Landwirte für Tierschutz

Das Thema Tierschutz ist zurzeit in aller Munde und wird mit großem Druck an die landwirtschaftlichen Nutztierhalter aber auch an die beteiligten Fachbehörden herangetragen.

Der Vorsitzende des Ausschusses Tierische Produktion und Tiergesundheit der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz Georg Groß stellte dazu in der jüngsten Sitzung des Ausschusses fest, dass es sich dabei sehr schwierig darstellt, den unterschiedlichen Herangehensweisen – einerseits der nichtlandwirtschaftlichen Öffentlichkeit, andererseits der landwirtschaftlichen Fachpraxis – gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang könne der Tierschutzbeirat eine Mittlerfunktion einnehmen.

Der Tierschutzbeirat Rheinland-Pfalz besteht seit 20 Jahren. Er setzt sich zusammen aus Vertretern verschiedenster Berufs- und Interessengruppen und hat vor allem die Aufgabe, insbesondere die Landesregierung in Tierschutzfragen zu beraten sowie den Tierschutzgedanken in der Öffentlichkeit zu fördern. Vorsitzender des Beirates ist Dr. Helmut Stadtfeld, den der Ausschuss als Referent eingeladen hatte..

Im Rahmen der Ausschusssitzung berichtete Dr. Stadtfeld über die Arbeit des Beirates und die aktuell diskutierten Maßnahmen im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztiere. "Die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung tiergerechter Haltungssysteme und deren Anwendung durch sachkundige Personen nützen nicht nur den Tieren, sondern fördern auch die Wirtschaftlichkeit der Betriebe und die Akzeptanz ihrer Produkte beim Verbraucher. Die Diskussion rund um die Tierschutzbelange sollte von Tierhalterseite offensiver geführt und  Tierschutz auf die eigene Fahne geschrieben werden," so Dr. Stadtfeld. Auch eine eigene Tierschutzorganisation "Landwirte für Tierschutz", die Öffentlichkeitsarbeit betreibt, könne helfen.

Die aktuell diskutierten Maßnahmen des Tierschutzes wirken sich in unterschiedlicher Weise auf die landwirtschaftliche Tierhaltung in Rheinland-Pfalz aus.

 

Für die Pferdezüchter ist der Schenkelbrand eine Kennzeichnungsform mit langer Tradition, deren Fortbestand bei den Pferdehaltern unterschiedlich gesehen wird. Hans-Willy Kusserow, Geschäftsführer und Zuchtleiter des Pferdezuchtverbandes Rheinland-Pfalz-Saar, erläuterte, dass seit 2009 im Gebiet des hiesigen Pferdezuchtverbandes der Mikrochip obligatorisch eingesetzt wird. Die Erfahrungen damit sind gut, kleinere Probleme mit der Lesbarkeit der Chips werden auf technische Mängel zurückgeführt und müssen ausgemerzt werden. Ein Problem wird darin gesehen, dass der Chip manipulierbar ist und eine eindeutige Kennzeichnung nur über den Equidenpass sichergestellt werden kann. Die Diskussion in Deutschland weist ein Nord-Süd-Gefälle auf, wobei besonders die großen Pferdezuchtverbände im Norden mit ihrem Brand einen Wiedererkennungswert und damit Vermarktungsvorteil verbinden.

In der Rinderhaltung ist das Enthornen der Kälber in den Fokus genommen worden. Benedikt Rodens von der land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Hessen, Rheinland-Pfalz, Saar berichtete über die Häufigkeit und Schwere von Verletzungen in der Rinderhaltung durch Hörner, sowohl Verletzungen des Menschen als auch der Tiere untereinander. Sie belegen, dass auf das Enthornen nicht verzichtet werden kann. Wichtig erscheint hier, dass die Technik weiter entwickelt wird. Die Zucht auf Hornlosigkeit wird aktuell auch bei den Milchrassen thematisiert, kann aber derzeit in den wünschenswerten Merkmalen nicht zufrieden stellen. Hier wird ein zeitlicher Bedarf von mindestens 10, eher 15 bis 20 Jahren notwendig sein, bevor ein akzeptables Niveau erreicht wird.

Die Schweinehalter sind bei der aktuellen Diskussion mit mehreren Themen betroffen. Walter Böß, Geschäftsführer des Verbands für Schweineproduktion Rheinland-Pfalz-Saar,verdeutlichte die anstehenden Maßnahmen, die zu einem weiteren erheblichen Rückgang der Schweineproduktion in Rheinland-Pfalz führen werden. Als Alternative für die betäubungslose Ferkelkastration werden in Fachkreisen vor allem die Ebermast und die Impfung mit Improvac diskutiert. Da die Ebermast bei der Struktur der Schlachtstätten in Rheinland-Pfalz keine Rolle spielen wird, sollte vor allem die Verwendung von Improvac positiv besprochen werden.

Rainer Wulff, Geschäftsführer und Zuchleiter des Verbands der Schafhalter Rheinland-Pfalz, erläuterte in welcher Weise Schaf- und Ziegenhalter von Tierschutzmaßnahmen betroffen sind. Das Enthornen von Ziegen ist nach dem Tierschutzgesetz nicht erlaubt, Rangkämpfen in der Herde wird mit entsprechendem Platzangebot und Ausweichmöglichkeiten entgegen gearbeitet. Eine Zucht auf Hornlosigkeit ist zwar möglich, jedoch mit vermehrter Zwickenbildung verbunden.

In der Diskussion wurde deutlich, dass die Betroffenheit bei allen Tierarten gegeben ist. Für die Tierhalter hat das Wohlergehen der Tiere oberste Priorität – nur so können die gewünschten Leistungen realisiert werden. Im Umgang mit den Ansprüchen der Gesellschaft kommt es vor allem auf ein positives Miteinander an und die Bereitschaft, dem Nicht-Landwirt deutlich zu machen, dass die landwirtschaftliche Tierhaltung den geltenden Forderungen entspricht und das Wohl der Tiere von größter Wichtigkeit ist.

Aufgrund geänderter Fördergrundsätze sind ab 2014 verstärkt Gesundheitsmerkmale bei der Leistungsprüfung zu berücksichtigen. Andrea Höller, DLR Eifel stellte das hierzu vorgesehene Projekt zum Gesundheitsmonitoring für Milchkühe des Landes Rheinland-Pfalz vor.

Die konsequente Nutzung von Gesundheitsdaten für das Betriebsmanagement ist beim Ausschuss unstrittig. Viele Betriebe nutzen bereits jetzt die Informationen des Landeskontrollverbandes, die ihnen im Rahmen der MLP zur Verfügung gestellt werden oder  ihrer Herdenmanagementsysteme. Die Nutzung dieser Daten soll weiter vorangebracht werden. Ziel ist es, bundesweit erfasste Werte für eine Berücksichtigung bei der Zuchtwertschätzung zusammenzuführen.

Im Referat Tierische Erzeugung der Landwirtschaftskammer werden zurzeit Vorschläge für die Erhebung von Gebühren erarbeitet. Referatsleiterin Gertrud Werner berichtete über die aktuelle Einnahmesituation und stellte am Beispiel der Anpaarungsberatung für Milchviehhalter vor, wie eine Gebühr für die Nutzung dieses Services aussehen könnte.

Im Rahmen dieser Sitzung verabschiedete der Vorsitzende Georg Groß den ehemaligen Referatsleiter und langjährigen Geschäftsführer des Ausschusses "Tierische Produktion" Wilhelm Remmers und sprach ihm im Namen aller Ausschussmitglieder und Gäste Anerkennung für die geleistete Arbeit aus. In einem kurzen Beitrag betonte W. Remmers die Bedeutung der Zuchtverbände als unverzichtbar für eine erfolgreiche Arbeit in der Tierzucht bei der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz.

 

Gertrud Werner, Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz