Nette Weine in „spektakulär unspektakulären“ Räumen

„Warum man immer einen unserer Weine zu Hause haben sollte? Ganz klar: Ohne unseren Wein, gibt’s keinen netten Abend!“ Bei dieser Aussage denkt Winzer Christian Nett natürlich nicht nur an die Bedeutung des Adjektivs, sondern auch an seinen Nachnamen. „Nett“ prangt in großen Lettern auf den Etiketten des Weinguts Bergdolt-Reif & Nett aus dem pfälzischen Duttweiler. Christian Nett ist der „Denker und Lenker“. Er führt das Familienweingut in fünfter Generation zusammen mit seiner Frau Katja – nach eigener Aussage immer „überall und mittendrin“ – und seinem Vater Bernhard, dem „Macher mit Herz“.

Am vergangenen Freitag ist er gestartet. Der Verkauf der ersten 2018er Weine. Es ist der zweite Jahrgang, den Christian Nett und sein zehnköpfiges Team in den neuen Räumen gekeltert, ausgebaut und abgefüllt hat. In dem futuristischen Bau am Rand von Duttweiler ist alles untergebracht: Keller, Produktionshalle, Verkauf und Wohnhaus. „Bis vor zwei Jahren haben wir alles in unserem Weingut im Ort gemacht. Aber dort wurde es nach und nach zu eng. Denn unser Flaschenweinabsatz wuchs, unsere Räumlichkeiten nicht“, erzählt der 37-Jährige.
Die Idee zum Neubau, der an ein riesiges japanisches Teehaus erinnert, hat der Winzer mit dem österreichischen Architekten und Winzersohn Kurt Sattler realisiert. „Ich wollte ein Gebäude, das funktional ist, und sich von anderen abhebt.“ Das hat Christian Nett bekommen. Wer vor dem 60 mal 80 Meter großen Bau steht, macht erst mal große Augen. „Ich sage immer, eigentlich ist es spektakulär unspektakulär, nämlich einfach eine große Lagerhalle“, sagt Nett und stapelt damit ein bisschen tief.
33 Hektar Rebfläche werden im Familienweingut, dessen Namen sich übrigens aus dem Mädchennamen von Christians Mutter und dem Nachnamen seines Vaters zusammensetzt, selbst bewirtschaftet. Außerdem gibt es Verträge mit Winzern, die Trauben von weiteren fünf Hektar beisteuern. 25 Prozent des Sortenspiegels entfallen auf Rotweine, der Rest auf die

Weißen, wobei die Burgundersorten, der Sauvignon blanc und der Riesling im Mittelpunkt stehen. Daraus entstehen in der „netten Weinwelt“ Weine die verschiedenen Linien wie „Tradition“, „Avantgarde“ oder „Prestige“. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Christian Nett ist absolut auf Qualität bedacht und probiert gerne auch mal neue Trends wie Orange Wine oder den Ausbau im Steinfass aus. Rund 350.000 Flaschen werden jährlich verkauft, 85 Prozent über den Fachhandel.

„Bio fühlt sich richtig an“
Vor fast vier Jahren hat die Familie auf biologischen Anbau umgestellt. „Wir verwenden schon seit elf Jahren keinen mineralischen Dünger mehr. 2011 haben wir aufgehört, Unkraut zu spritzen. Da war es einfach folgerichtig, auf Bio zu gehen. Für uns fühlt es sich richtig an, so zu arbeiten.“ Der Erfolg gibt dem Winzer Recht. Viele seiner Produkte sind prämiert, werden in unterschiedlichen Wettbewerben wie der Landesprämierung für Wein und Sekt der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.
Ohne sein Mitarbeiterteam wäre eine solche Leistung nicht möglich, betont Nett. Einen hebt er ganz besonders hervor: Opa Heinz Bergdolt-Reif, Seniorchef und „Mann für Alles“. „Er kommt jeden Morgen und fragt, was heute ansteht. Egal, ob die Sonne scheint, oder ob es regnet, mein Opa ist immer in den Weinbergen – und das mit 83.“ Christian Nett ist froh und stolz, dass sein Großvater noch so agil und aktiv ist. Generell ist ihm Familie sehr wichtig. „Ich habe viel von meinem Opa und Vater gelernt. Sie haben die Basis für das Weingut in seiner heutigen Form gelegt. Aber sie geben mir auch die Freiheit, neue Dinge zu testen.“
Das tut er nicht nur in Sachen Weinausbau, sondern auch in der Vermarktung. Christian Nett nutzt gern und häufig die Sozialen Medien. „Es war noch nie so einfach, die Kunden an unserer Arbeit teilhaben zu lassen und ihnen zu zeigen, was genau wir tun.“ Außerdem ergebe sich hier die direkte Möglichkeit des direkten Kundenfeedbacks. „Das ist uns sehr wichtig. Wir nehmen ernst, was sie uns rückmelden. Denn wir machen unseren Wein ja für unsere Kunden und möchten, dass sie zufrieden sind“, sagt Nett.
In persönlichen Kontakt können die Kunden mit der Familie auch kommen – beispielsweise bei der Veranstaltung „Nett feat.“. Hier verköstigen bekannte Köche wie Kolja Kleeberg oder Markus Semmler die Gäste mit einem besonderen Menü, begleitet von Nett-Weinen. Am 3. und 4. Mai steht dann die „nette Jahrgangsverkostung“ auf dem Programm, samstags mit einem Konzert von „Acustic Vibration“. Weitere Informationen und Events gibt es auf der gerade komplett neu gestalteten Internetseite www.nett-weine.de.
Nun aber nochmal zurück zum Anfang. Da haben wir ja gelernt, dass man immer einen „netten Wein“ zu Hause haben sollte. Aber welcher des großen Repertoires ist denn nun der Favorit des Denkers und Lenkers? „Das ist tages- und situationsabhängig“, gibt sich Christian Nett ganz diplomatisch. „Ich bin froh, dass ich Winzer bin. So habe ich immer eine große Auswahl und kann schauen, worauf ich gerade Lust habe.“ Na dann, auf einen netten Abend!