Marktschwärmerei als neues Konzept der Direktvermarktung

Immer wieder mittwochs herrscht Trubel in der Amorella Kirschmanufaktur der Familie Mossel in Mainz-Marienborn. Denn um 17:30 Uhr geht sie los, die Marktschwärmerei – ein neues Konzept der Direktvermarktung, das es an diesem Standort in Rheinhessen seit rund einem halben Jahr gibt.

Dabei handelt es sich um einen Markt, bei dem Bauern ihre Produkte anbieten – soweit nichts Neues. Neu ist, dass die Kunden ihre Waren im Vorfeld online bestellen und bezahlen. Die teilnehmenden Betriebe stellen dann jeweils ihre Bestellungen zusammen und bringen sie mittwochs nach Mainz.
Einer von bisher rund 600 registrierten Kunden ist Alexander Hlawatsch. Der Mainzer Arzt schätzt diesen Weg einzukaufen: „Wir können bequem über das Internet bestellen und erhalten eine tolle Qualität“, schwärmt er. Außerdem sei von Vorteil, mit den Erzeugern persönlich ins Gespräch zu kommen.

Breites Angebot
Denn wer Bestellungen bekommen hat, der ist auch mittwochs vor Ort, um sie an die Kunden zu übergeben. 14 Betriebe machen bisher mit. Und so ist bereits eine große Bandbreite vorhanden. Von Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch über Brot, Mehl und Müsli, Kartoffeln, Eiern und Gemüse bis hin zu Ziegen- und Milchprodukten reicht das Angebot. Auf Alexander Hlawatschs Einkaufszettel stehen heute unter anderem ein Dinkel-Nuss-Brot von KAEGYs Kornkammer, ein Kilo Kartoffeln vom Heubergerhof, 500 Gramm Vollmilchjoghurt vom Milchhof Soonwald und zwei Hähnchenbrustfilets des Mühlenhofes. Insgesamt nimmt der Arzt 29 Produkte mit nach Hause. „Es muss ja schließlich bis zum nächsten Mal reichen“, sagt er.  

Idee in Frankreich geboren
Die Idee der Marktschwärmerei kommt aus Frankreich. 2010 machte sich eine Gruppe junger Franzosen rund um Marc-David Choukroun Gedanken, wie unter Einbeziehung des Internets und sozialer Netzwerke die Idee eines Bauernmarktes modern weiterentwickelt werden könne. „Food Assembly“, später in Marktschwärmereien umbenannt, war geboren und begann mit der ersten Verteilung im September 2011 in Toulouse. Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich die Idee rasant und das Startup-Unternehmen erhielt dafür zahlreiche Nachhaltigkeitspreise. 2013 waren es bereits 320 Standorte in Frankreich, und auch Belgien kam hinzu. Seit 2014 ist das Konzept auch in Deutschland und weiteren europäischen Ländern vertreten.

Katja Mossel war sofort begeistert, als Dr. Elisabeth Seemer, Leiterin des Referates Einkommensalternativen der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, die Idee im Vorstand der Vereinigung der Direktvermarkter Rheinland-Pfalz vorstellte. „Wir haben uns schnell entschieden, dies bei uns umzusetzen“, erinnert sich Mossel. Die Familie richtet in ihrem Betrieb die Räumlichkeiten für die Marktschwärmerei her und ist natürlich auch mit ihren Erzeugnissen rund um die Sauerkirsche aktiv dabei. „Das Konzept ist deshalb so toll, weil es verschiedene Dinge verbindet“, erklärt Dr. Seemer. „Das Bestellen im Internet, das voll im Trend liegt, der direkte Kontakt zu den Erzeugern und das Thema Nachhaltigkeit.“ Denn die teilnehmenden Betriebe bringen nur die Lebensmittel mit, die bereits gekauft wurden. So wird nichts weggeschmissen.

Weitere Interessenten in Rheinland-Pfalz
In Frankreich gibt es inzwischen mehr als 850 Marktschwärmerei-Standorte, in Deutschland derzeit 41. Die Amorella Kirschmanufaktur ist die erste von inzwischen zwei Marktschwärmereien in Rheinland-Pfalz. Und bald könnte es auch im nördlichen Rheinland-Pfalz soweit sein. Interessenten sind da, unter anderem in Plaidt im Landkreis Mayen-Koblenz.
In Mainz sind um 19 Uhr die Tische leer gefegt. Alle Kunden haben ihre Einkäufe erledigt. Zumindest für diese Woche. Alexander Hlawatsch wird auch fürs nächste Mal wieder die digitale Plattform www.marktschwaermer.de nutzen, um einzukaufen und am nächsten Mittwoch wieder in der Amorella Kirschmanufaktur vorbeischauen.