Nun gilt es, die Segel zu setzen

Die zurückliegenden Jahre waren nicht einfach. Sowohl den Winzern als auch den Landwirten blies in den letzten zwei Jahrzehnten der Wind teilweise scharf ins Gesicht. Negative Berichterstattungen über Anbaumethoden und die Qualität von Produkten sorgten für ein sich verschlechterndes Image unseres Berufsstandes.

Doch ist dies in der Realität wirklich so? Die Winzer, die schon immer über einen höheren Anteil an Direktvermarktung und somit über einen engeren Kontakt zum Kunden verfügen, schafften es in den letzten Jahren, ihr Ansehen zu steigern. Was passierte hier? Die Winzer und deren Verbände arbeiteten beharrlich an der Produktion, der Qualität aber auch am Image des Berufstandes. Und dies zahlte sich aus.

Die neue junge Winzergeneration wurde zum Symbolträger für qualitätsorientieren Weinbau; sie verkörpert den "Neuanfang". Nicht nur die regionale sondern auch die überregionale Presse berichtet ausführlich über ihr Engagement, ihre neuen Wege in der Weinproduktion, ihre Kreativität und letztendlich auch über ihre Erfolge bei nationalen und internationalen Weinwettbewerben. Sympathische junge Winzerinnen und Winzer, die alleine oder gerne auch in der Gruppe zusammenarbeiten und austauschen, gaben dem Weinbau ein neues Gesicht. Sie verkörpern einen verantwortungsvollen und qualitätsorientieren Weinbau bei gleichzeitiger Leidenschaft zu ihrem Produkt.

Damit haben sich das Berufsbild und das Ansehen der gesamten Winzerschaft gewandelt. Die Bemühungen zahlten sich aus. Deutsche Weine begeistern national und international. Der Beruf des Winzers hat einen gesellschaftlichen Stellenwert verbunden mit gesellschaftlicher Anerkennung. Mit diesem Rückenwind segelt es sich nun für die Winzer wieder leichter.

Die deutschen Weine repräsentieren ein Gesicht, eine Geschichte - Emotionen.

Auch in der Landwirtschaft wird beharrlich an Produktionsmethoden gearbeitet. Aktuelle Studien belegen dies eindrucksvoll: Das Ansehen der deutschen Landwirtschaft sowie das Vertrauen in heimische Produkte und das Wissen über dessen Qualität steigen. Nun liegt es an den Landwirten, diese positive Entwicklung weiter auszubauen - sich nicht den Wind aus den Segeln nehmen zu lassen. Die Qualität der in der Direktvermarktung gebotenen Produkte steht außer Frage - nur fehlt es vielfach an der emotionalen Aufladung der Produkte, dem Gesicht, der Geschichte zum Produkt. Es ist an der Zeit, als Direktvermarkter die Leidenschaft zum eigen erzeugten Produkt nach außen zu tragen und damit die Freude am Genuss der eigen erzeugten Produkte. Bilder eigenen sich besonders, um Emotionen zu transportieren. Der Direktvermarkter, der an einem lauen Sommerabend im Hof sitzt und sein Produkt genießt, wäre ein mögliches Motiv. Diese Bilder würden Lebensfreude, Genuss und Gesundheit vermitteln. Hier sind keine Fotomodelle gefragt, sondern unsere Direktvermarkter mit ihren Familien auf dem Hof - nur sie wirken authentisch. Regionale Architektur und Landschaftsbilder sollten diese Eindrücke verstärken; Ehrlichkeit vermitteln. Solche Fotos im Hofladen, auf dem Wochenmarkt, auf der Website in den sozialen Netzwerken in der regionalen Presse zu kommunizieren, ist ein vielversprechender Weg. Die Lebensmittelindustrie versucht zunehmend, mit diesen Bildern zu arbeiten - sozusagen unter fremder Flagge zu segeln. Denn eigentlich steht dieses Image, das viele Bilder von Produkten aus der Lebensmittelindustrie vermitteln, den Direktvermarkter und ihren Produkte zu.

Im eigenen Hofladen, auf dem Wochenmarkt oder auch im Einzelhandel wird ein Direktvermarkter, der eine Geschichte zum Produkt erzählen kann, seine Leidenschaft zu seinen Erzeugnissen sowie die Lust und Freude an seinem Beruf verkörpert, erfolgreich sein. Wer sein Produkt emotional so stark aufladen kann, löst Kaufimpulse beim Kunden aus. Natürlich darf man bei alle dem nicht vergessen, dass die Qualität des Produktes eine Grundvoraussetzung darstellt. Die Basisqualität - also das Produkt - muss stimmen. Zudem muss dieses den Bedürfnissen des Käufers entsprechen. Im tagtäglichen Gespräch mit dem Kunden erhält der aufmerksame Verkäufer hierzu zahlreiche Hinweise, die Großunternehmen in aufwändigen und teuren Marktstudien erst ermitteln müssen.

Im Weinbau kennt man folgendes Phänomen: Kunden, die in einer Weinbauregionen Urlaub gemacht und vielleicht sogar ein Gästezimmer auf dem Winzerhof bezogen haben, die Arbeit des Winzers in Bruchstücken kennenlernen konnten gund an Weinproben teilgenommen haben, kehren als Multiplikatoren für den deutschen Wein in ihre Heimat zurück. Der persönliche Kontakt zum Winzer verstärkt deutlich die Bindung an das Produkt Wein und die Region. Auch nach dem Urlaub wählen sie bei Einkauf im heimischen Supermarkt, z.B. in Hannover, dann vorzugsweise deutsche Weine bzw. Weine aus der Urlaubsregion. Das Produkt Wein ist durch positive Urlaubserinnerungen für den Kunden emotional stark aufgeladen. Die Qualität der gebotenen Weine und vielleicht auch das Image waren Grundvoraussetzung für dieses Handeln. Und so liegt es nahe, dass auch in der Direktvermarktung eine Kooperation mit dem Tourismus sinnvoll ist. Von dem positiven Image,das die von Landwirtschaft geprägten rheinland-pfälzischen Urlaubsregionen, wie Eifel, Hunsrück, Westpfalz oder Westerwald, vermitteln, können letztendlich alle landwirtschaftlichen Familien profitieren, Synergien, die sich auch monetär positiv auswirken sollten.

Indem Direktvermarkter ihre Produkte mit großer Sorgfalt erzeugen und leidenschaftlich mit ihnen umgehen, symbolisieren sie dem Kunden im Unterbewusstsein die Hochwertigkeit ihrer Produkte. Durch unser tägliches Handeln können wir ohne Mehraufwand beim Kunden punkten. Ein Wein wird sorgsam vor dem Auge des Kunden in ein schönes Weinglass ausgeschenkt - die Äpfel werden sorgsam und liebevoll in die Papiertüte gepackt und mit Blickkontakt dem Kunden überreicht. Nehmen wir unser tägliches Handeln und das der Mitarbeiter doch mal wieder genauer unter die Lupe.

Der Kunde ist wissbegierig, aber er möchte nicht belehrt sondern unterhalten werden. Hier bieten sich gegen Entgelt angebotene unterhaltsame Führungen mit Kostproben durchaus an. Dies sind nicht nur eine hervorragende Maßnahmen zur Kundenbindung und Neukundengewinnung sondern sicherlich auch zur Pflege des positiven Images der deutschen Landwirtschaft. Interessierte und begeisterte Kunden sind ein idealer Multiplikator für die Direktvermarkter im Allgemeinen, für den Betrieb und für das jeweilige Produkt. Dabei darf man als Direktvermarkter nicht von allzu viel Wissen beim Kunden ausgehen bzw. dieses erwarten. Denn ehrlich - wie viel Detailwissen haben wir von den Tätigkeiten unserer Kunden? Ein Kunde, der gezielt fragt und vom Direktvermarkter eine freundliche und angemessene Antwort erhält, erfährt Wertschätzung und kann zu einem wertvollen Stammkunden werden.

Es gibt wohl nur wenige Berufe, die schöner, spannender, naturverbundener, verantwortungsvoller und abwechslungsreicher sind, als die des Landwirts und Direktvermarkters? Seien Sie stolz darauf und treten Sie authentisch und als fachkundiger Direktvermarkter auf. Versuchen Sie Ihre Produkte und Ihren Betrieb, und damit vieles, was für Sie selbstverständlich ist, in den Mittelpunkt zu rücken, emotional aufzuladen, um damit beim Kunden Kaufimpulse auszulösen. Die Wertschätzung, die Sie Ihren Kunden entgegenbringen, wird er Ihnen als treuer Stammkunde vielmals danken und sie bestenfalls auch weiterempfehlen. Das Image der Landwirtschaft hat sich gewandelt - nun gilt es, die Segel zu setzen.

Hildegard Runkel, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz