Nachwuchsmangel in Landwirtschaft und Weinbau vorbeugen
Der negative Trend, der sich im vergangenen Jahr mit 80 Jugendlichen weniger als 2010 in Ausbildungsbetrieben und Berufsschulen andeutete, setzte sich fort. Die Kammer reagiert auf diese Entwicklung mit einer verstärkten Aufklärungs- und Beratungsoffensive, mit der die vielfältigen und für eine gute berufliche Zukunft aussichtsreichen Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für Landwirte, Winzer, Gärtner oder Hauswirtschafterinnen an Schulen und Schüler heran getragen werden. Schließlich sollen Auszubildende möglichst passgenau in bereit stehende Ausbildungsgänge und Ausbildungsbetriebe vermittelt werden.
Ausbildungsjahr | Neue Ausbildungsverträge | Auszubildende insgesamt |
---|---|---|
2007/2008 | 803 | 2.070 |
2008/2009 | 810 | 2.135 |
2009/2010 | 759 | 2.080 |
2010/2011 | 781 | 2.010 |
2011/2012 | 701 | 1.971 |
1.971 Auszubildende zählt die Landwirtschaftskammer aktuell in ihrem Zuständigkeitsbereich, 39 Auszubildende oder 2 Prozent weniger als noch vor einem Jahr. Für das laufende Jahr wurden 701 Lehrverträge neu und damit 80 Verträge oder 10 Prozent weniger abgeschlossen als im Jahr davor. Die Kammer hofft, die Zahl der Ausbildungsabbrüche niedrig halten zu können und damit ein noch stärkeres Absinken zu verhindern. Nach Ermittlungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) wird jede fünfte Berufsausbildung in Deutschland vorzeitig abgebrochen, wodurch nicht nur die in die Ausbildung bis dahin gesteckten Investitionen verloren sind, sondern sich die Chancen der Abbrecher auf dem Arbeitsmarkt massiv verschlechtern.
Mit 88 neuen Ausbildungsverträgen für den Beruf Landwirt wurde die Vorjahreszahl (115) deutlich unterschritten, mit 23,5 Prozent die stärkste Abnahme von allen Ausbildungsberufen. Noch im Vorjahr hatte es bei den Landwirten einen Zuwachs um 20 Prozent gegeben. Rückläufig sind die Zahlen bei den Winzern (179, minus 14 Prozent), während sich die Zahlen in den übrigen Ausbildungsberufen knapp behaupten konnten (Gärtner: 237, minus 1,7 Prozent; Pferdewirt: 49, plus 2 Prozent; Forstwirt: 51, minus 5,5 Prozent). 161 (23 Prozent) der Auszubildenden im ersten Lehrjahr verfügen über Abitur oder Fachhochschulreife und absolvieren daher eine auf zwei Jahre verkürzte Ausbildung. Auffällig hoch mit fast 49 Prozent ist deren Anteil bei den Winzern
Als gut angenommen bezeichnet die Kammer ihr Angebot, das sie Jugendlichen mit eingeschränktem Qualifizierungspotenzial macht. Die so genannte Werker- oder Helferausbildung, die in den vergangenen Jahren über den Bereich Gartenbau auf Land- und Pferdewirtschaft ausgeweitet wurde, ermöglicht 215 Jugendlichen, die bei den theoretischen Anforderungen der regulären Ausbildungsgänge überfordert wären, einen Berufsabschluss mit guten Beschäftigungsaussichten. Von den derzeit 526 angehenden Winzern befinden sich 106 im praktischen Teil eines dualen Studiengangs.
Kaum Änderungen gibt es an der Überzahl von etwa 4 zu 1 der männlichen (1.571) gegenüber den weiblichen (401) Auszubildenden in den Grünen Berufen insgesamt. Reine Männerdomänen sind dabei die Ausbildungsberufe Fachkraft Agrarservice und Fischwirt. Nur Frauen erlernen dagegen den Beruf Hauswirtschafterin. Ein männliches Übergewicht gibt es weiterhin bei den Garten-und Landschaftsbauern (359 : 38), bei den Forstwirten (144 : 7) sowie bei Landwirten (231 : 36) und Winzern (422 : 104). Einen kleinen Vorsprung haben weibliche Auszubildende bei den Milchwirtschaftlichen Laboranten ( 8 : 3) und einen großen traditionell bei den Pferdewirten (92 : 27).
In Fortbildungslehrgängen der Kammer zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung werden derzeit 203 Teilnehmer gezählt. 126 davon werden noch in diesem Jahr ihre Abschlussprüfung absolvieren, die übrigen 77 im nächsten Jahr.
Gerüstet zeigt sich die Landwirtschaftskammer für den aufgrund weiter dramatisch zurückgehender Schüler- und Absolventenzahlen schärfer werdenden Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsbereichen um Auszubildende. Dazu wurde das Projekt "Passgenaue Vermittlung" gestartet, wofür mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums, der EU und des Europäischen Sozialfond eigens zwei Vollzeit-Arbeitskräfte eingestellt wurden. Sie sollen bei Ausbildungsmessen und schulischen Informationsveranstaltungen, aber auch über Kommunikation in sozialen Netzwerken die Grünen Berufe bekannter machen, Vorurteile abbauen und ein realistisches Bild dessen, was von den Auszubildenden verlangt wird, zeichnen. Das Erzeugen und Verarbeiten von Nahrungsmitteln, die Pflege von Landschaft und Ökosystemen, Tierhaltung oder der Umgang mit hochkomplizierter und entsprechend teurer Technik erfordern nicht nur Kenntnisse und Fertigkeiten, sondern auch eine überaus ernste und verantwortungsvolle Einstellung zum Beruf und der täglichen Arbeit. Damit will die Kammer nicht nur mehr Interesse an einer Ausbildung in den Grünen Berufen wecken, sondern auch eine realistische Einschätzung der bestehenden Anforderungen vermitteln und damit die Abbrecherquote senken. Schließlich erfolgt über eine Analyse des Persönlichkeitsprofils des künftigen Auszubildenden sowie des Anforderungsprofils des Ausbildungsgangs und des Ausbildungsbetriebs der Vermittlungsvorgang zwischen Auszubildendem und Betrieb mit den größten Schnittmengen. Insgesamt führt die Kammer 1.060 anerkannte aktive Ausbildungsbetriebe im Land. Über ein eigens eigerichtetes Internetportal www.gruener-beruf.de können sich interessierte Jugendliche umfassend über Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten in den Grünen Berufen informieren. Mit neuem Material in gedruckter Form bietet die Kammer diese Information auch über ein traditionelles Medium. Mit dem 2011 Jahr angelaufenen Wettbewerb Ausbildungsbetrieb des Jahres wollen Kammer und Landjugendverbände auch in diesem Jahr den Betrieben Anreize zur Verbesserung von Inhalten, Methoden und Umfeld der Ausbildung geben.
Freie Lehrstellen finden sich in der Ausbildungsbörse der Landwirtschaftskammer.
Frieder Zimmermann, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz