Neue Düngeverordnung – wie die Vorgaben meistern?

Die Ausschüsse Grünland und Tierische Produktion/Tiergesundheit der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (LWK RLP) kamen zur diesjährigen Herbstsitzung zusammen. Auf dem Programm standen die Themen: Umsetzung der neuen Düngeverordnung, Kurzrasenweide und modernes Weidemanagement, Kohlenstoffspeicher Waldboden und Reduktion überhöhter Wildbestände angesichts der Afrikanische Schweinepest.

Die Vorsitzenden Georg Groß und Alfons Göbel eröffneten die Sitzung, hießen alle herzlich willkommen und begrüßten Ökonomierat Heribert Metternich und Manfred Zelder vom Vorstand der LWK RLP. Ein besonderer Gruß galt den Experten, die einen Vortrag hielten: Frerich Wilken, LWK Niedersachsen. Dr. Edmund Leisen, LWK Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Behrendt, Waldesch, und Dr. Roland Labohm, LWK RLP, der den Vortrag für den verhinderten Dr. Wolfgang Naujok, Umweltministerium Mainz, hielt.
Als Gäste waren Gisela Horix vom Landwirtschaftsministerium, der Leiter des Versuchsguts Neumühle, Dr. Karl-Eduard Landfried, den Vorsitzenden des Landeskontrollverbands Martin Klein und dessen Geschäftsführer Dr. Norbert Wirtz sowie Dr. Friedhelm Fritsch und Dr. Stefan Weimar vom DLR Bad Kreuznach.
Göbel erwähnte, dass er kürzlich die Landwirtschaft in Russland kennenlernen durfte. Er habe sich gewundert, wie die Modernisierung trotz den Handelseinschränkungen voranschreite. „In wenigen Jahren wird Russland keine Lebensmittel mehr einführen müssen, da das Land genug Potential Hat, um sich selbst ernähren zu können“, so seine überzeugende Einschätzung.

Über Berechnung des Düngebedarfs informiert
Wilken ging zunächst auf die wichtigsten Punkte der neuen Regelung ein. Dabei sprach er zum einen die Begrenzung der organischen Düngung mit höchsten 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar an. Neuerdings zähle hierzu nicht nur der Stickstoff aus Gülle und Mist aus der Viehhaltung, sondern auch der aus den Gärresten aus Biogasanlagen. Wie viel des Stickstoffs jeweils anrechenbar sei, sei sehr unterschiedlich. Weiterhin ging er auf die Berechnung des Düngebedarfs ein. Abgeleitet vom erwarteten Ertrag bei Energie und Rohprotein werde die notwendige Düngung berechnet. Dabei müsse die Nachlieferung aus dem Bodenvorrat und der organischen Düngung des Vorjahres in Abzug gebrachte werden. Aber auch die Lieferung durch die Leguminosen wie Rot- und Weißklee im Grünlandbestand.  An einigen Beispielsrechnungen verdeutlichte er die Vorgehensweise. Ergebnis war, dass die Düngung mit Stickstoff sowohl mit 200 Kilogramm/Hektar als auch mit 360 Kilogramm/Hektar ordnungsgemäß sein kann. „Die große Schwankungsbreite ist mit den Unterschieden bei Ernte in Menge und Qualität, aber auch der Vielfalt von natürlichen Standortgegebenheiten und Pflanzengesellschaften zu erklären“, gab der Düngeexperte zu verstehen.
Zum Dritten informierte Wilken über die Einschränkungen bei Phosphor. Neben dem Stickstoff rücke künftig auch die Düngung mit Phosphat mehr ins Rampenlicht. Die Zufuhr dürfe im dreijährigen Schnitt nicht mehr 20 Kilogramm/Hektar den Bedarf überschreiten, sondern nur noch 10 Kilogramm/Hektar; also die Hälfte.

Erfolgsfaktoren positiv diskutiert
Die Stoffströme im Viehhaltungsbetrieb  war ein weiteres Thema seines Vortrags. So komme Grobfutter von den Feldern in den Betrieb, und Gülle werde als Dünger zurück in den Kreislauf geliefert. Eine Milchkuh mit 8.000 Litern Leistung scheide 117 Kilogramm Stickstoff und 42 Kilogramm Phosphor aus. Über das Grobfutter nehme sie 93 Kilogramm Stickstoff und 31 Kilogramm Phosphor auf. Milch und Tiere verlassen den Betrieb und Futter- und Düngemittel kommen herein. Über die „Inhaltsstoffe“ lassen sich die Mengen erfassen, die den Betrieb verlassen und die in diesen gelangen. Immer bliebe aber etwas auf der Strecke. Für diese Verluste müssten zutreffende Zahlen festgelegt werden, forderte Wilken.

Zusammenfassend stellte er folgende erfolgsversprechende Punkte zur Diskussion: 1. Die Stickstoff-Effizienz im Futterbau müsse steigen.

2. Eine frühjahrsbetonte, bodennahe Ausbringung der Gülle/Gärreste sei unumgänglich.
3. Mehr (geförderte) Lager für Gülle/Gärreste seien erforderlich.
4. ein gezielter, sparsamer Mineraldüngereinsatz
5. Unterfußdüngung bei Mais mit Gülle/Gärreste ohne mineralischem Phosphor
6. Stickstoff und Phosphor reduzierte Fütterung, wenn möglich
7. möglichst wenig Verluste bei der Futterkonservierung und
8. verbesserte Grundfutterleistung

In der Aussprache wurden diese „Erfolgsfaktoren“ positiv diskutiert. Beim Punkt mehr Lagerkapazität wurde vielfach eine staatliche Zuwendung eingefordert. Viele Milchviehbetriebe seien wegen der schlechten Milchpreise in den vergangenen Jahren finanziell nach wie vor nicht in der Lage, weiter Kapazitäten ausschließlich mit eigenen Mitteln zu finanzieren.
Abschließend sagte Wilken, er sei seit Wochen schon damit beschäftigt, den Landwirten die Inhalte der neuen Düngeverordnung zu vermitteln. An sich seien die Regelungen meist recht klar und verständlich, doch viele Landwirte würden die Sache bisher zu wenig ernst nehmen. Deshalb appellierte er an die Zuhörer: „Gehen Sie diese Herausforderung offensiv an. Das Gesetz ist verabschiedet und den Regelungen muss man Rechnung tragen. Je positiver Sie die neuen Grundlagen für die Düngung annehmen, umso einfacher wird es für Sie“, betonte er.

„Rinder gehören auf die Weide“
Dr. Leisen befasst sich seit vielen Jahren mit der Milchviehaltung im Weidebetrieb. Er stellte die Frage: „Ist die Weidehaltung heute überhaupt noch interessant?“ Sehr wohl, meinte er. Untersuchungen hätten nämlich ergeben, dass in Betrieben mit einem Weideanteil von über 60 Prozent an der gesamten Futterration in sieben von neun Jahren die Leistungen über den Kosten der Produktion lagen. Dagegen waren die Ergebnisse in solchen mit weniger als 40 Prozent Weideanteil nur in drei von neun Jahren positiv. Der Hauptgrund hierfür ist, dass bei überwiegender Weidehaltung weniger Milchleistungsfutter eingesetzt wird.
Auch die Nachzucht profitiere vom Weidebetrieb, betonte Dr. Leisen. Viel Bewegung, Sonne und frisch Luft fördert die Jugendentwicklung. „Rinder gehören auf die Weide, sonst wird viel Geld verschenkt“, mit diesen Worten brachte er den Sachverhalt auf den Punkt. Die Aufnahme von Futter über die Weide ist abhängig von der Zusammensetzung der Grasnarbe, von den Wasserverhältnissen und der Sonneneinstrahlung. Ebenfalls großen Einfluss haben die Höhe und das Alter des Aufwuchses,  die Gewöhnung der Tiere an die Weide und die Zufütterung. Gehen die Tiere „hungrig“ auf die Flächen, so ist die Futteraufnahme auch höher.
Von den unterschiedlichen Weideverfahren wie Portions- oder Kurzrasenweide hat sich die zuletzt genannte am erfolgreichsten erwiesen. Hierbei gelte es folgendes zu beachten: früher Auftrieb, großer Weidedruck, das heißt Wuchshöhe 3 bis 5 Zentimeter, Vollweide ohne Beifütterung, vorbeugen vor Parasiten und wenn erforderlich bekämpfen, Witterungseinflüsse in Kauf nehmen, überwiegend Abkalben im Frühjahr und intensives Management bei der Fruchtbarkeit. 

Beratung intensivieren
Die Produktivität der Weideflächen liegt über die Nutzung als Kurzrasenweide in vielen Standorten am höchsten und schlägt damit die Umtriebs- und auch die Portionsweide. Für dieselbe Anzahl an Tieren wird weniger Fläche benötigt. Durch entsprechendes Weidemanagement werden einerseits hohe Energiegehalte erzielt und andererseits treten geringe Weideverluste auf. Um dies zu erreichen ist eine Schnittnutzung zu vermeiden. Diese hinterlässt Stoppeln und totes Material – beides verschmähen die Tiere.
In der Aussprache standen im Mittelpunkt die viele Arbeit mit dem Treiben der Tiere auf die Weide und die heute zunehmende Tierzahl, die oft schon die Hundert überschreitet. Dr. Leisen meinte, dass in seinen Praxisbetrieben auch mit solchen Tierzahlen erfolgreich Weidewirtschaft betrieben werde, bei nicht mehr Arbeit als bei der Stallhaltung. Entscheidend sei letztlich ein ausgefeiltes Management und um die Hofstelle arrondierte Flächen.
Zuletzt bedauerte Dr. Leisen, dass wenig Erfahrung über die Weidehaltung vorliege. Deshalb müsse in diesem Bereich die Beratung intensiviert werden. Über Lehrfahrten, Feldbegehungen und Schulung der Berater auf Betrieben, die schon Erfahrungen gesammelt hätten und erfolgreich Kurzrasenweide betrieben, könne ein Multiplikatoreffekt entstehen.     

Bewirtschaftungsmethoden und Kohlenstoff
Wolfgang Behrendt ist praktischer Landwirt und bewirtschaftet mit seiner Familie einen milchkuhhaltenden Betrieb in Rhens-Hünenfeld. Die landwirtschaftliche Siedlung wurde 1952 durch Rodung von Wald angelegt, gleichzeitig blieben etwa 23 Hektar Wald unbearbeitet. Vor dem Hintergrund der Klimaveränderungen und der Frage: „Wie steht der landwirtschaftliche Betrieb in der Klimadebatte da?“, hat  Behrendt bereits vor Jahren angefangen, Nutzungsänderungen auf den von ihm genutzten Flächen zu dokumentieren und mit Bodenproben zu belegen. Ihn interessierte die Frage, wie sich die Landnutzungsänderung der bewirtschafteten Böden auf das Einlagerungsvermögen von klimaschädlichem Kohlenstoff auswirkt, wenn Waldflächen in Weide- und Ackerland umgewandelt werden beziehungsweise „Haben Bewirtschaftungsmethoden einen zusätzlichen Einfluss auf die Bindung von organischem Kohlenstoff?“.
Die Untersuchung bezog sich auf den organischen Kohlenstoffgehalt, die Bodentrockenmasse und das spezifische Gewicht. Interessanterweise konnte  Behrendt feststellen, dass der organische Kohlenstoffvorrat bei Weidenutzung am höchsten ist. Der Ausgangskohlenstoffgehalt der ehemals forstwirtschaftlichen Nutzung konnte im Grünlandbereich gehalten und durch Beweidung sogar noch gesteigert werden. Erst dann folgen Wald und Acker. Nur beweidetes Grünland ist in der Lage, die mit der Rodung von Wald verbundenen Verluste an organischem Kohlenstoff wieder auszugleichen. Bei einer ackerbaulichen Nutzung konnten die organischen Kohlenstoffverluste erst nach rund 30 Jahren ausgeglichen werden.

Organische Kohlenstoffgehalte durch Lockerung erhöhen
Bei der Grünlandnutzung hat sich zudem eine Lockerung des Bodens mittels Pflug zur Neuanlage von Grünland als positiv herausgestellt, weil durch die Lockerung die Wurzelentwicklung begünstigt wird und damit die organischen Kohlenstoffgehalte auch im Bereich von 20 bis 30 Zentimeter Bodentiefe erhöht werden können. Es stellt sich nun die Frage: Kann man durch eine Mischung von organischer und mineralischer Substanz im Boden das Kohlenstoffeinlagerungsvermögen dauerhaft erhöhen?
Der Pflug fördert zwar durch seine bodenwendende Wirkung und den damit verbundenen Sauerstoffeintrag den Abbau der organischen Substanz. Die lockernde und mischende Wirkung dagegen scheint sich positiv auf den Bodenkohlenstoffvorrat auszuwirken. Eine Lockerung des Grünlandbodens in 20 bis 30 Zentimetern Tiefe ohne die Grasnarbe aufzubrechen, könnte ein Lösungsansatz sein. Gibt es zum Beispiel schmackhafte und zugleich nährstoffreiche Grünlandpflanzen, die in tiefere Bodenschichten hineinwachsen?
Die Erkenntnisse aus der Arbeit von Wolfgang Behrendt zeigen die Bedeutung der Weidehaltung für eine nachhaltige Wirtschaftsweise auf. Wiederkäuer wandeln Gras in wertvolle Produkte für die menschliche Ernährung um. Wiederkäuer stoßen nicht nur Methan aus und belasten damit die Umwelt, sie binden auch Kohlenstoff und haben dadurch einen positiven und unverzichtbaren Einfluss auf die Umwelt. 

Afrikanische Schweinepest auf dem Vormarsch
Dr. Labohm berichtete darüber, dass die Afrikanische Schweinepest sich in jüngster Vergangenheit von Polen bis nach Tschechien, in die Ukraine und nach Rumänien ausgedehnt habe. Die Zahl der Ausbrüche beim Hausschwein hat sich innerhalb eines Jahres verdreifacht. Vor allem der Personenverkehr von Ost nach West birgt ein großes Risikopotential für die Einschleppung der Seuche. Aus den betroffenen Ländern mitgebrachte Wurst- und Schinkenbrötchen oder Speisereste, geplünderte Mülltonnen, aber auch eingewanderte Wildschweine und unterschätzte Wildschweinpopulationen begünstigen die Verbreitung. Auch mangelhafte Hygiene kann eine entscheidende Rolle spielen. Das Virus der Afrikanischen Schweinepest ist sehr widerstandsfähig und überlebt im Kadaver viele Wochen. Sowohl im Kot als auch im Blut ist es lange nachweisbar. Lediglich eine Hitzebehandlung von mindestens 70 Grad Celsius inaktiviert das Virus. „Ziel muss es sein, die Einschleppung der Krankheit zu verhindern“, betonte Dr. Labohm. Dabei muss eine Reduktion der Wildschweinbestände ebenso bedacht werden, wie die Sensibilisierung von Jägern, Landwirten und Tierärzten. Vor allem die konsequente Untersuchung und frühzeitige Beseitigung von Fallwild und infektiösem Material ist erfolgversprechend und hilft die Infektionskette zu durchbrechen.

Dank an Ausschussmitglieder
Erste Erkenntnisse aus dem Umgang bei Krankheitsausbruch im Baltikum und in Tschechien zeigen, dass sich verschiedene Maßnahmen in der Hochrisikozone positiv auswirken. Jagdruhe, Schulung der Jäger zur Biosicherheit, Einzäunung, Prämien für Fallwild, Fallen statt Abschuss, Kirrverbot für das ganze Land und Ernteverbot für Getreide haben dort dazu beigetragen, dass die Krankheit auf die Kernzone begrenzt werden konnte.
In der Diskussion wurde vielfach gefordert, endlich den zu großen Wildschweinebestand zu reduzieren. Die Jägerschaft habe es in der Hand, dass diese Seuche nicht flächenhaft um sich greife. Die Landwirte seien zur Zusammenarbeit bei der Bejagung bereit. „Gerade im Hinblick auf die Ausbreitung von Seuchen muss es das Ziel aller Beteiligten sein, die Maßnahmen so konsequent wie möglich umzusetzen“, betonte der Vorsitzende Georg Groß zum Schluss.
Da dies die letzte Sitzung der Ausschüsse in der laufenden Wahlperiode war, gaben die beiden Vorsitzenden noch einen kurzen Rückblick auf die Themen, die in diesen Jahren behandelt wurden. Man habe vielfach die Interessen der Landwirtschaft vertreten können, Stellungnahmen erarbeitet und sich mit Politik und Interessenvertreter auseinandergesetzt; zum Wohle der Landwirtschaft. Sie bedankten sich bei den Mitgliedern der Ausschüsse für die Mitarbeit und die Zeit, die sie für dieses Ehrenamt aufgewendet hätten. Ein großes Lob kam auch aus den Reihen der Mitglieder der Ausschüsse. Die Vorsitzenden  und Geschäftsführer hätten immer aktuelle und wichtige Themen aufgegriffen und damit der Landwirtschaft den Rücken gestärkt.

Gertrud Werner und Karl Riedesser, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz