Netzausbau und Stoffstrommanagement

Bei der gemeinsamen Sitzung der Landwirtschaftskammer und der Bauern- und Winzerverbände im Koordinierungsausschuss Regenerative Energien wurden unter Leitung des Vorsitzenden Michael Horper die für die Landwirtschaft wichtigen Themen Netzausbau und Biomasseanbau diskutiert.

Vertreter der Firmen amprion und RWE stellten den Ausschussmitgliedern die notwendigen Planungen für den Ausbau der Leitungsnetze der nächsten Jahre dar. Dabei ergibt sich in Rheinland Pfalz nicht der gleiche dringende Erneuerungsbedarf wie z. B. in Norddeutschland In vielen Fällen ist eine Optimierung vorhandener Trassen möglich und ausreichend. Einen wesentlichen Zuwachs der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien wird es nach Darstellung von amprion bei Windenergieanlangen an Land geben, ebenso bei Photovoltaikanlagen. Nur noch geringe Ausbaupotenziale gibt es bei Biomasse bzw. Biogas. Die Energieerzeugung von Offshore-Windenergieanlagen wird auch im Jahr 2032 voraussichtlich nur bei einem Drittel der gesamten Windenergieerzeugung liegen. Problematisch aus Sicht der Netzerzeuger ist die prognostizierte Gegenüberstellung der installierten Erzeugergesamtleistung im Jahr 2022, die bei 202 GW liegen wird (davon 130 GW erneuerbare Energien), wogegen der Verbrauch rechnerisch nur bei 84 GW liegen wird. Daraus ist abzuleiten, dass es ein Überangebot an installierter Leistung geben wird. Somit besteht ein deutlicher Anpassungsbedarf zwischen zeitlichen Erzeugungs- und Verbrauchertälern und -gipfeln sowie bei der regionalen Verteilung, und es wird nach wie vor den Bedarf geben, Lücken durch thermische Kraftwerke zu schließen. Der Investitionsbedarf für den Trassenausbau wird sich auf die Optimierung bestehender Trassen und den Ausbau neuer Trassen konzentrieren. Insgesamt werden in Deutschland 2.100 km vollständig neue Trassen benötigt und rund 1.300 km Verstärkung von bestehenden Leitungen. Weitere 2.800 km werden Neubau auf bestehenden Trassenverläufen sein. Das abgeschätzte Investitionsvolumen wird insgesamt bei 20 Mrd. Euro liegen. Für Rheinland-Pfalz ergibt sich für das Höchstspannungsnetz der Fa. amprion keine Erneuerungsplanung, die Maßnahmen, die in Rheinland-Pfalz erforderlich sind, könnten alle im Bestand realisiert werden.

Die Höchstspannungsnetze von  amprion sind nur in Teilbereichen als Erdkabel zu verlegen. Erfahrungen hierzu gibt es im nördlichen Hessen und südlichen Niedersachsen sowie am nördlichen Niederrhein. Auf Grund der Wärmeentwicklung und des Flächenbedarfs ist die Verlegung in der Erde jedoch keine flächendeckende Alternative. Die benötigte Fläche für die Erdverkabelung liegt bei einer Breite von 40 m. Erdkabel zu verlegen ist ca. fünfmal so teuer wie die Verlegung von Kabeln über Mastanlagen. Vertreter des RWE skizzierten die aktuellen Planungen für den Netzausbau in Rheinland-Pfalz für die 110 kV-Leitungen. Hier sind Maßnahmen im Bereich Koblenz-Rheinböllen, für Trier-Simmern sowie Bad Kreuznach-Idar-Oberstein erforderlich. Im Wesentlichen können alle Leitungen im Bestand erneuert werden, so dass keine wesentlichen neuen Eingriffe verursacht werden.

Jörg Böhmer vom Ifas Institut in Birkenfeld referierte über die Potenziale des Biomasseanbaus und das Biomasse-Stoffstrommanagements in Rheinland-Pfalz. Ergänzt wurden seine Ausführungen von Arno Grün vom DLR in Bitburg. Nach wie vor ist der Substrateinsatz in Biogasanlagen sowohl massebezogen (70 Prozent) als auch energiebezogen (77 Prozent) geprägt von Maissilage. Getreide, Grassilage, Zuckerrüben sowie sonstige Früchte nehmen nur Anteile zwischen zwei bis höchstens neun Prozent (Grassilage) ein. Zwar gibt es eine ganze Reihe von alternativen Kulturen, trotzdem sind im Hinblick auf die betriebswirtschaftliche Bewertung für Biogasanlagen kaum Alternativen zum Silomais erkennbar. In einer Übersicht stellte Jörg Böhmer jedoch dar, dass neben der üblichen ökonomischen Marktleistung auch sonstige Synergie-Effekte erreicht werden können, die als "weiche" Faktoren unter bestimmten Umständen für eine Region auch als Vorteil angesehen werden können. Diese weichen Faktoren können aus betrieblicher und aus regionaler Sicht sein:

-        Risikominimierung im Anbau,

-        bessere N-Fixierung,

-        höherer Vorfrucht-Wert,

-        Reduzierung von Arbeitsspitzen,

-        Zufriedenheit Jagdpächter,

-        Erosionsminderung,

-        C-Sequestrierung,

-        höhere Agro-Biodiversität,

-        Leistungen für das Landschaftsbild und

-        Imageverbesserung.

Obwohl diese weichen Faktoren keinen betriebswirtschaftlichen Wert in einer Deckungsbeitragskalkulation haben, können jedoch unter Umständen alternative Kulturen unter Berücksichtigung dieser Aspekte eine gewisse Anbauwürdigkeit erhalten. Als Beispiel nannte Jörg Böhmer die Silphie, den Knöterich, Sorgum sowie Szarvasi und natürlich Miscanthus und Agrarholz. Arno Grün vom DLR Bitburg nannte ergänzend die Sandmalve, Igniskum als Knöterichgewächs sowie mehrjährige Blühmischungen aus Sonnenblumen, Malven und Kleearten. Grün ging außerdem auf das Switch-Gras ein, eine Hirse-Art aus Nordamerika. Die Landwirte, die am Anbau der Alternativkulturen Interesse haben, können sich gerne mit den Versuchsanstellern in Bitburg-Prüm in Verbindung setzen.

Die recht positive Einschätzung der Alternativkulturen durch Jörg Böhmer wurde jedoch von den Ausschussmitgliedern nicht geteilt. Natürlich, so Böhmer, müssen die betriebswirtschaftlichen Nachteile alternativer Kulturen, die jedoch einen gesellschaftlichen Nebeneffekt haben, irgendeiner Form finanziell ausgeglichen werden. Als mögliches Finanzierungsinstrument sprach Böhmer die möglichen freiwilligen Abgaben der Fluggesellschaften an, die auf freiwilliger Basis einen Klima-Cent bei der Buchung erbitten. Das Geld könnte als Zuzahlung über Stiftungen an die Landwirtschaft geleistet werden. Auch Mittel der Kompensationsgelder könnten hierfür eingesetzt werden. Jörg Böhmer beschrieb erneut, wie bereits in vergangenen Sitzungen, die mögliche kombinierte Wirkung des Anbaus von nachwachsenden Rohstoffen für Biogasanlagen und der Anerkennung als Kompensationsfläche. So kann der Anbau von Miscanthus naturschutzfachlich sowohl für Boden, Klima, Wasser und Landschaftsbild eine Aufwertung bedeutet und der Anbau von Miscanthus somit als Kompensationsmaßnahme anerkannt werden müsste. Leider zeigt sich, dass gerade in Rheinland-Pfalz die Naturschutzverwaltung nach wie vor auf diese Vorschläge nicht eingehen will. Gute erste Erfahrungen und Anerkennung der Projekte gibt es  jedoch in Hessen und im Saarland.

Arno Grün vom DLR Bitburg ging in seinen Ausführungen auch noch auf die grundsätzliche Beurteilung des Silomaises ein. Entgegen vieler Befürchtungen der "Vermaisung" der Landwirtschaft, muss jedoch für Rheinland-Pfalz festgestellt werden, dass lediglich 4,2 % der Ackerfläche für den Anbau von Biogasmais genutzt wird, wenngleich dieser Durchschnittswert nicht deutlich macht, dass es erhebliche regionale Unterschiede gibt. So gibt es 117 Biogasanlagen in Rheinland-Pfalz (14 Anlagen sind in 2011 dazu gekommen), die eine durchschnittliche Anlagengröße von 400 kW haben. Im Raum Trier stehen über die Hälfte, nämlich 65 Biogasanlagen und allein auf den Eifelkreis Bitburg-Prüm  kommen 46 Biogasanlagen. Landesweit sind nur sieben Anlagen darauf spezialisiert, Abfälle zu verwerten. Alle anderen Anlagen basieren auf den Substraten aus der Landwirtschaft.

Neben dem Silomais mit rund 14.000 ha und dem Dauergrünland von rund 5.000 ha spielen die übrigen Inputstoffe mit jeweils weniger als 2.000 ha eine untergeordnete Rolle. Die Gründe für den intensiven Einsatz von Silomais in der Biogaserzeugung ist die Ertragsstärke und damit Flächeneffizienz, die gute Gülleverwertung bei Maisanbau, die guten Vergärungseigenschaften, die Ertragssicherheit auch in Mittelgebirgslagen mit ihren geringen Standortansprüche und die vielseitige Verwertungsmöglichkeit. Schließlich kann der Mais im Zweifel auch als Corn-Cob-Mix für die Milchviehfütterung und in der Vorder- und  Südpfalz auch als Körnermais Verwendung finden.

Im Gegensatz zu landläufigen Meinungen ist der Mais keine Problemkultur, da insbesondere der Einsatz von Mineraldünger und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oft niedriger sind als im klassischen Getreidebau. Auch im Hinblick auf die Gefahr der Auswaschung von Nährstoffen ist der Mais im Vergleich zu anderen Kulturen nicht als Problemkultur anzusehen. Trotz allem besteht der Bedarf, bei den Alternativkulturen zum Mais weiter zu forschen, so dass man im Falle der weiteren Ausbreitung des Maiswurzelbohrers und der Einschränkung des Maisanbaus zumindest für Biogasanlagen auf alternative Kulturen ausweichen kann.

In der Diskussion wurde auch angesprochen, Gehölzschnitt aus landespflegerischen Maßnahmen, Reststoffe aus dem Gemüsebau oder Flächen von ökologischen Ausgleichsflächen zu verwenden. Problematisch ist hier jedoch die zum Teil komplizierte Technik bei der Verwendung von Gehölzschnitt, da die Gefahr besteht, dass die Fermenter nicht richtig arbeiten. Beim Gemüsebau ist die Schmutzbelastung problematisch und bei den ökologischen Ausgleichsflächen fehlt es an ausreichendem Potenzial. Da in allen drei alternativen Fällen keine homogene Lieferung (sowohl von Substrat als auch von der zeitlichen Abfolge) möglich ist und sich ein möglicher Krankheitsbefall in Reststoffen als problematisch bei der Vergärung auswirken kann, sind entsprechende Kulturen keine Option für die Zukunft.

Zum Abschluss der Sitzung ging Ralph Gockel noch auf die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer zur Teilfortschreibung des LEP IV (Erneuerbare Energien) ein. Nach wie vor gibt es erheblich Kritik an den Überlegungen des Landes die Verantwortung für die Umsetzung von Windenergie und Freiflächenphotovoltaik auf die Ebene der Bauleitplanung in die Hände der Kommunen zu legen.

 

Ralph Gockel, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach