung in Rheinland-Pfalz – die eigentlich den Forderungen von Gesellschaft und Politik entgegenkommt – in Frage zu stellen“, so Ökonomierat Schindler abschließend.